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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 15
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Der praktische Graveur
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0140

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.•.. BEILAGE ZUM JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.



kleinsten Gegenstand komplett, selbst eine Küchen- oder
Standuhr fehlt nicht. Nur die Trauringe holt man noch
beim Goldschmied, aber dieser soll, wie schon gesagt,
die Gravierung möglichst auch fertig haben oder schnell-
stens fertig stellen.
Die nahe Verwandtschaft beider Berufe, des Graveurs
und des Goldschmiedes, wird fortbestehen, so lange es
noch handwerksmässige Goldschmiede gibt, so lange
überhaupt von einer Goldschmiedekunst gesprochen werden
kann. Wenngleich heute schon grosse Fabriken in Hanau, Pforz-
heim, Schwäb. Gmünd usw. existieren, desgleichen grosse Silber-
waren-, Metall- und Bijouteriefabriken, so sind die Massen-
fabrikationsorte doch gezwungen, Hand in Hand mit den Graveuren
zu arbeiten, nur mit dem Unterschiede, dass die Arbeiten eben
durchgängig Schablonen- oder fabrikmässig hergestellt werden.
Jede Arbeit wird spezialisiert; erst arbeitet beispielsweise der
Schmelzer, dann die Maschinen, Walzen, Prägepressen; hierauf
kommt die Arbeit an den Gold- und Silberschmied oder den

bedauernswerten Zuständen der Gehilfe nicht allein die
Schuld, vielmehr ist hier wiederum die allgemeine Preis-
drückerei in erster Linie verantwortlich zu machen. Denn
es ist nicht zu leugnen, dass es auch sehr tüchtige Kräfte
in den einzelnen Branchen gibt; aber in den meisten Fällen
ist man zu sehr Spezialist, nicht vielseitig genug. Da
die Artikel, auf welche die Betreffenden eingearbeitet
sind, vielfach der Mode unterliegen, so sind die Spezial-
graveure oft in die traurige Lage versetzt, ohne Arbeit zu
sein, wenn sie nicht die Kraft und Intelligenz besitzen, sich bald
wieder in eine neue Spezialität einzuarbeiten. Ein Graveur sollte
schon mit Rücksicht hierauf in seiner Lehrzeit möglichst vielseitig
ausgebildet werden. Wo dies nicht hinreichend der Fall war, da
ist es empfehlenswert, das Versäumte in den ersten Jahren der
Gehilfenzeit tunlichst nachzuholen, namentlich in guten Kunst-
werkstätten. Auch durch den Besuch einer Kunstschule, sowie
durch Anschaffung guter Kunstwerke und Bücher lässt sich die
künstlerische Seite des Graveurberufs heben. Wie oft ist es ein


Gürtler zum Löten und Montieren; zum Schleifen und Polieren
wandert der Gegenstand meist in „zarte“ Hände, bis zuletzt
vielleicht der Edelsteinfasser und Graveur ihr Möglichstes auf-
bieten, um das Objekt durch feine Kunstlinien und Effekte zu
veredeln. Die meisten Goldschmiedearbeiten erfahren erst durch
den Fässer und Graveur Nettigkeit, Glanz und apartes Aussehen,
darauf berechnet, dass die fertige Ware in den Augen der
Grossisten, Detaillisten und Käufer entzückend gefunden wird und

Wendepunkt im Leben des betreffenden jungen Mannes gewesen,
wenn er gleich' nach der Lehre in einem umsichtig geleiteten
Fabrikbetrieb oder — noch besser — zu einem tüchtigen Meister
in Stellung kommt. Würde mancher übrigens anfänglich weniger
auf hohen Lohn sehen, anstatt auf eine Gelegenheit zu mannig-
fachster Fortbildung, würde er eine Fachschule oder Fach-
kurse absolvieren, so hätte er einen Nutzen für sein ganzes
Leben, für seine fernere künstlerische und fachliche Ausbildung

dementsprechend leicht verkäuflich ist.

davon.


Wenn auch der Goldschmied nicht
immer in der Lage ist, eine Gravierung
so künstlersich auszuführen, wie sie ein
guter Berufsgraveur herstellt, so kann
es der Goldschmied doch bis zu einer
gewissen Fertigkeit auch hierin bringen.
Gelernt und geübt muss freilich erst
alles werden. Eine gute Lehre, ein
tüchtiger Lehrmeister bilden die Grund-
lage zum besseren Fortkommen für
einen fleissigen, talentvollen Menschen.
Mit Lust und Liebe kann er bald das

erreichen, was er in seinem künstlerischen Gewerbe braucht.
Der eigentliche Graveurberuf hat schon viele Wandlungen
erfahren müssen. Hat sich doch mit der Erfindung der Dampf-
maschine, der Eisenbahn und mit Einführung der Elektrizität so
manches geändert, das auf den Graveurberuf nicht ohne Einfluss
blieb. Der Graveurberuf hat sich infolge der grossen Ausdehnung

Es ist immer noch ein erfreuliches
Zeichen, dass mancher, dem die Ge-
legenheit in den früheren Jahren nicht
geboten war, oder der sie nicht benutzt
hat, dies später im gereiften Alter
noch nachholt. Beispiele dieser Art
zeigen sich sehr oft in meinem Atelier
an den von mir veranstalteten
Gravier-Kursen. Sehr oft suchen hier
ältere Goldschmiede, aber auch Gra-
veure ihre Kenntnisse zu verbessern
— und wohl meist auch mit Erfolg.
In der Jugend freilich lernt sich alles
viel leichter und je nach Begabung


auch viel schneller.
Allen Fachleuten, insbesondere den beruflichen Graveuren
soll die Graveur-Beilage des „Journals der Goldschmiedekunst“
in Bild und Wort Anhaltspunkte und Unterweisung geben, das

Möglichkeit

von Kunst- und Industrieerzeugnissen immer mehr spezialisiert.
Was aber all den einzelnen Spezialbanchen not tut, ist die Aus-
bildung in „künstlerischer“ Beziehung. In den grossen Fabrik-
anlagen, wo oft Hunderte von Graveuren beschäftigt sind, wird
in den meisten Fällen weniger auf gute künstlerische Arbeit ge-
sehen; vielmehr gilt hier oft das Wort: die Masse muss es
bringen.
Es ist keine leichte Aufgabe für eine Graveur-Fachzeitung,
den vielen Spezialbranchen des Graveurberufs das Beste zur Vor-
und Weiterbildung sowie zur Anregung eines besseren Geschmackes
zu bieten, zumal bei vielen Ge-
hilfen in den Fabrikbetrieben das
nötige Interesse fehlt. Natürlich
trägt an den vielfach herrschenden

Gelernte festzuhalten und weiter auszubauen, Neues hinzuzulernen
und sich namentlich über alle Fortschritte in der Technik der
Branche schnellstens und zuverlässig zu informieren. Speziell
soll den Gold- und Silberstich-Graveuren, wie auch dem Gold-
schmied Gelegenheit geboten werden, sich durch diese Sonderbeilage
in den angedeuteten Richtungen immer mehr zu vervollkommnen.
Heute geben wir einige Proben mustergültiger Monogramme für die
Praxis. Auch Fragen und Wünsche auf fachlichem Gebiete, nament-
lich wenn diese ein allgemeines Interesse haben, sollen hier nach
klar und verständlich erläutert und beantwortet
werden. Ganz besonders wird
uns da auch die Mitarbeiter-
schaft der Herren Kollegen will-
kommen sein. 7?. Neubert.
 
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