Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
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Heft 23
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Alexander Zschokke Bildnis Ludwig Justi. Bronze
Ausgestellt im Danziger Museum
Strauch, Wiese und Quell, wie die bunte Blu-
me, die eine strahlende Sonne mütterlich be-
scheint. Keine Erkenntnis irdischer Unzuläng-
lichkeit, kein Zweifel am Ich, an Gott und
Aufgabe trübt die Heiterkeit dieser Ge-
schöpfe, deren Seelen ruhig und klar sind wie
das blaue Meer an südlichen Gestaden oder die
Seen mittäglichen Landes, in denen nur Pan
und Nymphe die glatten Leiber spiegeln. Ganz
sind Mensch und Natur verbunden im selbst-
verständlichen Bewußtsein des Vegitativen,
heidnisch-antik und französisch zugleich, seit
Moliere und Poussin, von denen die Entwick-
lung harmonisch und ungestört über Vol-
taire, Rousseau zu Maupassant, Maillol und
Anatole France schreitet: La nature estbonne!
Hier ist eine Kunst ohne Kampf, ohne Krampf,
ohne Konflikt. Goethe hätte sie gewiß wohl
verstanden und sehr geliebt. Kuhn
DANZIG
DEUTSCHE BILDNISKUNST UNSERER ZEIT
Danzigs Lage erlaubt den Kunstfreunden nicht,
häufiger Ausstellungen im Reiche zu besu-
chen. Deshalb ist es von besonderer Wichtig-
keit, daß möglichst oft Sammelausstellungen
aus dem Reich herüberkommen, die einen
Überblick über das Schaffen der heute in
Deutschland führenden Künstler geben. Dan-
zig ist ja auch nach seiner wirtschaftlichen
und politischen Situation durchaus keine Pro-
vinzstadt, zieht vielmehr eine große Schar von
Ausländern in seine Mauern und hat besonders
in seinem Verhältnis zu Polen die Verpflich-
tung, deutsche Kulturwerte, also auch deut-
sche Kunst, in guter Auswahl zu zeigen.
Direktor Mannowsky hat eben eine Porträtaus-
stellung zusammengebracht. Das Überwiegen
der Gemälde (etwa 3o Gemälde, 3o graphi-
sche Arbeiten, io Skulpturen werden gezeigt)
sichert zunächst die Einheitlichkeit als Be-
schränkung auf eine Kunstart. Die Graphik
wirkt als Ergänzung, die Plastik als ange-
nehme Abwechslung.
Die Schau beginnt zeitlich mit dem „Bildnis
Franz Marc“ von Macke (1910), neben das
aus der Vorkriegszeit nur noch das „Bildnis
Scheerbarth“ (1912) von Kokoschka gestellt
ist. Dann folgt ein Selbstbildnis von Lieber-
mann und ein männliches Bildnis von Ileckel
(191g), das Ebert-Bildnis, das Bildnis Her-
bcrt Eulenberg und das Selbstbildnis aus dem
April 192/1 von Corinth, zu denen sich neueste
Arbeiten von Beckmann, Dix, Groß, Herber,
Hofer, Jaeckel, Kanold, Kirsta, Meseck, Neu-
schul, Pechstein, Schlichter, Schrimpf und von
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