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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0213

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Andre Derain Frauenkopf
Ausgestellt in der Galerie A. Flechtheim, Berlin

der innerlich ausgehöhlte Mensch, der ohne
Glaube, ohne Ziel, ohne Ideal, sein Leben in
ununterbrochener Bewegung verbringt. Jeder
trägt eine Maske, hinter der im Grunde aber
nichts steckt. Gerade diese Maskenhaftigkeit
des mechanisierten Menschen hat Jlofer im-
mer wieder dargestellt. In vorliegendem Bilde
aber ist er zu einem bisher noch nicht er-
reichten Punkt gekommen. Die ausgestellten
Landschaften fallen dagegen stark ab.
Im Kronprinzen-Palais ist die Munch -
Ausstellung eröffnet worden. Sie mag als
Großtat Ludwig Justis hier gebucht werden;
ruhmvoll steht sie neben jenen Thomas und
Corinths . Niemals bisher ist eine solche Ver-
sammlung Munchscher Arbeiten der Öffent-
lichkeit gezeigt worden. Von den 72 Bildern,
die vor einiger Zeit in Mannheim waren, sind
03 übernommen worden. Aus Norwegen sind
noch i4i Gemälde hinzugekommen, darunter
die bedeutendsten Stücke aus dem National-
museum in Christiania, aus den öffentlichen
Sammlungen in Bergen und aus norwegischem
Privatbesitz. Alle Perioden des Munchschen
Schaffens sind erschöpfend vertreten. Auch
die letzte, in der das Nordisch-Phantastische,
Visionäre der bisherigen Produktion abgelöst
ist von einer klaren und männlich starken Be-
jahung der umgebenden AVel t der Erscheinun-
gen. Diese Bilder, in denen ein Mensch nach
schwerstem Bingen den psychischen Ausgleich
gefunden hat, sind unzweifelhaft von großer
Schönheit. Man möchte sie in der individuel-
len Entwicklung des Künstlers nicht missen.

An der historischen Stellung Munchs jedoch,
wie wir versucht haben, sie in unserem Leit-
aufsatz im letzten Heft zu zeigen, ändern sie
nichts. Alfred Kuhn
PARISER AUSSTELLUNGEN
Die ,,E x p o s i t i o n m u 11 i n a t i o n a 1 e“ bei
Bernheim J eune war ein menschlich an-
erkennenswerter, aber künstlerisch völlig ver-
fehlter Versuch, autochthone Malerei und Pla-
stik verschiedener Nationen auf einen General-
nenner zu bringen. Es war schade, denn man
sah in Paris zum erstenmal Werke von Hofer,
Beckmann, Dix, Barlach, Feininger. Multi-
national? Der Titel schon ist nicht künstle-
risch, sondern künstlich. Man wollte offenbar
das anrüchige „international“, das an Eisen-
bahnen, an den Soviel, ans Cafe de la Rolonde
oder du Dome erinnert vermeiden. Dabei
handelte es sich nicht um viele, sondern nur um
ein paar Nationen, um Franzosen, Engländer,
Deutsche, Schweizer, Amerikaner und — als
ob sie die geringste Rolle in der modernen
Kunst spielten — um Mexikaner.
Alles ging durcheinander; Originalität und
Einfühlung, Verve und Tüftelei, schärfste Zu-
spitzung (Deutschland) und nachgiebigste Ge-
mächlichkeit (England). Gerade die ursprüng-
lichsten Vertreter eines Landes schnitten am
schlechtesten ab. Eine Nation stieß der ande-
ren in die Rippen. Es war ein Kunstkrieg,
kein Kunstfrieden, wie die Veranstalterin,
eine amerikanische Dame, beabsichtigt hatte.
Das Afinus fiel auf an einem AArerk, nicht
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