Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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Heft 2
DOI Artikel:Meier-Graefe, Julius: Die Franzosen in Berlin
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Picasso Die große Küche
Aus der Ausstellung der Galerien Thannhauser im Berliner Künstlerhaus
Mit Genehmigung der D. A. A.
Form und gedrungener als das Spiel des Marmor-Reliefs, das einem flächigen
Rokoko zuzueilen schien. Man hätte, verführt von dem ruinösen Zustand des
alten Marmors, dahin kommen können, Renoir für griechischer zu halten als
den Griechen der Antike.
Degas hat sich schon in früher Zeit, da weder die Malerei ihn, noch er die
Malerei befriedigte, in der Schwesterkunst geäußert. Aus dem Jahre 1874
stammt der trostlose Versuch, eine Tänzerin in Wachs zu modellieren und mit
richtigem Tüll zu bekleiden. Auch dieses Produkt, d. h. das Wachs, wurde nach
dem Tode in Bronze gegossen und die Bronze wieder mit Tüll angezogen.
Dresden hat in diesem Sommer das Monstrum gekauft, gleichzeitig mit der fast
ebenso unglücklichen Erwerbung des Offizierbildes von Renoir durch die Ga-
lerie. Manchmal greifen unsere Museumsleute mit wahrem Fanatismus da-
neben, und man fragt sich, wo sie ihre Sinne haben. — Degas war Zwischen-
produkt und verbarg den Notbehelf unter Psychologie und Technik. Auch die
Pastelle halten nicht. In dem Renoir-Kabinett werden sie zu verstaubtem Wand-
schmuck. Nur sehr selten, wie in dem kleinen Harlequin der Sammlung Men-
delssohn, gelingt es ihrer dekorativen Farbe, den Anspruch des Betrachters zu
beschwichtigen. Sie haben Umrisse aber keinen Raum, mangeln der Form, die
Renoir bis zum Überlaufen erfüllte. Sie ließ ihn als Greis zur Plastik greifen.
Es war in der besten Zeit seiner Malerei, als die Farbe immer flüssiger wurde
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