Hans Baldung-Grien. Bekehrung des Paulus
Holzschnitt B. 65
Aus dem Katalog des Graphischen Kabinetts
G. m. b. H., München
überhaupt eine Zeitlang in großem Maßstab
die Erwerbung von Miniaturbildnissen betrieb.
Parallel dazu ging die Liebhaberei für Bilder
und Skulpturen alter Meister, vornehmlich
aber für das Kunstgewerbe, dem Figdor als
erster Sammler in allen seinen kulturellen Zu-
sammenhängen nachging. Dabei hat er die
einzelnen Gruppen seiner Sammlung systema-
tisch auszubauen verstanden. Zeugnis dessen
die zahlreichen Veröffentlichungen, die über
seinen Kunstbesitz erschienen sind.
Bekannt sind die Sammlung alter Möbel (von
H. Stegmann bearbeitet), die Schätze an edlem
und unedlem Metall (Bearbeiter Marc Bosen-
berg und Walcher von Molthein), die Form-
model (behandelt von Bode und Volbach, von
Walcher von Molthein), die Keramiken (von
Walcher von Molthein beschrieben) — wobei
erwähnt sei, daß Figdor als erster Privatmann
alte Öfen sammelte. Wenig ihresgleichen hat
auch die Sammlung an altem Spielzeug, ins-
besondere an Puppen (mit denen sich nur jene
des Germanischen Museums in Nürnberg ver-
gleichen lassen, dessen volkskundlichen Ten-
denzen sich die Sammlertätigkeit von Fig-
dor nähert). Daneben laufen noch eine
reiche Sammlung an Kostümen, eine Samm-
lung von Textilien mannigfacher Art, eine
Gläsersammlung, Sammlungen von Schlüs-
seln, Handwerkszeug, Küchengeräten, ITolz-
tafelkalendern, Beleuchtungsgegenständen,
Handkassetten. Auch Spielkarten, wachsüber-
zogene Schreibtafeln, Familienchroniken,
Stamm- und Wappenbücher, Urkunden, Auto-
gramme, Siegel (selbst Visitkarten!) wurden
von Figdor gesammelt.
Der Großteil des Nachlasses wird nach Deutsch-
land überführt werden, und zwar vermutlich
nach Heidelberg, dem Wohnsitz der zur Uni-
versalerbin eingesetzten Nichte Figdors (der
Gattin des dortigen Oberbürgermeisters). Nur
die Viennensia, die dem Bund vermacht wur-
den, werden in Wien verbleiben, um an die
einzelnen Museen aufgeteilt zu werden.
Poglayen-Neuwall
GRAPHIK-KATALOGE
Schon die letzten Versteigerungen graphi-
schen Materials beweisen auch auf diesem Ge-
biet eine starke Erholung und hinsichtlich der
Preise eine unverkennbare Tendenz nach oben.
Ereignisse, wie die große Frühjahrsauktion
bei Boerner sind durchaus europäisch zu nen-
nen und dürften ihrerseits weiter zur Festi-
gung des Preisniveaus beitragen. Aber auch
außerhalb der Auktionen ist im Kunst-
handel starke Aktivität spürbar. Die belegen
vor allem zwei jüngst in München erschie-
nene Kataloge, über die ein kurzes Wort ge-
sagt sei: Karl & Faber edierten ihren 26.
Katalog, der reich illustriert, ausschließlich
moderne Graphik und Handzeichnungen ent-
hält, darunter die Sammlung des bekannten
Graphikers Peter Halm. Dieses Verzeichnis
mit Preisangaben umfaßt 655 Nummern,
darunter manche europäische Seltenheit, so
daß er allen Sammlern zum Studium wärm-
stens empfohlen sei. Umspannender seiner
zeitlichen Einstellung nach ist der vom Gra-
phischen Kabinett-München herausge-
brachte Katalog „Graphik und ITandzeich-
nungen aus sechs Jahrhunderten“. Er notiert
unter Beigabe reizvoller Abbildungen frühe
deutsche Einblaltdrucke, Holzschnitte und
Kupferstiche (Wohlgemut, Dürer, Cranach
u. a.), ferner ein paar altjapanischer Farben-
holzschnitte, französische Graphik des 19.
Jahrhunderts, eine kleine, aber hervorragende
Sammlung, dann die großen Repräsentanten
europäischer Graphik bis zur Moderne wie
etwa Gorinth, Munch, Beckmann, Nolde u. a.
Gerade dieses Verzeichnis umschreibt Quali-
tät und ist daher in jeder Hinsicht durch die
Auswahl besonders reizvoll. n
206