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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 9
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Sammler und Markt
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H. Daumier Une annonce de saltimbanques. Aquarellierte Zeichnung
Kat.-Nr. 74 der Versteigerung der Collection Paul Bureau am 20. Mai bei Georges Petit, Paris

wie konnten notable Zeitgenossen Daumiers
ihn vor allem als michelangelesk empfinden?
Als Daubigny die Sixtina betrat, sagte er an-
gesichts dieser gemalten Plastik: „Das sieht aus
wie von Daumier.“ Und Balzac meinte: „Der
Kerl hat etwas von Michelangelo unter der
Haut.“ Wahrscheinlich meinten sie damit weni-
ger den Wurf als das Torsohafte seiner Werke.
Erst mußte dieses Bleigewicht von Daumiers
Namen fallen, damit er in die Äonen eingehe.
In der Zeit, da alles um ihn still war, zwischen
1880 und 1900, arbeiteten, ohne daß sie es
wußten, die Impressionisten für ihn. Seine ab-
kürzende Handschrift wurde zum adäquaten
Ausdruck seiner Impulse; man nahm nicht
mehr an dem Fragmentarischen seiner Werke
Anstoß sondern lernte das Synthetische seiner
Vision und Raumbehandlung erkennen. Als
dann Klossowskis Buch Daumier auf einen
ersten Platz stellte, drohte ihm noch einmal
Gefahr. Es war die Zeit, wo stark mit mo-
numental identifiziert wurde, — bis der Krieg
diese gigantisierende versteinernde Ästhetik
mit fortschwemmte. Nun ist es, wenn schon
ein großer Name der Vergangenheit auf die
Lippen muß, eher Rembrandt als Michelan-
gelo, eher ein Künstler, der in Licht und
Farbe wurzelt, der bewegte Menschlichkeit
nicht heroische Ruhe darstellt. Albert Dreyfus

MAIVERSTEIGERUNGEN BEI P.CASSIRER
IN BERLIN
Von den Auktionen, die Cassirer vorbereitet,
sei vor allem die Ostasiensammlung
Walter Bondy hervorgehoben, die am 18.
und ig. Mai die Hand wechseln wird. Bondy
beschränkte seine Sammeltätigkeit auf wenige
Gebiete, diese aber hat er mit hervorragender
Sachkenntnis bearbeitet. Besonders handelt es
sich um Keramik in jeglicher Gestalt. Nie-
mals ist vorher in Deutschland eine Samm-
lung von Erzeugnissen des Zeitalters der
T’ang, Sung und Yüan in so erlesenen Wer-
ken zum Verkauf gestellt worden. Aus der
Prae-T’ang- und T’ang-Zeit finden wir Toten-
statuen von seltener Qualität: zwei Tcmpcl-
wächter ganz naturalistisch, drei Tänzerinnen
und besonders ein glasiertes, gesatteltes Ka-
mel, den Kopf zum Schreien erhoben, von
einem Treiber geführt. Die Gefäßkeramik der
T’ang-Zeit weist zwanzig Stücke auf. Aus der
Sung-Zcit sehen wir mehr als zwanzig Ying-
ching-Töpfereien mit leuchtenden Glasuren.
In zehn Beispielen ist der Temmokutyp vertre-
ten. Von den Erzeugnissen der Ch’ün-chou
enthält die Sammlung solche mit jener blauen
Glasur, die die Franzosen Claire de lune nen-
nen. In wahrhaft lückenloser Weise gibt die
Kollektion eine Übersicht über die chinesische

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