Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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Heft 7
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L. Adrion Rennen in Deauville
Aus der Frühjahrs-Ausstellung der Berliner Sezession: ,,Sport“
delte, um „Vorstoß der Einzelpersönlichkeit“,
„gewisse Wildheit, heißes Drängen, Explosiv-
kraft“ zu verlangen. Welch nach Jugendstil
oder Kleinstadtexpressionismus riechendes
Mißverständnis der Sonderfunktion gerade des
Stoffes! Gerade die machtvoll gehaltenen
oder stillen Wirkungen sind hier die bleiben-
den: Entsprechende Arbeiten der staatlichen
Kunstgewerbeschule (Jaskolla), sodann des
Herrn von Weech, ferner von H. Weber, eini-
ges aus den Deutschen Werkstätten und von
Wallach.
Bei Heinemann Gedächtnisausstellung von W.
J. Ilertling (i84g—*926)- Ganz 19. Jahr-
hundert diese Malereien, aber von stiller Raum-
und Farbenenergie für ihre Art. In der Gra-
phischen Sammlung die zugehörige Graphik
des sympathischen Lokalmeisters. Roh
ENSOR IN DER KESTNERGESELLSCHAFT
Auf die Bedeutung dieser ersten deutschen
Ausstellung von Werken des belgischen Malers
James Ensor braucht kaum hingewiesen zu
werden. In mühevoller, langwieriger Arbeit
wurden, unterstützt durch das Entgegenkom-
men des belgischen Gesandten und der So-
ciete de l’art Contemporain in Antwerpen, so-
wie belgischer und deutscher Sammler, über
vierzig Gemälde, viele Zeichnungen und Aqua-
relle, und das gesamte graphische Werk En-
sors zusammengebracht. Aus der reichen Pro-
duktion der Frühzeit, mit ihren düsteren Far-
ben, sind eine ganze Reihe importanter Bil-
der ausgestellt. Aus dem Jahre 1880 u. a. der
Bürgersalon, die kleine aber malerisch ganz
außerordentliche Rue de Flandre (Ostende) im
Winter und ein Äpfelstilleben. Aus den näch-
sten Jahren seien die Dame in Blau, die dunkle
Dame, die Austernesserin und das Mädchen
mit Puppe genannt, r885 bringt dann neben
dem Skelett, Chinoiserien betrachtend, eine
malerische Höchstleistung im Werke Ensors,
die großartigen Dächer von Ostende. 1887 ist
die phantastische Versuchung des heiligen An-
tonius (Abb.), ein Jahr später entstand der
Sturz der rebellischen Engel. Die starke Far-
bigkeit der Frühzeit wird allmählich abge-
wandelt in zartere, lichtere Töne, Maskenbil-
der und Stilleben nehmen nun einen breite-
ren Raum ein. Bezeichnend dafür ist der Lie-
besgarten von 1891, das Maskentheater in
Brügge und das Große Bild, die herunterge-