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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 22
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Kunst-Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0739

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KUNST-LITERATUR

ERIK WETTERGEN: MODERNE SCHWE-
DISCHE WERKKUNST. (Veröffentli-
chung des Museums zu Malmö.) 1927. Chr.
StoII, Plauen i.V.
Es ist die deutsche durch E. Th. Walter ge-
fertigte Übersetzung der französischen Aus-
gabe, die wegen ihrer hervorragenden Ausstat-
tung den Grand Prix erhielt. Der edlen Ab-
bildungstechnik entspricht die technische So-
lidität dieser kunstgewerblichen Arbeiten, die
einen Querschnitt durch Schwedens Schaffen
auf diesem Gebiete geben, im Text als ab-
hängig vom deutschen Werkbund bezeichnet
werden. In dieser Richtung müßten sie aber
allmählich freier werden. Denn es herrscht ein
Eklektizismus, wenn auch edler Art vor, der
auf die Dauer enttäuschen wird. Beinah alle
Arbeiten lassen sich auf geschichtliche Vor-
bilder aus alter Kunst zurückführen. Nicht
aber als ikonographische Ableitung, in wel-
chem Sinne alles Geschaffene überhaupt mit
Vorstufen Zusammenhängen wird, solange die
Menschheit lebt. Es handelt sich vielmehr um
direkte Rezeption, ob nun Webereien, Glas,
Keramiken oder Bucheinbände vorliegen. Die
Ileimalvereine, meist von Frauen geleitet, ste-
hen noch ganz in der Phase der „Neubele-
bung des Kunstgewerbes durch alte Vorbil-
der“, die zwar seit Ruskin, wenn auch in wech-
selnder Verpuppung, herrscht, aber bei uns
doch ihrem Abbau entgegen geht. Alles wie
beim Stockholmer neuen Rathaus, das sehr
anständig in seiner Haltung ist, in zwanzig
Jahren aber auch bei denen nicht mehr als
„schönster Bau des neuen Europa“ gelten
wird, die heute den harmlosen Eklektizismus
dieser bloßen Übergangsarchitektur noch nicht
spüren. Roh
JULIUS MEIER-GRAEFE: PYR AMIDE UND
TEMPEL. Notizen während einer Reise nach
Ägypten, Palästina, Griechenland und Stam-
bul. 1927. Ernst Rowohlt, Verlag,
Berlin.
Meier-Graefes Buch: Das ist eine Lust der
Lektüre. Diesen großen Europäer im Gegen-
über antiker Kunst zu erleben, heißt nicht all-
täglichem geistigen Genuß opfern. Versunken-
heiten alter Geschichte werden lebendig, ge-
winnen ihr Profil für den modernen Men-
schen, sobald sie Fühlung haben mit diesem,
von aller Wissenschaft unbeschwerten, intui-
tiven Betrachter, der den feinsten Instinkt für
künstlerische Werte besitzt. Die Ägyptologen
und die Vertreter klassischer Archäologie kön-

nen aus diesem unerhört suggestiven Buch
eines Mannes, dem wirklich die große Gnade
des Schauens zuteil war, nur lernen, wobei es
völlig verkehrt wäre, über diese oder jene fach-
wissenschaftliche Frage zu diskutieren. Es
kommt vielmehr auf den Gesamtaspekt an.
Die Wissenschaft ist vielleicht überhaupt nicht
berufen, über ein solches Buch zu urteilen,
selbst wenn es nach Ansicht der Zünftigen
Fehlurteile enthalten sollte, etwa im Hinblick
auf die Einstellung des Verfassers zum griechi-
schen Tempel. Viel fruchtbarer für die Er-
kenntnis ist der Mut, mit dem Meier-Graefe
seine Urteile begründet. Diese regen immer
an, denn niemand kann diesem temperament-
vollen Wahrheitssucher das Recht für seine
persönliche Anschauung bestreiten.
Gerade die Kunsthistoriker sollten das Buch
lesen. Es zwingt zur Revision überkommener
Urteile und ist geistvoll-unterhaltsam von der
ersten bis zur letzten Zeile. Meier-Graefe hat
als Mensch von schöpferischer Begabung die
innere Berechtigung, über künstlerische Dinge
zu sprechen und seine eigene Einstellung zu
rechtfertigen, die ohne zünftige Voreingenom-
menheit die des modernen Europäers ist, der
die unfehlbare künstlerische Witterung hat.
Meier-Graefe hat dieser Zeit ein Dutzend fun-
damentaler Bücher geschenkt, die anderes Ge-
biet berühren als das hier erwähnte. Dennoch
halte ich sein letztes Buch für eines der
besten, die der Feder dieses geislvollenSchrift-
stellers entstammen. Es hat die Vollkraft der
Verführung für die, die sich ihm anvertrauen.
Biermann
G. D. IIOBSON: MAJORI, CANEVARI AND
OTHERS. London. Ernest Bonn Ltd. Preis
£ 3. i3.6.
Vielversprechend beginnt mit diesem ersten
Bande eine Reihe von Monographien der
Buchbindekunst. Wenn sich die folgenden Ar-
beiten, von denen Henry Thomas’ Spanischer
Bucheinband schon angekündigt wird, auf die-
ser Höhe halten, so wird das Spezialwissen
vom Bucheinband einen tüchtigen Schritt vor-
wärts tun. Ilobson, dem als langjährigen Di-
rektor von Sotheby & Go. ein reiches Mate-
rial an Originalen und Abbildungen durch die
Finger gegangen ist, deutet auch schon einen
dritten Band an, der dem traditionellen Kö-
nige der Büchersammler Grober gewidmet sein
wird. Auch das vorliegende Buch kreist mit sei-
nen Forschungen schon um den im Titel nicht
genannten Lieblingshelden: Die norditalieni-

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