Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0254
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Heft 7
DOI article:Rundschau
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MHH
Kandinsky Bunter Kreis. 1921
Kandinsky-Ausstellung bei Goltz, München / Museum of Modern Art, New York
etwa 3o cm. Die Tieferlegung um das Dop-
pelle hat nun z,u erschreckenden Folgerungen
geführt. Die Altartische wurden auf das neue
Niveau herabgesenkt. Die Altäre aber blieben
oben an der Wand hängen, so daß nun Zwi-
schenstücke die klaffende Lücke zwischen
Mensa und Altar verschleiern müssen. Um ein
einheitliches Niveau für die ganze Kirche zu
erzielen, hat man dann umgekehrt den Fuß-
boden der St. Godehard-Kapelle höher gelegt.
Die hohen kraftvollen Plinten an den Pfeilern
dieses Raumes sind nun bis auf schmale Plat-
ten verschwunden. Schlimmer aber noch ist,
daß nun auch das Marktportal herabgesenkt
wurde, d. h. aus der Proportion zu der Um-
gebung von Wand und Fenstern gerissen
wurde. Man hätte das durch Treppenanlagen
vermeiden können, die aber der Klerus ab-
lehnte, weil die Prozessionen keine Treppen
steigen sollen. Die schmale Gasse vor dem
Portal wird um einige Stufen vertieft werden
und dann eine schräge Bahn zum Portal hin-
abgleiten.
Noch eine drohende Wolke für den Dom ist
die beabsichtigte Ausmalung. Prof. Kautzsch
sprach darüber mit gesunden Vorschlägen und
betonte, daß Beleuchtung und Farbigkeit der
Räume ein zusammenhängendes Problem sei-
en. Die Fenster im Hochschiff sollen auf ihr
altes Maß gebracht werden. Für einheitliche
farbige Ausgestaltung wären selbst dieFresken
von Veit nicht wichtig genug, um dadurch den
ganzen Gedanken zu Fall zu bringen. Von
kirchlicher Seite wurde dann aber mit fröh-
lichem Gottvertrauen versichert, es seien be-
reits die drei besten Monumentalmaler Deutsch-
lands in Aussicht genommen. Auf eine An-
frage erfuhr man, daß dies Meyerspeer, Ko-
walski und Linnemann sind.
Als einen großen unverhofften Gewinn der
Restauration darf man die Funde vom alten
Westlettner buchen, die bei den Ausschach-
tungsarbeiten unter dem Barocklettner ge-
macht wurden. Kapitäle, deren Farben in al-
ter Frische grüne Blätter vor blauem oder
schwarzem (vielleicht ehemals silbernem)
Grund zeigen, ein Auferstehender, ein Engel
mit dem Kreuzesstamm und andere Bruch-
stücke, schließlich ein bärtiger Kopf, der
höchstwahrscheinlich der Johanneskopf aus
dem Tympanon mit dem Weltenrichter ist.
Über die Bedeutung dieser Funde berichtete
Kandinsky Bunter Kreis. 1921
Kandinsky-Ausstellung bei Goltz, München / Museum of Modern Art, New York
etwa 3o cm. Die Tieferlegung um das Dop-
pelle hat nun z,u erschreckenden Folgerungen
geführt. Die Altartische wurden auf das neue
Niveau herabgesenkt. Die Altäre aber blieben
oben an der Wand hängen, so daß nun Zwi-
schenstücke die klaffende Lücke zwischen
Mensa und Altar verschleiern müssen. Um ein
einheitliches Niveau für die ganze Kirche zu
erzielen, hat man dann umgekehrt den Fuß-
boden der St. Godehard-Kapelle höher gelegt.
Die hohen kraftvollen Plinten an den Pfeilern
dieses Raumes sind nun bis auf schmale Plat-
ten verschwunden. Schlimmer aber noch ist,
daß nun auch das Marktportal herabgesenkt
wurde, d. h. aus der Proportion zu der Um-
gebung von Wand und Fenstern gerissen
wurde. Man hätte das durch Treppenanlagen
vermeiden können, die aber der Klerus ab-
lehnte, weil die Prozessionen keine Treppen
steigen sollen. Die schmale Gasse vor dem
Portal wird um einige Stufen vertieft werden
und dann eine schräge Bahn zum Portal hin-
abgleiten.
Noch eine drohende Wolke für den Dom ist
die beabsichtigte Ausmalung. Prof. Kautzsch
sprach darüber mit gesunden Vorschlägen und
betonte, daß Beleuchtung und Farbigkeit der
Räume ein zusammenhängendes Problem sei-
en. Die Fenster im Hochschiff sollen auf ihr
altes Maß gebracht werden. Für einheitliche
farbige Ausgestaltung wären selbst dieFresken
von Veit nicht wichtig genug, um dadurch den
ganzen Gedanken zu Fall zu bringen. Von
kirchlicher Seite wurde dann aber mit fröh-
lichem Gottvertrauen versichert, es seien be-
reits die drei besten Monumentalmaler Deutsch-
lands in Aussicht genommen. Auf eine An-
frage erfuhr man, daß dies Meyerspeer, Ko-
walski und Linnemann sind.
Als einen großen unverhofften Gewinn der
Restauration darf man die Funde vom alten
Westlettner buchen, die bei den Ausschach-
tungsarbeiten unter dem Barocklettner ge-
macht wurden. Kapitäle, deren Farben in al-
ter Frische grüne Blätter vor blauem oder
schwarzem (vielleicht ehemals silbernem)
Grund zeigen, ein Auferstehender, ein Engel
mit dem Kreuzesstamm und andere Bruch-
stücke, schließlich ein bärtiger Kopf, der
höchstwahrscheinlich der Johanneskopf aus
dem Tympanon mit dem Weltenrichter ist.
Über die Bedeutung dieser Funde berichtete