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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 17
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Salmony, Alfred: Ostasiatische Kunst am Berliner Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0561

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doppelten Lesung, offenbar,
um den zauberhaften Cha-
rakter des Symbols zu betonen.
Die bekannten alten Gefäße
in chinesischem Privatbesitz
gehen mit dem Stück der
Kunsthandlung Dr. Burchard
zusammen. Das Kennzeichen
der frühen Epoche pflegt das
Fehlen jeder naturalistischen
Beziehung im Tierkopf, seine
Verundeut 1 ichungdurch Wie-
derholung und abgekürzte
Ausschreibung der Einzel-
heiten zu sein. Die Patina ist
die eines Grabfundes, hell, in
allen Farben spielend und so
rauh in die Oberfläche ein-
gefressen, daß man Lagerung
in feuchtem Boden oder im
Wasser vermuten darf.
Abb. 2 zeigt eine zweite Mög-
lichkeit der chinesischen Pa-
tina. Die ganze Oberfläche
wird von einer weichen, glat-
ten, honigbraunen Schicht
überzogen, in welche sich
die Einlagen aus Malachit und Silberfäden harmonisch einbetten. Das Stück
kommt also sicher nicht aus der Erde. Vielleicht verdankt es den Beginn
O
seines herrlichen Erdrostes einem beabsichtigten, auf alte Zeit zurückgehen-
den Färbungsprozeß. Im Gegensatz zur lastenden gebauten Formung der ersten
Bronze entspricht die Umrißführung der zweiten im völlig veränderten Kunst-
gefühl dem der Epoche um Beginn unserer Zeitrechnung. Das Gefäß dient zur
Aufbewahrung von Flüssigkeit, der Typus mit den seitlich angebrachten Griffen
in Tierköpfen (in der Abbildung kaum zu erkennen) heißt chinesisch Hu. Er
gehört einer Zeit an, die im Bronzegefäß nicht mehr das kultische Denkmal
sah und die alte Monumentalität langsam zum immer noch kräftigen Gebrauchs-
gerät abklingen ließ.
Die Beschläge in Form von Tieren oder Tierkämpfen aus Edelmetall oder Bronze
lassen sich nur bedingt der chinesischen Kunst zurechnen. Ähnliche Dinge
findet man in dem ganzen Steppengürtel, der von Südrußland und der Ostküste
des Schwarzen Meeres bis zum Golf von Tschili reicht, fn die Kunstgeschichte
und in den Handel hat man sie unter dem unzureichenden Namen der»Skythen-
kunst« eingeführt. »Nomadenkunst« wäre richtiger. Daß sich solche Metall-
arbeiten auf chinesischem Boden gefunden haben und der Archäologie seit mehr
als 100 Jahren bekannt sind, braucht nicht zu verwundern. Nomadenstämme
haben die chinesischen Nordprovinzen immer wieder überflutet und das chine-

Abb. 2. Gefäß. China. Um Beginn unserer Zeit-
rechnung. Bronze mit Einlagen Höhe 28 cm

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