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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 12 (Dezember 1925)
DOI Artikel:
Grothmann, Heinrich: Zu den preußischen Richtlinien für den Zeichen- und Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0354

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Viirge»schttle Stnttgart (Zerchcnl. Hi!s)

jammexbinden, und wenn er cuif dicse Weije gcis!-
reich komponiert, wird es ihm zuleht auch an dem,
was man Ersindung ncnnk, an dcm Eniwickeln dcs
Mannigfalkigen ous dcm Einzclnen, keincZwegS feh-
lcn können." — „Versuche es doch der Kiinstler nur
e!n halb Zahr praktisch und setze wcder Kohlc noch
Pinsel an ohne Inkention, einen vorliegenden Nakur-
gegenstand ols Bild abzuschliejzen. Hat er ange-
borenes Talent, so wird sich's bald osscnbaren, wclchc
Absicht wir bei diesen Andeukungen im Sinne
hegten." sSprüche.)

Arkhur W. Dow, ein hervorragender amerikoni-
scher Kunstlehrer, sagt: „Nach mcinen Erfahrungen
muß die künstlerische Erziehnug damit beginncn, das
Gefühl füc die Schönheit zu wcckcn. Der Schüler
muh sich in der Auswahl und Beurkeilung des
Schönen üben, muß sich bcmühen, selbst ckwas Schö-
nes zu schasfen, in das er seine eigenen Gedanken
und Gefühle hineinlegk. Das ist der Zweck, dem
d!e einfachen Ausgaben der Schule zu dienen
haben .... Das Studium der .Kornposition ist ein
Aiikkel zur künstlerischen Erzichnng des ganzen Vol-
kes: denn jedes Kind kann dahingebrachk werden zu
komponieren, Schönhcii zu erkennen, zu fühlen und,
in einfacher Weise, selbst hervorzubringen."

Eine ganz ähnliche Ansichk vcrtrat der verstorbcnc
deutsch-amerikanische Prosessor der Aesthekik an der
Harward-Aniversitäk in Boston, Hugo Münskcrberg,
in dcr Abhandtung „lire prureixlos or nrb eäueirtion",
wie denn an den Schulen der Vereiniglen Slaaken
seit langcm die Komposition eine bedeuksnde Rollc
gespielk hak.

Welche Gcfahren sie sür den linkcrrichk mit sich
bringen kann, wenn sie nichk in duräzaus berufenen
Händen liegt, darüber hal sich Geh. Rat Prof. Dr.
Pallak, der beste deuksche Kcnner des amerikanischen
Kunstunierrichks, wicderholt geäußert und im allge-
meinen vor einer Nachahmung des amerikanischen
Systems in deutschen Schulen gewarnt. Das war
lange vor dcm Weltkricge. llnzwischen habcn sich bei
uns die Verhältnisse wesenilich geändert. Heule stehk

die dcuksche Zcichenlehrcrschafk auch den Ausgabcn
dcr künstlerischen Gestalkung mit cinem selbskändigen
Können gegenüber, so daß die Gefahr einer dilektan-
kischcn Behandlung dcrsclben kaum noch destehi.
Mußte Pnllat vor zwanzig 3ahren aus guten Grün-
dcn das Nakurstudium als dic wichtigste Aufgabe
cmpsehlen, so darf hcuke der weitere und lehte
Schrikt auf dem Wege zur Vollendung des Zeichen-
untcrrichts zum Kunstunkerricht gewagt werden, nichk
durch Hinianschung des Naturstudiums, sondern durch
Verkicfung desselbcn durch d!e künstlerische Ge-
stalkung, svwie durch die Gestaltung mik ungegen-
skändlichen Formen und Farbenelemenken.

Der Nakurgcgenstand gewinnk im neuen Kunst-
unkerrichk diejcnige Skellung, die er von jeher in der
bildenden Kunst gehabt hat: er wird skudiert, weil er
gebrauchk wird für einen künsilerischen Gedankeg.
Solche „Zntenkion" muß vorhanden sein, wenn
Schüler einen Gegenstand nach der Nakur studieren.
Es ist also im allgemeinen vom Standpunkk der Kunsi
nicht richkig, wcnn Schüler ohne eine Komposikions-
absichk Naturskudien zeichnen und malen und ste
vielleicht und gelegenklich in einer künstlerischen Ar-
beik nur verwenden. Das Nakurstudium hak demnach
im neuen Ilnkerricht eine gegen früher wesenllich
andere Skellung und Aufgabe. Damit isk der Punkt
crreicht, in dem sich die in der letzten Zeit ofk und
hartnäckig gegenseikig befehdcnden Meinungen in
Uebereinstimmung auflösen. Selbst die oft genug und
nichk immer ohne Grund verspoikeken Liebhaber der
„TLpfe" stehen gerechkfertigt da, wenn ste Liese Dinge
auch weiterhln verwenden. Aber die Behandlung
solchcr Aufgaben wird unker einem andern, deni
künsklerischen, Gesichtspunkke stehen müffen. Die an
sich gleichgültigen Gegenskände rücken tn eine an-
dere Akmosphäre. Sie werden gewiffermaßen
Rcquisiken, und nur als Trägcr von Form, Farbe
nnd Lichk als den Elementen der KLnstlerischen Ge-
staltung eines „Bildes" kommen sie in Bekracht. Nun
wird ein lrdcner Topf mlk anderen Augen und mit
bedeulendcrer Ankeilnahme gesehen, als wenn er nur
 
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