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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 10 (Oktober 1925)
DOI Artikel:
Stiehler, Georg: Werkbund - Werkunterricht, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0272

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-Kunst-

Zeltschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen

Berantwortlich für dte Schriftleitung: Professor Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Berlag; Eugen Hardt G. m. b. tz. Stuttgart, Laugeslraste l8

5. Iahrgang Oktober 1923 Heft 10

Werkbund und Werkunterricht. G Stiehler, Letpzig. — Weltanschauung und Zeichenunterricht. Franz
Ziegelinüller, Radolfzell. — Volkstümltcher Zierat. Felix tzänsch, Dresden. — Erdkundlicher Arbeitsunter-
rtcht in der Schule. Kell, Dresden. — Aber subjektiv-optische Anschauungsbilder Lust, Göppiugen. — Der
Zeichensaal- Fritz Meerwart. — Die Pädagogische Woche in Nürnberg. K. tzils, Stuttgart - Ansichteu
eines Nnmodernen. P.'K. Sominer, Gandersheim i. tz. — Kunstgeschichte, Konzentrationsfach fnr den Phi-
lologen- G. Stiehler, Leipzig. — Dis Wiederbelebung der antiken Lnkaustik. Dr. Hans Schmid, München.
— Veitrag zu den Richtlinien für den Zeichenunterricht. Georg Eckert, Barmen. — Umschau. — Vuch-

besprechungen. — Inserate.

und Werkunterncht

Das Thema Werkbund
weiter gefaszt lauten: Kultur- und Erziehungswesen.
Gestaltet die Kuitur das Bildungswesen um, ist eine
Schulrekorm Ergebnis mächtiger Kulturbewegungen?
Oder isr es richtig, dasz durch einen aus den Schulen
selbst hervorgehenden neuen Geist bine neue Kulkur
erstehen kann? Wie der Einzelne, so steht das ge-
lamte Schulwesen in Bindung zum Leben. Die
Werkgebiete Wissenschafk, Kunst, Technik üben be-
wutzk und mitkelbar nachhaltigsn Einflutz auf das Er-
ziehungswesen aus.

Man denke an die elementar grojze Skeigerung
der Nakurwissenschaft, dle in den Schulen den Na-
turwissenschaften eine neue Stellung gab; an dle
elementar grosze Wendung in der Kunst, die die
Kunsterziehungsbewegung auslöske und die Neform
des Zeichenunterrichts in den allgemein bildenden
Schulen bedingte, und heute stehen wir mitken in
einer Bewegung, der Werkbundbewegung, die auf
den Werkunterricht der Schulen Einfluß ausübt.

Was will der Werkbund, der 1V08 ins Leben ge-
rufen wurde? än seiner Satzung steht: „Der Zweck
des Bundes ist die Beredelung gewerblicher Ärbeit
im Zusammenhang von Kunst, ändustrie und tzand-
werk durch Lrziehung, Propaganda und geschlossene
Stellungnahme zu ein chlägigen Fragen." Der Werk-
bund will Stellung nehmen zur Erziehung. Er kommt
als Verater, nicht als Gesetzgeber. Wjr mllsseii ihn
hören. Woher kommt er? Er ist ein BüM, gebbren
aus der Not der Zeit. Aus der Zeit der Nachahmung,
des ilnschöpserischen. Äus der Zeit, dle Vahnhöfe
baute im gotischen Skil, die Bürgerstuben mit Skuck
bewarf, Möbel in unechkem Makerial protzig gestal-
teke und Edelstoffe vortäuschte, aus der Zeit, in der
der einfache Mann mehr sein wollte als er konnte,
und der über sein Einkommen und seine Manier

Werkbund — Werkunterricht .

Von Georg Stiebler. Leipzig. *

Merkunkerrlcht* könnte hinaus sich als wohlhabenden und vornehmen Mann
gebärdeke. Es war nicht nur eine wirkschafiiiche, eine

, » Aorlnig, gehalten aus dsr Laguiig deS SSchsischen Landes-

I verbandes siir werktätige Srziehimg tm September IVLö.

kechnische Lüge, die eiiiherging, sondern es war eine
seelische, eine moralische Not, die ein Bolk herabzog,
da es dem Schein vecfiel. Villig und schlecht die
Ware, schlecht in sittlicher Beziehung vielfach die
Lebenshalkung, das gesazüftliche Gebaren. Es war die
Zeit, in der ernsthaste Männer der Lrziehung, der
Politlk, üer Wirtschaft und Wissenschaft nach einem
neuen Geiske riefen. Die Werkbundbewegung reiht
sich ein in die grotze deutsche Vewegung um Erneue-
rung des Geistes von innen her, die heute nach dem
verlorenen Krieg die Aufgabe ins Ungemesjene hak
steigen lassen. Geistig und technisch und wirtfchaftlich
sucht diese Bewegung neues Land zu erwerven.

Der Werkbund weitz, datz er Kultur nicht schaffen
kann. Kultur musz wachsen wie der Baum. Der
Werkbund will aber den Boden bereiken, empfäng-
lich machen, damit neue Kulturwerke gedeihen kön-
nen. Er organisiert die Kräfte der Zeit, nichk die
Gefühls- und Gemütswerke aus der Bergangenheit.
Er ist gegenwartsfrisch. Die Eigenark üer Zeit soll
sich widerspiegeln im gestaltenden Schaffen, in 3n-
dustrie, Gewerbe unter Beratung und Mitarbeit
der Künstler, in Gemeinschafk mit dem Händler und
Berbraucher. Wo ein Dom gebaut wird, ein Klein-
haus enksteht, ein Skuhl gefügt wlrd, wo eine Frau
sich kleidek, ein Hammer gejchwungen wird, oder ein
Schild befestigt wird: Steks steht er mit Nat und Tak
als Bund oder als Einzelperson zur Seite. Es ist
ein Helferdienst im grotzen Ausmasz fllr die Gesamk-
helt, fiir deutsche Kultur, die fichtbar ift für Freund
und Feind. Äas Ziel seines Strebens ist nicht dog-
makisch festgelegt. So wie die Erziehung aufhörk, zeit-
reif zu seln, wenn sie neuem Geist und neuen Auf-
gaben sich entzieht, so auch die Werkbundbewegung.
Sie geht mik der Zeit, so datz der änhalt deS Skre-
bens in zeitlich lebenskräftigen Richtlinien gekenn-
zeichnet ist.
 
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