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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 14
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Gold, Alfred: Französische Bilder und deutsche Expertisen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0462

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Richard Seewald (Köln) Girgenti
Neuerwerbung der Neuzeitlichen Galerie im Museum Wallraf-Richartz

Beispiele, als daß man sie einzeln anführen müßte. Hier konnte es noch kürz-
lich yorkommen, daß in einer der größten Kunsthandlungen die führende
Persönlichkeit zu uns sagte — wir waren eine kleine bunte Gesellschaft mit
Franzosen und Engländern—: »Wir Deutschen haben die besten Experten
für alte Kunst, aber wir haben keine für moderne!« Das war nicht etwa nur
eine Malice — als solche wäre sie sehr ungerecht gewesen! Es kann sich ja
wirklich nicht darum handeln, einzelne Persönlichkeiten bloßstellen zu wollen,
wo es um Prinzipien geht. Jener Stoßseufzer war vielmehr bitterlich ernst
gemeint. Einer der Franzosen aber erwiderte der bekümmerten Seele liebens-
würdig und gleichsam tröstend: »Wozu Experten? Sie handeln doch nicht mit
zweifelhaften Bildern? !« — Die ganze Kluft zwischen zwei entgegengesetzten
Standpunkten tat sich da mit einem Schlage auf.
Die Franzosen verstehen die deutsche Form der Expertisen dann natürlich am
wenigsten, wenn von Bildern der neueren französischen Meister die Rede ist 5
ich glaube, aus verschiedenen Gründen. Sie begreifen es zunächst nicht, daß
man die ganze Sorge um Echt oder Unecht in der Kunst einer einzigen Per-
sönlichkeit oder selbst mehreren auserwählten Personen überläßt, die dafür ge-
wissermaßen die alleinige Verantwortung und Autorität übernehmen sollen.
In Paris ist man zu wenig autoritätsgläubig, zu skeptisch, wohl auch zu wenig
auf Organisation eingestellt, um das zu können. Dazu kommt zweitens die
schon gekennzeichnete französische Abneigung gegen stilkritische Zuschrei-
bungen ^ man ist namentlich, wenn es sich um die Malerei handelt, der.en Zeit-

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