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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 8
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Adam, Leonhard: Die Kunst des alten Amerika und die alte Welt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0278

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so empfindet man sicherlich An-
klänge an Gestalt und Ornamen-
tik chinesischer Bronzen. Ein
Blick auf die Köpfe aus sehr ver-
schiedenen Stammesgebieten und
Zeiten Mexikos, von deren Va-
riationsfülle unsere wenigen Pro-
ben (S. 254) nur eine schwache
Vorstellung übermitteln, offen-
bart Anklänge ebenso anmelane-
sische Masken wie an Physiogno-
mien des Dickbauchbuddha, der
dritte Kopf aus glasiertem Ton so-
gar, wenn man will, an Etruski-
sches. Aber man hüte sich, diesen
Beobachtungen andere Bedeu-
tung beizumessen als die eines
ganz persönlichen Ähnlichkeits-
eindrucks! Wenn wirklich, wie
Otto Jaekel in seinem Aufsatze
»Das Problem der chinesischen
Kunstentwicklung«, einer an
kühnen Hypothesen reichen Ar-
beit, es für möglich hält, zur
T’angzeit einmal ein mexikani-
sches figürliches Gefäß nach
China gelangt und dort in Bronze
kopiert worden sein sollte, so
würde doch, wie Jaekel selbst
sagt, nur ein Einzelfall vorliegen.
Bei dem heutigen Stande der Forschung müssen wir mit Seler und Dieseldorff da-
von ausgehen, daß Amerika und Asien wenigstens die Zeit ihrer hohen Entwick-
lung im ganzen selbständig durchgemacht haben. Alle Momente, die für das
Gegenteil sprechen, sind erst Einzelheiten, die das Bild in sich geschlossener,
aus Rasse und Umwelt bedingter Eigenkultur noch nicht verwischen können.
Mit Unrecht hat man mir in der Kunstpresse einmal vorgeworfen, daß ich die
Stilvergleichung für nichts achtete. Die Stilvergleichung allein allerdings kann
tatsächliche Zusammenhänge niemals herausstellen, sie muß immer parallel
laufen mit der Vergleichung der gesamten geistigen und materiellen Kulturen.
Heute aber z. B. aus der Ähnlichkeit des chinesischen Drachens mit drachen-
artigen Schlangendarstellungen in Mexiko oder mit dem sogenannten Schlangen-
dämon auf den Nascagefäßen aus Peru allein Schlüsse auf Zusammenhänge
ziehen zu wollen, wäre gewagt und verfrüht. Und wäre wirklich das Urbild
des mexikanischen »Drachens« chinesisch — was ich nicht annehme —, so
blieben doch die amerikanischen Kunstwerke in noch viel höherem Maße
amerikanisch als etwa der japanische Buddha japanisch ist, wenn auch sein
Urbild aus dem hellenistischen Gandhära stammt.


Tzapotekisches Gefäß Höhe ca. 40 cm. Ton
Berlin, Museum IV Ca 11 158

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