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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 33
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Zum Verbandtag am Neckarstrand
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0252

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e JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■

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er sich oft nicht genau entziffern, und der Laie begnügt
sich meist damit, wenn er nur die Sicherheit hat, dass der
Gegenstand gestempelt ist. Dieses Vertrauen wird aber
sehr häufig von unlauteren Elementen missbraucht. Alle
möglichen Zeichen werden auf den Plätzen eingeschlagen,
wo der Goldstempel im allgemeinen vermutet wird. Wenn
indes der Feingehaltsstempel unter Verantwortlichkeit des
Anbringers vorgeschrieben ist, so muss dem Stempel auch
weitgehend Schutz gewährt werden. Das lässt sich aber
nur dadurch erreichen, dass der Platz, wo er angebracht
werden soll, an den einzelnen Schmuckstücken näher be-
zeichnet wird, alle anderen Stempel aber an dieser Stelle
unter Strafandrohung verboten werden und womöglich das
Anbringen anderer Stempel überhaupt für unzulässig erklärt
wird. Dabei sollen die Feingehaltsstempel möglichst gross
und deutlich gehalten sein.
Auch die Zielfrage wird jedenfalls lebhafte Debatten
hervorrufen, um so mehr, da Fabrikanten wie Grossisten auf
die Regelung dieser Frage drängen. Immerhin ist hier
grösste Vorsicht geboten, denn ein unüberlegter Schritt
könnte Hunderte von Existenzen an den Abgrund bringen.
Allerdings sollte einmal seitens der Juweliere der Vor-
stoss gemacht werden, das Publikum zu einer geregelten
Zahlungsweise anzuhalten und den Barkäufen mehr Inter-
esse zuzuwenden. Durch gemeinsamen Beschluss liesse
es sich vielleicht erreichen, dass langwierige Zahler von
bestimmten Zeitpunkten ab die Forderung verzinsen müssten.
Das Pumpsystem muss auf irgend eine Art unterbunden
werden, auch schon deshalb, weil der Goldschmied jetzt
auch gezwungen werden soll, innerhalb gewisser Zeit zu
regulieren. Kapitalkräftige Juweliere können es sich ja
leisten, inner-
halb Monats-
fristzuzahlen;
kapitalschwä-
chere hinge-
gen sind hier-
zu nicht im-
stande. Aber
gerade die
Regelung der
Zielfrage
würde des-
halb den
Schwächeren
um so mehr
treffen, weil
nachihmnicht
viel gefragt
wird,während
beim Kapital-
kräftigeren
alles verkau-
fen will, jeder
ins Geschäft
kommen
möchte, und
weil hier die
Konkurrenz
der Lieferan-
ten im Ver-
trauen auf die
Bonität des


Heidelberger Goldschmiedekunst:
Grosser silbern-vergoldeter Pokal mit dem
Heidelberger Schloss auf dem Deckel.
Entworfen von Prof. K. Hoffacker, Karlsruhe;
ausgeführt vom Hofjuwelier N. Trübner, Heidelberg.

Goldschmieds
mit dem Kre-
dit Reklame
macht.
Auch noch

ein weiterer
Punkt kommt
hier in Frage:
dieLager sind
gefüllt, durch
die vielseitige
Mustervorla-
ge sogar mit
allem mög-
lichen alten
Kram gefüllt,
in dem der
Goldschmied
bereits sein
Kapital
stecken hat.
Neues soll er
immer hinzu-
kaufen und
rechtzeitig
zahlen; das
Alte liegt da,
beim Ein-
schmelzen
kommt nichts
heraus, ver-
ramschen soll
er es nicht.
— Wie wäre
es hier nun,


Heidelberger Goldschmiedekunst:
Silber-vergoldeter Pokal.
Nach Entwurf von Prof. Götze, Karlsruhe;
hergestellt von Hofjuwelier N. Trübner, Heidelberg.

wenn ein so-
genanntes
Rückkaufs-
geschäft ent-
stünde, wie
es einige Pariser Fabrikgeschäfte mit sehr guten Re-
sultaten eingeführt haben? Dabei würde der Goldschmied
seine Ladenhüter los, ein Teil seines toten Kapitals würde
zu neuem Einkauf frei werden, und der Fabrikant hätte
eher Aussicht auf Bestellung, ohne dass das Gewerbe
durch Ramschverkäufe, Auktionen usw. beunruhigt würde.
Soweit die wichtigsten Punkte aus der Tagesordnung
zum Verbandstag in kurzer Charakterisierung. Zwei Haupt-
punkte vermissen wir indessen dabei: nämlich eine Be-
sprechung über ein einzureichendes Platinfeingehaltsgesetz
und eine endgültige Regelung der Reparaturenfrage.
Der Unfug, der in letzter Zeit mit dem Edelmetall
„Platin“ getrieben wird, die Masse von Surrogaten, die
bereits im Handel untergeschoben werden, zeigen, dass, wenn
Deutschland selbst kein platingewinnendes Reich ist, es
doch den Handel mit Platinschmuck schützen muss.
Das Reparaturengeschäft verlangt ebenso dringlich
einmal einen Verbandstagsbeschluss, auf Grund dessen
jeder Goldschmied in seinem Laden ein Schild aufhängen
kann: dass innerhalb 3 Monaten jede Reparatur abzu-
holen ist, dass bei Überbringung von Waren auf Wunsch
des Bestellers in das Haus desselben keine Haftung
übernommen wird, und dass Reparaturen nur gegen bar
abgegeben werden. Ist ein solcher Beschluss einmal ge-
fasst und wird im eigensten Interesse seine gleichmässige
Durchführung von allen Ladengoldschmieden verwirklicht,
dann ist das Publikum bald daran gewöhnt und wird
sich ohne Widerstand hineinfinden; unseren Reparaturen-
geschäften aber ist ein wesentlicher Dienst geleistet.
Wir hoffen, dass der Verbandstag in allen diesen teil-
weise recht schwierigen Materien den richtigen Weg
finden wird im Interesse seiner Mitglieder, zum Wohle
aller deutschen Goldschmiede.
 
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