Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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St. Pozzi
Ans der Zeichnungen-Sammlung der Kunst-
akademie in Düsseldorf
i'ernde Tätigkeit ihres Konservators, des Pro-
fessors Andreas Müller, der sein eigenes Ate-
lier mit seinen Werken preisgab, gerettet. Mit
Hilfe einer Anzahl von jungen Malern ge-
lang es ihm, die Skizzen der alten Meister vor
den Flammen zu bewahren. Die Sammlung
wurde jetzt provisorisch in einem vom Brande
verschonten Ecksaal der Akademie unterge-
bracht bis zum Neubau der Kunstakademie,
der im Jahre 187g eingeweiht wurde, liier
ruht die Sammlung nun im Kupferstichkabi-
nett seit beinahe einem halben Jahrhundert in
Frieden, leider einem viel zu großen Frieden.
Nach zahlreichen interessanten Neuerwerbun-
gen im 19. Jahrhundert, vor allem unter ihrem
langen und sachkundigen Leiter Andreas Mül-
ler, ist ein Teil der Sammlung im Jahre i883
im Auftrag des Ministeriums für geistliche,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten im
„Repertorium der Kunstsammlungen der
Kunstakademie Düsseldorf“ von ihrem Kon-
servator Theodor Lewin wissenschaftlich nach
dem damaligen, etwas einseitigen Standpunkt
der Forschung und allzu summarisch katalo-
gisiert worden.
Dann lag die Sammlung wieder einige Jahr-
zehnte unberührt, bis die Kunstakademie im
Jahre 1919 anläßlich ihres 100 jährigen Ju-
biläums der Neugründung eine Ausstellung
von Gemälden, Plastiken und auch Handzeich-
nungen alter Meister aus ihrem Besitz mit
teilweise bisher völlig unbekannten Original-
arbeiten von Raffael, G. Romano, A. de!
Sarto, Altdorfer, Rrueghel, Rubens, Jordaens,
Van Dijck, Rembrandt, veranstaltete. Die Aus-
stellung wurde eine große kunsthistorische
Überraschung.
Was enthält diese Sammlung von weit über
iSooo Zeichnungen denn für Schätze? In
überwiegendem Maße natürlich, als Nachlaß
eines italienischen Barockmalers, Zeichnun-
gen aus dem Italien des 16., 17. und Anfang
des 18. Jahrhunderts in tausenden von Stük-
ken. Sehr gutes Material, das noch vollkom-
men unbearbeitet ist, liegt hier in den Schub-
laden, darunter zahlreiche interessante Ent-
würfe für italienische Altarbilder, Wand-und
Tafelmalereien. Viel ließe sich hier noch her-
ausholen bei einer Sichtung. Aber leider ist
dieses Gebiet in Deutschland noch so unbe-
ackert, es fehlen gänzlich die grundlegenden
Werke und Publikationen von Handzeichnun-
gen aus dieser Zeit zur Stilanalyse und Ver-
gleichen. Hermann Voß ist wohl der einzige
Sachkenner auf diesem Gebiet bei uns1. Au-
1 Hermann Voss, Die Malerei des Barock in Rom.
P. F. Mola
Aus der Zeichnungen-Sammlung- der Kunst-
akademie in Düsseldorf
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