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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 33
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0269

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DIE
GOLD- UND SILBERWAREN-INDUSTRIE

■ ■
11

Beilage des „Journal der Goldschmiedekunst

In dieser Beilage werden nur industrielle Angelegenheiten behandelt.


Alte Zuschriften sind zu richten an die Redaktion des „Journal der Goldschmiedekunst" in Leipzig, Reichsstrasse Nr. 18—20.

Nr. 12.

LEIPZIG, den 8. August 1908.

2. Jahrg.

Nochmals die französische wirtschaftliche
Annäherung.
Eine weitere, überaus charakteristische Illustrierung der eigent-
lichen Bedeutung des französischen Annäherungsbestrebens an
Deutschland, wie sie in Nr. 11 dieser Industriebeilage kritisch be-
leuchtet wurde, bildet eine Auslassung der „Expansion Commer-
ciale“. Es ist besonders bemerkenswert, dass der betreffende
Artikel aus jenem Handelsblatt seinen Weg auch in die französische
Fachpresse, u. a. in die „Revue internationale de l’Horlogerie et
des branches annexes“ gefunden hat, also offenbar deren Zu-
stimmung besitzt.
Dort heisst es u. a., die französischen Produkte — Kunstgegen-
stände, ja selbst Victualien — würden in Deutschland mit ganz
verschwindenden Ausnahmen nicht direkt durch französische De-
tailisten dem Publikum angeboten, sondern nur durch Vermitt-
lung deutscher Firmen. Und diese verdienten ungeheuer viel
Geld daran. So habe Schreiber jenes Artikels in Stuttgart ein
französisches Opernglas für lOOFrancs (= 80 Mk.) gekauft, während
dasselbe Stück des gleichen Ursprungs in Paris nur 38 Francs
koste. Das sei deutscherseits ein Aufschlag von 150%! Ein
Camembert-Käse koste in Süddeutschland 1,20 Mk. (= 1,50 Francs)
derselbe in nämlicher Beschaffenheit in Paris nur 70 Centimes —
also ein Abstand von 100%! Mindestens ebenso gross seien die
Aufschläge auf französische Kunstwaren in Deutschland, obwohl
diese allerdings wohl ausnahmslos (? Die Red.) den deutschen
Fabrikanten an Eleganz und innerem Wert weit überlegen seien.
Es wird dann in dem französischen Blatte ganz im Sinne der
Auslassungen, wie sie die Handelskammer von Puy getan, der
Rat zu einer intensiveren Bearbeitung des deutschen Marktes erteilt.
Und zwar geschähe dies am besten und zweckmässigsten durch
Errichtung möglichst zahlreicher Filialen, durch Aufmachung fran-
zösischer Läden mit bescheidenen Preisen in deutschen Städten.
Daneben wird allerdings auch das eingehende Studium der
deutschen Sprache empfohlen, sowie Berücksichtigung von Spe-
zialwünschen deutscher Abnehmer hinsichtlich der Form der Waren,
der Verpackung etc.
In der Hauptsache also ganz dasselbe, was das „Comite Com-
mercial Franco-Allemand“ in Paris und was die genannte Handels-
kammer erstreben und wozu auch solche merkwürdige Besuche
französischer Industrieller in Deutschland gehören, wie der jüngst
stattgehabte.
In der französischen Tages- und Fachpresse werden jetzt die
günstigsten Berichte über die Aufnahme dieses letzten Besuchs
veröffentlicht. Nun — l’appetit vient en mangeant. — Wer bürgt
uns dafür, dass nicht in diesem oder im nächsten Jahre weitere
französische Interessentengruppen sich ihre deutsche Konkurrenz
so recht bequem mit eigenen Augen aus nächster Nähe anschauen
wollen?
Für das deutsche Edelmetallgewerbe, speziell für die deutsche
Bijouteriebranche kommt Frankreich vielleicht weniger als direkter

Abnehmer, aber als Konkurrent auf dem internationalen Markte,
nach Nord- und Südamerika etc., ganz wesentlich in Betracht.
Und da wird man sich hoffentlich hüten, den Herren Franzosen,
die sehr höfliche, aber auch sehr schlaue Leute sind, Tür und
Tor der deutschen Fabriken zu öffnen. Dem Schreiber dieser
Zeilen sagte der Besitzer eines jener deutschen Etablissements,
die jüngst in der graphischen Branche den Besuch der Franzosen
aufnahmen, auf seine Warnung: „Pah, was die Herren nicht
sehen sollen, das bekommen sie eben nicht zu Gesicht“. — Eine
sehr optimistische Auffassung! Ein Konkurrent, ein Fabrikant
einer Branche, die in Frankreich ebenfalls hochentwickelt ist,
sieht trotz aller Vorsicht des von ihm Besuchten doch manches,
ja vieles, was er eben nicht sehen soll; eine Kleinigkeit, ein Ver-
gleich, irgend eine scheinbar nebensächliche Funktion des Betriebes
genügen ihm meist zu sehr wertvollen Einblicken und Schlüssen.
Sei man darum recht vorsichtig auch in der Edelmetallbranche
all solch’ Annäherungsbestrebungen gegenüber. Auf dem inter-
nationalen Markte gibt es eben nur sehr selten wirkliche Freund-
schaften, und wenn da ein Konkurrent plötzlich „sein Herz ent-
deckt“, ist es schon besser, man hält ihn sich — drei Schritt
vom Leibe. Dr. D.

Das italienische Geschäft.
Wie uns ein Spezialbericht unseres Korrespondenten aus Florenz
berichtet, ist die Geschäftslage in Italien eine allgemein stille.
Geschäftsinhaber wie Angestellte benutzen diese Gelegenheit zu
ihren Ferien. Leider haben hier Einbrüche und Diebstähle derart
zugenommen, dass man schon genügend Personal zur Über-
wachung der Geschäftsräume zurücklassen muss. — Türkise sind
sehr begehrt, jedoch scheinen die Preise ziemlich gedrückt, da
die fünf in Betracht kommenden Händler in Florenz zusammen-
stiessen und sich selbst eine scharfe Konkurrenz schafften. Viele
Juweliere haben auch zur Realisierung ihres Geschäftsbetriebes
Lokale in Seestädten errichtet; es bleibt jedoch abzuwarten, ob
die Massnahme von grossem Erfolg begleitet ist. L’It
Winke für den Export nach Rumänien.
Das „Wiener Handelsblatt“ enthält nachstehende, auch für den
Goldwarenexport Deutschlands nach jenem Gebiet beachtens-
werte Winke:
Was die Zahlungsbedingungen anbetrifft, richtet man sich am
besten nach der Platz-Usance. Den Exporteuren ist besonders zu
empfehlen, die Reklame durch Einsendung von Musterkollektionen,
Preis- und Warenkatalogen, Anschlagzetteln und Inseraten, Adress-
büchern usw. mehr als bisher zu pflegen. Der Fabrikant oder
Reisende spreche behufs Einholung der nötigen Informationen bei
jedem Besuche beim Konsulate vor. Um möglichst vor Schaden
bewahrt zu bleiben, muss auf die Wahl der Kunden und Agenten
grösste Sorgfalt verwendet werden und eine häufigere Einholung
von Informationen beim Konsulate platzgreifen. Differenzen und
Schikanen, Preisabzug und Zahlungsverschiebung, Refüsierung von
 
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