Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0185

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

El Lissitzky Proun S. K.
Ausgestellt in der Städtischen Kunsthalle, Mannheim

in ihrer bewußten kubistik allzu sehr an be-
kannte Vorbilder sich anlehnen .
Bei Neumann.-Nierendo r f, der sich un-
entwegt und tapfer für deutsche Künstler
einsetzt, hat Schmidt-Rottluff seine jüng-
sten Arbeiten ausgestellt. Sie sind wesentlich
weicher, malerischer als die, welche wir bis-
her von ihm kennen. Das Gewebe ist reicher.
Dieser Künstler lernt nicht um, sondern wei-
ter. Und das kann man von wenigen sagen.
Besonders einige Aquarellen sind von großer
Schönheit.
Bei M. Goldschmidt in den schönen Räu-
men in der Viktoriastraße sieht man Paul
Signac in gutgewählten Beispielen. Kuhn
ABSTRAKTE MALEREI IN MANNHEIM
Die Kunsthallo greift mit ihrer neuesten Aus-
stellung „Wege und Richtungen der abstrak-
ten Malerei in Europa“ ein Stück Gegenwarts-
malerei heraus, dem gegenüber die Theorie
nun zu einer gewissen abschließenden Klä-
rung gekommen ist. Mit kluger Absicht legt
sich der Name dieser Schau auf keinerlei
Vollständigkeit fest; aber was gezeigt wird, ist
reichhaltig orientierend und enthält Dinge, die
man im Gesamtbild der Gegenwartskunst kei-
neswegs missen möchte. Überzeugend über-
windet hier wie überall die künstlerische Po-
tenz alle theoretischen Vorurteile. Darüber
hinaus werden Weg, Entwicklung, Ziel deut-
lich und widerlegt die Auffassung, als ob es
sich um „glücklicherweise überwundene“ Ex-
perimente handle, ja wenn sonst gar nichts an-
deres, so ist es etwa bei Moholy-Nagy ge-
rade die ungebrochene Experimentierlust
{neue Bildtechniken, Photogramme), kraft
deren eine Vitalität sich den Anschluß an neue
Lebenselemente einer Epoche der technischen

Exaktheit erkämpft. Es ist aufschlußreich,
diese kargen Konstruktionen mit Lissitz-
kys kalt und blutlos erklügelter Geometrie-
kunst richtungsverwandt und dabei deutlich
im Temperament kontrastiert zu sehen. Ge-
radezu Antipode scheint ihnen lvandinsky:
Was dort errechnet, erscheint bei ihm „immer
noch“ glühende Farbphantasie von bildspren-
gendem Reichtum der Motive und einer ma-
lerischen Erfindungskraft, die bald diese, bald
jene dieser Tafeln wie große Farbwunder an-
staunen läßt, durch die gläserne Geometrie der
Formgebung magisch gebändigt. Sehr lehr-
reich an über 5o Werken die Darstellung sei-
ner Entwicklung (Kern einer zu bildenden Ju-
biläumsausstellung des Sechzigjährigen), der
man zunächst fast widerwillig folgen mag, bei
den einstigen „blauen Reiter„-Werken verhar-
rend, bis man auch die letzten Werke erfaßt,
diese „atonalen“ Bilder, die von Einzelform
und Einzelfarben unter Verwerfung einer bild-
haften Gesamtstimmung auszugehen schei-
nen und dann doch wieder sämtliche Motive
zu einer künstlerischen Einheit ordnen lassen.
Einzelne Stücke darunter führen auf die
Nachbarschaft Paul Klees, dessen dichtender
Pinselphantasie ein besonderes Kabinett ge-
hört. Oskar Schlemmers magisches Ballett
zwingt seine menschliche Besessenheit so ins
Exakte, Delikate und Esoterische auf der
Grenzscheide von Dionysos und Apollo, daß
wir in seinem Weggenossen Willy Baumei-
ster nun unschwer den reinen Apolliniker er-
kennen, der ebenso in seiner ganz abstrakten
Periode wie in seinen neueren Bildern mit
Sportmotiven der geistigen Hygiene zart und
geräuschlos ergeben ist. Im Hauptsaal lärmen
die Franzosen sinnennah und geistig eher ver-
wirrend. Einen S. Delaunay gegen einen

165
 
Annotationen