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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 14
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Gold, Alfred: Französische Bilder und deutsche Expertisen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0466

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wesentlichen, und mit Recht, Klossowski in seinem grundlegenden Buche be-
schränkt. Wer will es danach wagen, das malerische Oeuvre Daumiers »stil-
kritisch« zu erweitern? Die Franzosen kaum; einer ihrer besten Kenner sagte
mir: »Niemals würde ich einem Bild von Daumier trauen, wenn ich nicht
seine Geschichte von A bis Z kenne!« Unsere deutschen Kunstforscher sind
mutiger. Einer von ihnen, ein angesehener und zweifellos sehr fleißiger Ge-
lehrter, der jetzt einen neuen Daumier-Katalog vorbereitet, scheut sich nicht,
vierzig oder fünfzig »neue Zuschreibungen« anzukündigen, die ihm geglückt
seien! Darüber nun weiß ich ein Liedchen zu singen. Über eines dieser Bilder,
die er gerettet zu haben glaubt, diskutierte ich kürzlich mit dem Herrn. Ich
war skeptisch, und da rief er denn aus — als letzten Trumpf: »Was wollen
Sie! Das Bild ist mindestens dreißig Jahre alt; wer hatte damals ein Interesse
daran, Daumier zu fälschen? !« — Wer anders könnte so etwas sagen als je-
mand, der keine Ahnung von der Pariser Praxis hat! In Paris weiß man es,
auch ohne ein Gelehrter zu sein, daß es nicht nur unzählige Daumier-
Fälschungen gibt, die dreißig oder sogar fünfzig Jahre alt aussehen, sondern
daß tatsächlich auch schon zu jener Zeit Daumier gefälscht wurde! Verstehe
das, wer kann! Es kommt hier nicht darauf an, Mystifikationen aufzuklären,
denen übrigens gerade Frankreich ein besonders günstiges Terrain bietet, son-
dern: vorsichtig zu sein! Und um Vorsicht möchte man in allen derartigen
Fällen unsere Experten ebensosehr bitten wie unsere Kunsthändler und Auk-
tionsleiter . . . Denn es muß ja doch wohl nicht so sein, daß man etwa in
Frankfurt a. M., also ebenso nahe von Paris wie von Berlin, eine französische
Phantasiesammlung von Bildern ausbieten sieht, die alle von Deutschen ex-
pertisiert wurden und — fast. — alle falsch sind . . .!


Charles Frangois Daubigny Baumblüte
Neuerwerbung der neuzeitlichen Galerie im Museum Wallraf-Richartz

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