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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 1
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0051

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Maurice Utrillo
Ausgestellt in der Galerie Fleclitheim, Berlin

knüpft, Bilder hinstellt von einer Fülle, einer
Saftigkeit, einer Erdenhaftigkeit, die an jene
Corinths denken lassen. Für den Kunsthisto-
riker ist es da nicht uninteressant, die geheime
Linie zu bemerken, die Slevogt mit Thoma
und den Romantikern verbindet. Da sind Vor-
dergrundkulissen, Repoussoirs, da sind Per-
sonen, die ins Bild hineinschauen, den Gefüh-
len des Betrachters als Träger und Richtungs-
faktoren dienend. Da ist das Absteigen des
11 jnlergrundes und das träumerische Verblauen
der Ferne. Es ist als habe der alternde Slevogt
sich wieder recht fest an das Land seiner Ju-
gend zwischen Rhein und Main angeschlossen
und daraus neue, starke Kräfte gezogen.
Die Figur Utrillos, die sich bei Flecht-
heim, durch eine umfangreiche Kollektion
dokumentiert, vor die Augen der Öffentlich-
keit schiebt, ist viel umstritten. Die einen ha-
ben sie zu hoch, die anderen zu niedrig bewer-
tet. Man hat ein großes Geschäft gewittert und
ist herzugelaufen. Dies eben hat manchen ab-
gestoßen, und er ist beiseite gestanden mit ab-
gewandtem Gesicht. Die Wahrheit liegt in der
Mitte. Utrillo ist ein sehr großes Talent. Wer
ein Bild wie „Notre-Dame“ 1912 gemalt hat,
den kann man aus der Entwicklung nicht
mehr wegwischen. Dieses Gemälde ist von ge-
radezu unwahrscheinlicher Schönheit in sei-

Der Leuchtturm
Mit Genehmigung der D. A. A.
nen schwärzlichen, grünlichen und bräun-
lichen Bronzetönen. Es ist ganz pastös ge-
ntaclit, gleichsam mit Gipsreliefs wie die Bil-
der der frühen Katalanen und Aragonesen,
ganz unkonventionell, aber auf der anderen
Seite so ganz und gar nicht „erdacht“ — wie
es eben nur der wirklich große Künstler fer-
tigbringt. Wer sich über Utrillo unterrichten
will (der geringe Raum erlaubt hier nicht,
mehr zu geben), der nehme das hübsche Buch,
das Gustave Coquiot über den Maler geschrie-
ben hat und das in einer guten Übersetzung
bei Wasmuth herausgekommen ist. Carl Ein-
stein hat eine lesenswerte Einleitung sogar in
ganz normalem Deutsch dazu geschrieben.
Eine andere Angelegenheit ist die Franzo-
senausstellung hei II a r t h e r g. DieTat-
saehe, daß sie überhaupt gemacht worden ist,
ist begrüßenswert. Man kann nie genug Frem-
des sehen; man beurteilt dann das Heimische
gerechter. (Übrigens soll man auch recht viel
Heimisches sehen; dann beurteilt man das
Fremde richtiger.)
Man fragt sich: Ist das nun tatsächlich das
junge Frankreich? Ist hier nicht zufällig
ausffewähll? Fehlen nicht vielleicht sehr wich-
O
tige Leute? Nehmen wir wirklich an, daß dies
alles nicht der Fall ist, daß es sich hier um
eine musterhafte, technisch einwandfrei ge-

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