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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 2
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Meier-Graefe, Julius: Die Franzosen in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0074

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Renoir Strand von Pornic
Aus der Ausstellung der Galerien Thannhauser im Berliner Künstlerhaus

Zeit, da lief der arkadische Sänger wie verrückt hinter Richard Wagner her 5
eine an Irren und Wirren reiche Periode. Nachher gestand er, eine kleine
Melodie von Couperin vorzuziehen. Während sich andere die Seele verrenkten
und der Kampf um die Besinnung sie bleichte, malte Renoir wie Couperin
und vollbrachte das größere Wunder. Nur von zwei Dingen will ich reden.
Gern besänge man jedes Bild und Bildchen, und es ginge leicht5 Aufsatz-
schreiben würde fast ein Vergnügen. Wie das Bildchen mit dem kauernden
nackten Mädchen auf weißem Laken, das die Arme auf die Knie stützt und
aus der Bläue herschaut, gemalter Couperin, Dich um den Aufsatzernst
bringt! Wie dieses Nichts von Bild, das ganze Ding kaum eine Handbreit
groß, den Raum durchflimmert! Wie daneben die »Plage« mit den bunten
Menschen auf dem Sande, Menschen, die Blumen gleichen, die mürbe Seele
badet! Welcher Strand ist das wohl, Deauville oder Ithaka?
Nur zwei Dinge, die sich zu aufsatzmäßigem Ernst eignen und die Ausdeh-
nung ihres Schöpfers erraten lassen: zwei Paris-Urteile, das eine in Ölfarbe auf
Leinwand, das andere in Bronze als Relief. Auf beiden wird der Apfel gereicht.
Das Gemälde läßt einen Augenblick zweifelhaft, ob Paris der Mann ist, da er,
kapuzenhaft bekleidet, in der Ecke sitzt. Echt Renoir! Denn wie käme ein
Mann dazu, und wäre es der göttergleiche Paris, seine Manneshaut, die nicht

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