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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 33
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Wenzel Jamnitzer, Deutschlands grösster Goldschmied und seine Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0260

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226 — - —”H JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST M 33


(auf Holz gemalte) Bildnis, das aus dem
Nürnberger Rathause vom General Jourdan
1796 fortgeschleppt wurde und seitdem
verschollen ist. In den Katalogen des
Louvre, der so viele in Deutschland und
Italien geraubte Kunstwerke enthielt, ist
es niemals vermerkt worden.
Unsere letzte Abbildung auf S. 228 zeigt
das Epitaph auf Wenzel Jamnitzers Grabe,
das sich auf dem Sankt Johannisfriedhof
in Nürnberg befindet. Die von älteren
Kunstschriftstellern geäusserte Vermutung,
als habe der Meister selbst dieses Epitaph
ausgeführt oder wenigstens entworfen —
es handelt sich um eine 0,44 m lange und
0,22 m hohe bronzene Reliefplatte, vor-
trefflich gegossen und sorgfältig ziseliert —
lässt sich nach Bergaus Untersuchungen
nicht mehr aufrecht erhalten.
Höchstwahrscheinlich hat Wenzel
Jamnitzers jüngerer Mitarbeiter
Jost Amman (1560—1591 in
Nürnberg) das Epitaph entworfen.
Es ist dann von einem der vielen
trefflichen Rotgiesser Nürnbergs
ausgeführt worden. Das Epitaph
zeigt Wenzel Jamnitzers Porträt
und Wappen je im Oval mit
Namensumschrift bezw. dem Bibel-
spruch: „Christus ist mein Leben.
Sterben ist mein Gewinn“. Das
Bildnis Jamnitzers ist (ebenfalls
nach Bergau) eine vergrösserte
Kopie nach Valentin Malers schöner
Medaille vom Jahre 1584. Zwischen

dem Haupte eine Vase mit den herrlichsten
Blumen und Kräutern trägt. Daraus steigt
eine weitausladende Schale, von Genien
unterstützt und mit Eidechsen, Schlangen
und Blumenwerk verziert, empor, und aus
dieser wieder eine reich emaillierte Vase
mit Lilien, Glockenblumen usw. Fünf
Täfelchen mit lateinischen Inschriften
schmücken weiter das herrliche Werk.
Die Abbildungen auf S. 224 zeigen
zwei Pokale und eine Doppelschnecken-
kanne, ebenfalls Jamnitzer-Arbeit und die
Illustrationen auf S. 223 eine Daphne aus
Silber, deren Kopf und Arme in rote Ko-
rallen auslaufen. Letzteres war eine noch
lange nach dem 16. Jahrhundert beliebte
Spielerei.
Auch die Statuette auf S. 228, einen
Bergmann darstellend, rührt von
Wenzel Jamnitzer her und höchst-
wahrscheinlich auch das Astrola-
bium auf S. 227, wie der Calvarien-
berg, (vergl. nebenst. Abb.), der sich
im Grünen Gewölbe zu Dresden
befindet. Wenzel Jamnitzer war
eben nicht nur ein höchst ge-
schickter Goldschmied und Juwe-
lier, sondern auch ein findiger
Mechaniker und Mathematiker.
Als solchen zeigt ihn uns auch
die untenstehende Abbildung, wie
er an einem von ihm verbesserten
perspektivischen Apparat arbeitet.
Aehnlichen Charakter trägt die
ebenfalls zeitgenössische Darstel-

|l MS

lung auf S. 221. Auch sonst
werden dem Meister noch man-
cherlei Pokale, „Wasserkünste“
oder „Brunnen“, und sonstige
Kunstwerke zugeschrieben.

Calvarienberg mit orientalischen Monstreperlen,
hohem Kruzifix und getriebenen Darstellungen aus
der Leidensgeschichte Christi am Postament.
Höchstwahrscheinlich von Wenzel Jamnitzer. (Grünes Gewölbe
in Dresden.) — Verl. Paul Bette, Berlin.

beiden Medaillons auf dem Epi-
taph befindet sich eine weibliche
Figur, die unverkennbar grosse
Aehnlichkeit mit der auf dem oben
beschriebenen grossen Tafelaufsatz

Hauptaufgabe der Forschung

hat. Zu beiden Seiten der sehr

muss nun die
einwandfreie
Feststellung
all dieser an-
geblichen Ar-
beiten Jam-
nitzers sein,
wie sie in den
Sammlungen
inWien,Prag,
vielleicht
auch noch in
Berlin und
Dresden vor-
handen sind.
Dann gilt es,
jenes Gemäl-
de wieder auf-
zufinden, auf
dem Georg
Pencz, Al-
brecht Dürers
trefflichster
Schüler, Mei-
ster Jamnitzer
dargestellt
hat — jenes


Wenzel Jamnitzer vor der von ihm konstruierten perspektivischen Maschine,
(einer Verbesserung des von Albrecht Dürer ersonnenen Apparates). Nach einer zeitgenössischen Abbildung.
(16. Jahrhundert.) — Verlag Paul Bette, Berlin.

barocken, ka-
pitälähnlichen
Basis befin-
den sich Ei-
dechsen; an
den vier
Ecken allego-
rische Figuren
(Luft, Feuer,
Wasser und
Erde mit geo-
metrischen
und mytholo-
gischen Em-
blemen dar-
stellend). Das
Epitaph befin-
det sich an
der Rückseite
eines Stein-
kissens am
Grabe
Nr. 664, wo
Jamnitzer
neben seiner
Gattin ruht.
Dr. O. D.
 
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