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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 6 (Juni 1925)
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Ullrich, Karl: Der sogenannte Zeichenunterricht in der allgemein bildenden Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0152

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M»oNch»M obcrrealschulc lüörlltz

(>u Nulur) (Zeichenl. A. Hinipt)

machsen. Der Klinsller, der einseitige, geniale, der
dieses (Legengewicht nicht hak, bedeutet ftir die Schule
ebenso eine Gefahr, wie sie sür ihn, Die Schule darf
nicht eine VersorgungSanstalt fiir verlirachte Existen-
zen oder ei» Sprungbrett siir höhere Aegione» wer-
den. Dartiber braucht heute, nach dec neuen Prü-
fungsordnung, nichts inehr gesagt zu werde».

Die Frage nach dein, was wir wollen, beanlworlen
die amtlichen Lehrpläne und die vielen Versuche der
lehten Dahrzehnle.

Die Neforin des 3ahres 1002 zeigte ein klares Ziel:
„Sehen und Darstellen". — llm Gegensahe zur i
früheren öden Fingerscrtiglieil und trostlose» Nach-
ahmung berühmter Borbilder wurde der Schüler zum
Beobachten der Wirklichkcit und der Nalur angc-
leitet. Seik jener Zeit, da die darob staunende Mensch-
heit schon im harmlosen Abzeichne» eiiies leere»
Vlumentopfes „Kunst" sah, seitdem leidet der Z. 1l.
unter diesem Morle. Ls entstand ein schiefes Vild
von unserer Aufgabe. Ein verbildetes Geschlecht,
wie das unsrige, nennt Kunst gar manches, was nur
Miltel und Meg, Lehre und Technik ist. Wir, die
Zeichenlehrer, und das ist unsere Schuld, wenn man
vo» einer solchen überhaupt reden darf, wir habe»
uns nicht genug bemüht, diesen rlrrtum zu zerstrcuen.
Einmal, weil wir es selbst nicht besser gewuszt habe»,
zum andern aus taktischen Grllnden.

Mit der fortschreitenden Erkenntnis und der Aus-
füllung der Lücken in unserer Bildung wuchs die
Empfindung, dcch dieses „Sehen und Darstellen"
nicht „Kunsti" Im vollen Sinne des Wortes sei. Das

ganz anderes, was jedem echten Zeichenlehrer selbst-
verstcindlich erscheinen mujz. Es gilt:

1. Mut und Willen zu eignem, selbsiändigem Aus-
drucke zu entwickeln,

2. sachllch sehen und darstellen zu lehren,

3. oen Sinn für Wahrheit und innere Wahrhaftig-
keit zu fördern und damit

4. die Grundlagen zu echtem Kunstempfinden zu
schaffen.

Wenn dieses Hochziel einer gesunden Allgeniein-
bildung vom Zeichenlehrer auch mit gewissen techni-

äillgen Bildwir-
es zwar ganz

schen Fertinkelten und äuszerlich ge
iiungen verbunden werden kann, i
schön und wtinschenswert, aber nicht unbedingt er
forderlich.

Wir, die wir dem absterbenden Zeichenlehrerge-
schlechte angehören, Kinder ihrer Zeit, haben, das
wissen wic wohl, nicht die Ausbildung, nicht das um-
assende Können und Wissen derer, die demnächst und
päter uns ersetzen, doch wenn wir das Land der Zu-
iunst auch nicht niehr betreten, so können wir es doch
chauen. Aichtunggebend und Wegweisend müsjen
ivir dem kommenden stärkeren, jüngeren Geschlechke
üienen. Heule schon und späker ersti recht wird man
uns und unseren Wert danaclubMÜkilen, ob wir die
letzten Ziele und Möglichkeiten der allgemein bilden-
den Schule erkannt und richtig angestrebt oder ob
wir, als unklare Köpfe und Schwärmer, phantastischen
Luftgespinskern nachjagend, den Boden der Wirklich-
keit unter den Fützen verloren haben.

stn der AerufSnusbildung kaiin die „Kunst" gar
nicht genug bekonl werden, denn die Flllie des Wis^
sens, oie aicherdem noch geleisiet weroeg musz, sorgt
schon dasllr, datz die Bäume nicht in den Himmei
 
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