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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 18
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Kunst-Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0611

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dem bei solcher Arbeit die großartige Pracht
dieser Kultur aufging, die letztes mittelalter-
liches Rittertum widerspiegelt. Man möchte
dem Verfasser so gern noch einen Bruchteil
Friedländerscher Kennerschaft auf dem hier
oft berührten kunstgeschichtlichen Gebiet
wünschen, wie anders wäre dann die Ernte
geworden!
Aber um das Kind beim rechten Namen zu
nennen: Cartellieris Werk ist gerade für den
Kunsthistoriker wichtig, eine unentbehrliche
Ergänzung im Hinblick auf die politische Ge-
schichte und das allgemeinere kulturelle Milieu,
das in dieser Darstellung nicht mehr zu mis-
sende Streiflichter auch über das künstlerische
Schaffen der Zeit wirft. Man versteht beim
Lesen wie von ungefähr, wie diese Zeit sich
ihren künstlerischen Ausdruck formte, warum
er so und nicht anders war, wie die histori-
schen Begebenheiten selbst auf das Schaffen
im Ganzen und die einzelne Künstlerpersön-
lichkeit zurückwirkten und daß ohne die
Energie von obenher sich niemals der Glanz
und die Manifestation künstlerischen Wirkens

von unten herauf hätten entfallen können.
Ans allen Mosaiken, die dieser kluge Histori-
ker in lebendiger Sprache zusammenträgt, er-
steht zum Schluß, wenn man nämlich das Ge-
lesene zurück denkt, doch die Totalität eines
Zeitgemäldes, das immer wieder in den Bann
zwingt.
Es ist eine der großartigsten Epochen mittel-
alterlicher Geschichte, die Carteliieri in sei-
nem Buche erschließt. Beinahe neidvoll er-
leben wir mit ihm ein Zeitgeschehen, dem
noch die Universalität einer ethischen Welt-
anschauung eigen war, die Menschliches nicht
als Unnatur verdammte und die doch voll des
Drangeis zum Göttlichen war: Hintergrund
für die höchste Entfaltung künstlerischer
Kräfte, wie sie diese burgundische Kunst
preisgibl. Im Ganzen ein wundervolles Buch,
das den ernsthaften Kunstfreund nicht warm
genug empfohlen werden kann, zumal es
auch prächtige bildliche Wiedergaben ent-
hält, die, klug gewählt, die Darstellung des
Historikers Zug um Zug an den Dokumenten
der Kunstgeschichte erhärten. Biermann


Irma Stern Zwei Zulu-Frauen (Kohle). 1935
Aus »Junge Kunst«. Bd. 51 (Verlag Klinkhardt & Biermann. Leipzig)

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