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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 1
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0053

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Alexander Auffray

Der viereckige Turm
Ausgestellt bei V. Hartberg, Berlin

Franz Marc, Corinth genannt, daneben Sle-
vogt, Feininger, Scliwitters, Baumeister, Ho-
fer, Paula Modersohn, Heckei, Kokoschka, Ru-
dolf Levy, Nauen, Liebermann. Ein ganz be-
sonderes Interesse scheint man auch denKünst-
lern der ,Neuen Sachlichkeit' entgegenzubrin-
gen, von denen Dix, Mense und Schrimpf
aufgei’ührt werden.“
Im höchsten Grade seltsam mutet es nun an,
daß in dem darauffolgenden am i.De-
zelieber herausgekommenen Heft ein In-
terview wiedergegeben wird, das die Zeit-
schrift mit dem in Paris lebenden Herrn Wil-
helm Uhde gehabt hat, der ihr „legitimiert
durch seine vollendete Kenntnis der deutschen
und französischen künstlerischen Verhältnisse“
die beste Quelle für eine nähere Auskunft
schien. Herr Uhde äußert sich über die deut-
sche Kunst durchaus abfällig; nach ihm ist sie
eine Angelegenheit zweiten Ranges und habe
im übrigen wenig mitzuteilen. Seiner Meinung
nach würde eine Ausstellung deutscher Malerei
in Frankreich viel Aufmerksamkeit erregen,
sie werde einen großen Zulauf haben und
unter diesem Gesichtspunkt gewiß ein großer
Erfolg sein, aber sie werde auch jenen eine
Enttäuschung bringen, die von der Kunst jen-
seits des Rheins Anstöße für eine malerische
Revolution erhoffen. Auch was die „Neue

Sachlichkeit“ betrifft, so kann Herr Uhde in
ihr nur etwas Theoretisches erblicken. Als we-
sentlichste deutsche Künstler nennt er Ko-
koschka, Helmut Kolle, Paul Klee, Max Ernst,
Scliwitters und Hofer. Die deutsche Malerei
sei eine lokale Angelegenheit, welche kaum
eine bedeutende Rolle in der malerischen Be-
wegung unserer Zeit zu spielen in der Lage sei.
Mit wenigen Ausnahmen habe sie weder Liebe,
noch Leidenschaft, noch Leben. Sie sei eine
ausgeklügelte Vernunftmalerei.
Nach der Auswahl, die Herr Wilhelm Uhde
aus den deutschen Künstlern getroffen hat,
ergibt sich zur Genüge, wie hoch seine Kennt-
nis zu bewerten ist. Als um so bedauerlicher je-
doch muß es bezeichnet werden, daß eine ver-
breitete Zeitschrift wie das Bulletin seine Mei-
nung als die eines Kenners in die Welt gibt.
Wie der ursächliche Zusammenhang des 1.
und 2. Artikels gewesen ist, wissen wir nicht.
Ob sich Herr Wilhelm Uhde aus irgendwel-
chen Gründen, die wir hier nicht untersuchen
wollen, spontan zu einer Stellungnahme ge-
meldet hat, oder ob französische Kreise, die
einer deutschen Malerei-Ausstellung in Paris
abgeneigt sind, gewünscht haben, daß etwas
Wasser in den Wein gegossen werde — das
eine istoffensichtlich, daß man auf
deutscher Seite die Dinge sehr ru-
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