Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend
— N.F. 5.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0091
DOI Heft:
Heft 4 (April 1925)
DOI Artikel:Natorp, Fritz: Das seelische Moment im Zeichenunterricht
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Abb. 1
Paplerlchnltt. Phantaste
Vberrealschule Söppings» (Stiidieiirat Gmellchl
gen anderer, wie L. v. Kunowskis und Lhr. Natters,
die in Lieses Gebiet hineinschlagen, tzabe ich ver-
sucht, mir die Methode meineä eigenen Zeichen-
unterrichtes, die sich mir in der Praxis von selbst ge-
ialtete, auch cheorstisch zurechtzulegen. Wie bsi al-
en derartigen Nersuchen darf auch hier nicht der
Änspruch auf Nollständigkeit oder Allgemeingaltig-
keit erhoben werden. Auch darf die äutzere Linlei-
lung und Gllederung nicht zu der Meinung ver»
sühren, datz d-amik etwa eln stufenmätziger Ausbau
gegeben würde, sondern dis getundenen Prinzipien
wirken alle zulammen, gleichzeitig für den kleinsten
Anfänger wie sür den Primaner, wenn auch je nach
Altersstufe und individueller BegabuM das eine
mehr, das andere weniger beim einzelnen Schüler
bervortritk. 3n der zeichnerischen Ausdrucksfähigkeit
lassen sich zwei Stusen voneinander unterscheiden:
1. Die Zeit des freien, hemmungslosen, von kelner
Selbstkritik beschwerten Destaltens des Kindes, wo-
bei es gleichgültig ist, ob es flch um freies Gestal-
ten von Formen und Farben, um „ungegenständ-
liche Malerei", oder um beabsichtlgkes Deutlich-
machen bestimmter Gegenstände oder Norgänge han-
delt; 2. die durch weitere Entwicklung des „Geiskes"
bMmmte Periode der wachsenden Selbstkrlllk, des
ordnenden, msssenden und bewuszt üarslellenden
Arbeitens. Auf der ersten Stuse herrscht noch das
Seelische vor, auf dec zweiten das Geistige. Die
Aufgabe war nun, zunächst — was in der Praxis
des Zeichenunterrichts leider nicht immer so selbst-
verständlich Ist, wie es wünlchenswert wäre — dem
Seelischen auf der ersten Skufe auch voli sein Recht
zu lassen, dann aber, und das ist der schwerere Teil,
es auf der zweiten Skufe nicht verschwinden zu
lassen, so daß der heranwachsende Mensch am Ab»
schluß des künstlerischen Änterrichts sich fähig fühlk
zu harmonischem Schaffen aus Ssele und Äeist
heraus.
Es ergaben sich bei der Systematisierung des von
mir beschrittenen Weges vier Prinzipien, die sich —,
der Nakur der Sache nach, da es sich hier um Llrbeik
des Geistes handelt — z. T. mehr auf äußere tech-
nische Dinge erstrecken, doch wollen sie alle mit
einem unausgesprochenen und unaussprechbaren see-
Abb. 1
Paplerlchnltt. Phantaste
Vberrealschule Söppings» (Stiidieiirat Gmellchl
gen anderer, wie L. v. Kunowskis und Lhr. Natters,
die in Lieses Gebiet hineinschlagen, tzabe ich ver-
sucht, mir die Methode meineä eigenen Zeichen-
unterrichtes, die sich mir in der Praxis von selbst ge-
ialtete, auch cheorstisch zurechtzulegen. Wie bsi al-
en derartigen Nersuchen darf auch hier nicht der
Änspruch auf Nollständigkeit oder Allgemeingaltig-
keit erhoben werden. Auch darf die äutzere Linlei-
lung und Gllederung nicht zu der Meinung ver»
sühren, datz d-amik etwa eln stufenmätziger Ausbau
gegeben würde, sondern dis getundenen Prinzipien
wirken alle zulammen, gleichzeitig für den kleinsten
Anfänger wie sür den Primaner, wenn auch je nach
Altersstufe und individueller BegabuM das eine
mehr, das andere weniger beim einzelnen Schüler
bervortritk. 3n der zeichnerischen Ausdrucksfähigkeit
lassen sich zwei Stusen voneinander unterscheiden:
1. Die Zeit des freien, hemmungslosen, von kelner
Selbstkritik beschwerten Destaltens des Kindes, wo-
bei es gleichgültig ist, ob es flch um freies Gestal-
ten von Formen und Farben, um „ungegenständ-
liche Malerei", oder um beabsichtlgkes Deutlich-
machen bestimmter Gegenstände oder Norgänge han-
delt; 2. die durch weitere Entwicklung des „Geiskes"
bMmmte Periode der wachsenden Selbstkrlllk, des
ordnenden, msssenden und bewuszt üarslellenden
Arbeitens. Auf der ersten Stuse herrscht noch das
Seelische vor, auf dec zweiten das Geistige. Die
Aufgabe war nun, zunächst — was in der Praxis
des Zeichenunterrichts leider nicht immer so selbst-
verständlich Ist, wie es wünlchenswert wäre — dem
Seelischen auf der ersten Skufe auch voli sein Recht
zu lassen, dann aber, und das ist der schwerere Teil,
es auf der zweiten Skufe nicht verschwinden zu
lassen, so daß der heranwachsende Mensch am Ab»
schluß des künstlerischen Änterrichts sich fähig fühlk
zu harmonischem Schaffen aus Ssele und Äeist
heraus.
Es ergaben sich bei der Systematisierung des von
mir beschrittenen Weges vier Prinzipien, die sich —,
der Nakur der Sache nach, da es sich hier um Llrbeik
des Geistes handelt — z. T. mehr auf äußere tech-
nische Dinge erstrecken, doch wollen sie alle mit
einem unausgesprochenen und unaussprechbaren see-