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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 39
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0312

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--- JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST

JVs 39

276 ~
neue Waren, die bei Kollegen gekauft sind, Taxen abzugeben.
Eine weitere Diskussion wird nicht gewünscht.
Herr Stein referiert über ein praktisches Kassenbuch, das vom
„Journal der Goldschmiedekunst“ herausgegeben ist. Redner
empfiehlt das Buch, weil es über Gewinn und Verlust der Fach-
genossen Auskunft gibt durch Einrichtung verschiedener Kolonnen.
Das Buch wird herumgegeben.
Da sich niemand zum Wort meldet, referiert Herr Becker über
Punkt 14 der Tagesordnung. Herr Becker stellt richtig, dass es
sich eigentlich um den Bruttogewinn handelt. Angeregt ist dieser
Punkt der Tagesordnung durch eine Umfrage der Regierung.
Durch einen Berliner Sachverständigen waren 30—40% als Brutto-
gewinn angegeben, was entschieden zu hoch ist, da die vielen
Artikel wie Trauringe, Bestecke etc. fast keinen Nutzen bringen,
so dass im Durchschnitt unmöglich dieser hohe Satz herauskommen
kann. Der Verein Rheinland und Westfalen hat den Bruttogewinn
auf 20, höchstens 25% der Behörde gegenüber angegeben. Der
Referent bittet, sich darüber zu äussern, damit die Behörde auf
diese Verhandlungen hingewiesen werden kann, wenn Anfragen
für die Sfeuereinschätzung gestellt werden.
Herr Fischer schildert, wie durch exakte Buchführung, aus der
der Nachweis eines bestimmten Gewinnes geführt werden konnte,
ein verunglückter Uhrmacher von der Versicherungsgesellschaft
ausreichend entschädigt worden ist.
Herr Fischer schildert, wie er mit dem Vorsitz der Ein-
schätzungskommission auf 19% Bruttogewinn gekommen ist.
Herr Pickelein stellt fest, dass in der Einschätzungskommission,
bei der er tätig ist, 25% als Bruttogewinn festgesetzt ist. Der
Mangel einer Buchführung verhindert jeden festen Anhalt. Er
hält es für wichtig, dass in die Steuerkommission auch Kollegen
gewählt werden.
Der Vorsitzende weist darauf hin, wie wichtig bei einem
Geschäftsverkauf die Führung von Büchern ist. Wer kauft, ohne
Bücher eingesehen zu haben, handelt unvorsichtig.
Herr Becker stellt weiter fest, dass der Reingewinn sich auf
12% stellen dürfte und schlägt eine Resolution vor, die diese
Zahlen festlegt.
Herr Menzel äussert sich dahin, dass bei den Nachweisen des
Reingewinnes so viel auf nachteilige Einflüsse von aussen hin-
gewiesen wird, während meistens der Fehler in der eigenen
Mangelhaftigkeit zu suchen ist. Sorgsame Buchführung wirkt
auch auf den Kunden wohltuend und vertrauenerweckend. Un-
moderne Ware, schmutzige Kartons sind die Ursachen des Rück-
ganges, ausserdem ist bei Versicherungen ja schon die Buch-
führung nötig. Er rät zu nüchterner korrekter Geschäftsführung,
Zahlen beweisen, und er bittet, ihm die offene Aussprache nicht
übel zu nehmen, aber der Verband ist zur Erziehung der Mit-
glieder zu modernen Menschen da.
Herr Schlund hält den Reingewinn von 10% für das höchste, was
angesichts der hohen Edelstein- und Perlenpreise zu erzielen ist.
Dem hält Herr Fischer entgegen, dass es sich hier um die
kleinen Juweliere, nicht um die grossen handelt; diese müssen
sich selbst einschätzen.
Die Diskussion wird geschlossen.
Es wird folgende Resolution beschlossen:
„Der 8. Verbandstag Deutscher Juweliere, Gold- und Silber-
schmiede stellt fest, dass der Bruttogewinn eines Juwelierge-
schäftes auf 20—25%, der Nettogewinn auf 10—12% angenommen
werden kann“.
Herr Becker verliest darauf in Erledigung und als Fortsetzung
des Punktes 9 der Tagesordnung einen von Herrn Loewenthal
eingesandten Artikel der Londoner Börsenhalle, der an Ueber-
treibung bezüglich der synthetischen Edelsteine das Menschen-
mögliche leistet.
Herr Heiden setzt auseinander, dass nach den in allen Zei-
tungen auftauchenden Artikeln nur gegen die Edelstein-Gesell-
schaft vorgegangen werden kann.
Herr Becker verliest die von ihm mit Herrn Heiden und Loewen-
thal verfasste Resolution:
„Der 8. Verbandstag des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold-
und Silberschmiede hat mit grosser Entrüstung Kenntnis genommen
von der marktschreierischen Reklame der Deutschen Edelstein-
Gesellschaft m. b. H., die es für nötig hält, das grosse Publikum
mit Misstrauen gegen echte Edelsteine durch masslos übertriebene
und direkt falsche Behauptungen zu erfüllen, lediglich um ihren.
Erzeugnissen einen Markt zu verschaffen. Der Verbandstag be-
dauert, dass es der Deutschen Edelstein-Gesellschaft gelungen
ist, durch anscheinend rein wissenschaftliche Artikel, die in ge-
schickter Weise in den Feuilletonteil vieler deutscher und aus-
ländischer Zeitungen gebracht wurden, ihre Zwecke und Ziele
zu fördern.
Ganz abgesehen davon, dass es „Deutsche“ Edelsteine nicht
gibt und wir daher auch der Gesellschaft die Berechtigung ab-
sprechen müssen, sich unter der Bezeichnung „Deutsche Edel-
stein-Gesellschaft“ in das Handelsregister eintragen zu lassen, er-
scheint es aufs tiefste bedauerlich, dass wieder einmal das Wort
„Deutsch“ mit einem Erzeugnis in Verbindung gebracht wird,
welches geeignet ist, das Ansehen deutscher Ware im Auslande
herabzumindern.
Die Berufung der Deutschen Edelstein-Gesellschaft in den

Artikeln und Broschüren auf die Autorität des Herrn Geheimen
Regierungsrats Dr. A. Miethe, Professor an der Kgl. techn. Hoch-
schule zu Berlin-Charlottenburg, berührt besonders eigentümlich,
da dieser Herr im Handelsregister als einer der Gesellschafter
der Deutschen Edelstein-Gesellschaft in Idar-Hamburg eingetragen
und somit durchaus als Interessent zu betrachten ist.
Der Verbandstag muss auch energisch die Behauptung zurück-
weisen, dass die Erzeugnisse der Deutschen Edelstein-Gesell-
schaft — die sogenannten synthetischen Edelsteine — den natür-
lichen echten Edelsteinen vollkommen gleichkommen, denn diese
Erzeugnisse sind nicht einmal besser als die seit langen Jahren
bekannten, von anderer Seite hergestellten nachgebildeten oder
rekonstituierten Edelsteine, die es keineswegs vermocht haben,
die Preise der echten Edelsteine zu beeinflussen.
Das ganze Verfahren der Deutschen Edelstein-Gesellschaft,
welches das Edelsteine kaufende Publikum in hohem Masse
beunruhigt Und zu gleicher Zeit die Interessen aller Angehörigen
der Juwelenbranche auf das schwerste schädigt, bezeichnet der
Verbandstag als frivol und durchaus nicht deutschen kauf-
männischen Gepflogenheiten entsprechend“.
Die Resolution wird einstimmig angenommen.
F? Nach einer Frühstückspause werden die Beratungen um 12 Uhr
15 Minuten fortgesetzt.
Herr Fischer referiert über Punkt 16, und zwar über den
Prozess gegen Muckelberg-Fürstenwalde, der sich Uhrmacher
und Goldschmiedemeister nannte. Wir sind in allen Instanzen
bis zum Kammergericht abgewiesen. Referent verliest aus den
umfangreichen Akten einige Zeugenaussagen und verweist noch
auf die Angaben im Geschäftsbericht. Zu bemängeln sei, dass
man dem Vorstand die Beschaffung der Unterlagen fast ganz über-
lasse. Die Beweislast habe der Kläger zu erbringen. Referent
gibt Anleitungen darüber, wie man sich bei einer Strafanzeige zu
verhalten habe. Herr Menzel wurde als Mitglied der klagenden
Partei als Sachverständiger abgelehnt.
In Jena haben wir einen ähnlichen Prozess gewonnen; doch
konnte dieser Uhrmacher sich nicht auf den § 129 der Gewerbe-
ordnung stützen.
Herr Menzel weist auf die Verhältnisse in der Grossstadt hin, wo
auf den Titel, den sich jemand zulegt, wenig Wert gelegt wird.
In Pritzwalk ist der vom Verband verklagte Uhrmacher eben-
falls in zwei Instanzen freigesprochen. Redner ist dafür, dass
man in Ruhe die Uebergangszeiten vorübergehen lässt, bis die
neue Generation unter dem Schutze des jetzigen Handwerker-
gesetzes (Lehrlingsprüfung etc.) herangewachsen ist, dann werden
diese Zustände von selbst verschwinden und kann gegen die-
jenigen, welche sich nicht auf den § 129 der Gewerbeordnung
stützen können, vorgegangen werden.
Herr Müller berichtet über Punkt 17 und führt aus, dass eine
Stempelung mit gewissen Umrandungen eine Gesetzesänderung
bedingt, die nicht anzustreben sei. Er befürwortet, eine deut-
lichere Stempelung der Gold- und Silberwaren anzustreben, ohne,
wie die Engländer, den Gegenstand zu verunzieren.
gj Herr Schleher befürwortet eine deutlichere Stempelung ebenfalls.
f Herr Käst nimmt die Fabrikanten dagegen in Schutz, dass
absichtlich eine Verschleierung stattfinden soll.
Herr Becker schlägt vor, dass das Stempelzeichen in Silber-
waren ohne die Ordnungsnummer, welche am Boden angebracht
werden soll, an sichtbarer Stelle angebracht werden möchte.
Herr Schleher hält diesen Einwand für gerechtfertigt.
Herr Heiden bittet, die Stempel selbst in mehr künstlerischer
Weise auszuführen, die englischen Stempel selbst seien viel ein-
drucksvoller und wirken dekorativer, während unser Halbmond
flach und kümmerlich wirkt.
Es wird folgender Beschluss gefasst:
F„Die Erzeuger von Gold- und Silberwaren werden ersucht,
für möglichst deutliche Stempelung unbedingt Sorge zu tragen,
bei Silberwaren soll die Angabe der Musternummer getrennt vom
Feingehaltsstempel, doch unter Wiederholung der Feingehalts-
angabe, stattfinden4.
Infolge des freundlichen brieflichen Angebots des Herrn Betz
wird Hannover als Ort für den Verbandstag 1909 vorgeschlagen
und gewählt.
* Herr Sc/zaft-Hanau dankt dem Vorstand und Ausschuss, ebenso
Herrn Loewenthal für die Mühe und Arbeit und hofft auf ein ge-
sundes Wiedersehen in Hannover.
Herr Fischer stellt fest, dass der Verbandstag Heidelberg
bezüglich der ernsten Verhandlungen und der Veranstaltungen
von Festlichkeiten und Vergnügungen den Besten an die Seite
zu stellen ist.
Den Herren Trübner und Kesselbach dankt er besonders
für Mühewaltung und die mancherlei Opfer, die sie dem ver-
gnüglichen Teil gebracht haben.
Um 1 Uhr 15 Minuten wird der Verbandstag geschlossen.
Heidelberg, den 11. August 1908.
gez. Fischer. gez. Oskar Müller, 1. Schriftführer.
gez. Rudolf Menzel. gez. Th. Heiden.
gez. A. Schmidt, Schatzmeister, gez. Max Kirsch, gez. W. Stein.
gez. Ludwig Schmieth. gez. Fritz Range.
gez. Georg Schlund. gez. Erich Stumpf.
 
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