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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 3
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0117

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Emst Neuschul Steinbruch
Ausgestellt in der Galerie Nierendorf, Berlin

bloße Wirklichkeit in eine höhere Ebene star-
ker Erlebnisse heben. Immer aber herrscht die
Farbe. Nicht zuletzt ihr zuliebe pflegt Lily
Hildebrandt die Hinterglasmalerei, der sie
durch die (erstmalige) Verwendung farbiger
Gläser als Malfläche neue Feinheiten und
Ausdrucksmöglichkeiten abgewonnen hat. So
zeigt der „Flötende Hirte“, dessen tiefblaues
Glas die untermalten Farben in blaßdurch-
schimmerte Dunkelheit taucht, eine seltsam
bestrickende Melancholie der hinter dem Glase
gefangenen Farben und in ferne Traum-
schicht projiziertes Leben. Und immer wech-
selt der Farbenklang mit der Stimmung.
Vor kurzem führte die Künstlerin, die vor
Jahren eines der anerkannt besten modernen
Bilderbücher, „Klein Rainers Weltreise“ im
Verlag Georg Dietrich, München, herausgab,
im Kinderzimmer des Hauses Felix Löwen-
stein, Stuttgart, einen rund vier Meter lan-
gen Fries aus, an dessen originellen, sprühen-
den und lustigen Einfällen die Kinder, und an
dessen streng flächenhafter Durchbildung und
reizvoller formaler Eingliederung in die Ar-
chitektur die Erwachsenen ihre Freude haben.
Dr. H. Sprinz
11EBLINER AUSSTELLUNGEN
Bei Karl Nierendorf haben jüngere Ma-
ler ausgestellt. Der beachtlichste ist Ernst
Neuschul, der als Monumentalmaler Be-
deutendes erwarten läßt. Der Künstler ist

1897 in Aussig geboren, studierte in Prag und
in Wien an der Akademie war von 1914
bis 1916 in Italien, dann in Spanien, in Hol-
land, in Paris, in der Schweiz und in Amerika.
Seit 192h lebt er in Berlin. Werke von ihm
wurden bisher nur in der Novembergruppe
und in der Sezession gezeigt. Mit einer vor-
züglichen Formenkenntnis, basierend auf
einem gründlichen Naturstudium, verbindet
Neuschul eine starke Begabung für große Flä-
chen. Man sieht, daß er es sich sauer werden
läßt, nicht zufrieden ist, bis das Werk soweit
getrieben, wie irgend möglich. Die beste ma-
lerische und kompositionelle Tradition ist als
gute Mitgift in die Kunstweise unserer Tage
herübergebracht. Hinter ihm bleibt W.
Schmid diesmal zurück, der ehemals als
Bringer der strengen Form eine nicht un-
wesentliche Rolle in der neueren deutschen
Malerei gespielt hat. Die Bilder, die als letzte
Schöpfungen bei Nierendorf ausgestellt sind,
wirken konventionell, verraten allerlei unver-
arbeitete Einflüsse und zeigen, daß Schmid
sich an einem Wendepunkt befindet. Das neue
Ziel ist noch unklar.
Ebenfalls bemerkbar ist V i k t o r Tischler,
der eine umfangreiche Kollektion in der Ga-
lerie Casper zeigt. Auch diese Malerei ist
gut und ernsthaft gearbeitet. Auch er macht
es sich nicht leicht, sondern lebt in harter
Selbstzucht. Wie die Häuser auf seinen Bil-
dern zusammengebaut sind, wie alles fest ver-

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