Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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Heft 3
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V. van Gogh
schweren Ohrzieraten gehörte ja zu den
Handlungen, die Gautama vornahm, als er sein
Prinzendasein mit dem eines Bettelmönches
vertauschte.
VERSTEIGERUNGEN
FRANZÖSISCHE LITHOGRAPHIEN
Am i5. und iC. März wird bei Holls tein
& Puppel eine Versteigerung französi-
scher Lithographien stattfinden, die
man als eine Sensation auf dem deutschen
Graphikmarkt bezeichnen darf. Denn in die-
ser Vollständigkeit kommt eine solche Samm-
lung nur noch ein einziges Mal vor, nämlich
im Cabinet des Estampes in Paris. Wer sich
über die Entwicklung der Lithographie kurz
orientieren will, der lese das reizvolle Büch-
lein, das Max J. Friedländer im Jahre 1922
bei Bruno Cassirer hat erscheinen lassen. Wir
können uns an dieser Stelle mit der Geschichte
dieser Kunst leider nicht befassen. Aber auch
das Vorwort des schönen Katalogs, das ein so
vorzüglicher Kenner und Sammler wie Auf-
seesser geschrieben hat, bietet dankenswerten
Aufschluß. Wohl wurde die Lithographie in
Deutschland erfunden, aber erst in Frank-
reich hat sie ihre künstlerische Ausdrucksform
erhalten. Die bedeutendsten Talente stellten
sich ihr zur Verfügung, die großen Maler des
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Tunnel. Etwa 1887
Empire und der Romantik sind für sie einge-
treten, ein Ingres, ein Prud'hon, ein Vernet,
ein Isabey, ein Gercicault, ein Delacroix, ein
Raffet. Männer wie Gavarni, Dore, Daumier
haben in ihr das Bild ihrer Zeit für die Nach-
welt geprägt. Wir können sie nicht anders
sehen, als durch die Augen jener. Über die
Grenzen hinaus haben sie die Künstler des
Auslands beeinflußt. Die Blätter eines Dör-
beck und eines Hosemann sind ohne Gavarni,
Monnier undenkbar.
Die Sammlung, die bei Hollstein & Puppel
nun zerstreut werden wird, entstammt ehe-
maligem fürstlichen Besitz. Sie ist nicht nur
wertvoll der vorzüglichen Beschaffenheit der
Blätter wegen, sondern auch durch die Voll-
ständigkeit der Folgen in den Einbänden der
Zeit, zum Teil in den illustrierten Original-
umschlägen. Wir finden Namen wie Victor
Adam, Menut-Alophe, Andrieux, Baugniet,
Leopold Boilly, Auguste Bouquet. Es folgen
die Künstler der Karikatur, des politischen
Wochenblatts: J. Bouchot mit seiner „Ecole
des voyageurs“, „Portes et fenetres“, „Ce que
parier veut dire“, Bourdet mit seinen ..Liber-
tins“, Philipon mit „Portes et fenetres“, „Les
amours des differents quartiers de Paris“, Pi-
gal mit den „Scenes de Societe“ und „Moeurs
parisiens“, Platier, Plattel, Pruche. Dann tritt
Daumier auf mit einer großen Anzahl seiner
Einzelblätter, darunter mit seinen seltensten