Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0798
DOI Heft:
Heft 24
DOI Artikel:Giedion, Sigfried: Die Wohnung: ein Rückblick auf Stuttgart 1927
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0798
daher nicht verwirklicht werden. (Es ist einigermaßen grotesk — beleuchtet
aber die Situation — wenn man bedenkt, daß der Staat für einen gotischen
"Fisch 70000 Franken übrig hat und für die Stuttgarter Ausstellung mit allen
möglichen Wenn und Aber 2000 Franken flüssig machte.)
Wir haben hier keinen Bericht zu geben, keine Aufzählung. Wir haben man-
ches Detail gesehen, das nicht vergessen werden soll: Harmonikaartige Schiebe-
türen in den Häusern von Taut, mattes Spiegelglas und schöne Verschmelzung
mit dem Garten in dem Haus Radings, eine neue, unseren Bedürfnissen ent-
gegenkommende intensive Verbindung von Schlafzimmer, Bad und Sonnen-
balkon im Haus A. Schnecks.
Mit wenigen Ausnahmen -— z. B. Miesblock, Docker, Oud, Schneck — ist die
Ausführung der Unternehmer äußerst deprimierend, am schlimmsten vielleicht
in den Häusern Corbusiers. Es ist klar, daß Leuten, die eine gewissenhafte Aus-
führung gewohnt sind, die Schludereien der Häuser mit Wohlgefallen dem
neuen Bauen zur Last stellten.
Resultat der »Ausstellung« scheint uns zu sein: das neue Bauen wurde zur
legitimen Bewegung, die nicht mehr abzutun ist. Man wird nun dafür sorgen
müssen, daß sie nicht in die Hände von Geschmäcklern abgleitet.
Forderung der Ausstellung aber ist: Jede Stadt muß ihr Versuchsfeld, ihre
Versuchsbauten, ihre Versuchslaboratorien haben. Dies erst führt zum neuen
Bauen. Alle Wege sind offen, denn es ist noch alles zu tun!
F. Millet Der Landmann. Zeichnung
Stiftung- Moreau-N61aton J Photo R. Paul, Paris
770
aber die Situation — wenn man bedenkt, daß der Staat für einen gotischen
"Fisch 70000 Franken übrig hat und für die Stuttgarter Ausstellung mit allen
möglichen Wenn und Aber 2000 Franken flüssig machte.)
Wir haben hier keinen Bericht zu geben, keine Aufzählung. Wir haben man-
ches Detail gesehen, das nicht vergessen werden soll: Harmonikaartige Schiebe-
türen in den Häusern von Taut, mattes Spiegelglas und schöne Verschmelzung
mit dem Garten in dem Haus Radings, eine neue, unseren Bedürfnissen ent-
gegenkommende intensive Verbindung von Schlafzimmer, Bad und Sonnen-
balkon im Haus A. Schnecks.
Mit wenigen Ausnahmen -— z. B. Miesblock, Docker, Oud, Schneck — ist die
Ausführung der Unternehmer äußerst deprimierend, am schlimmsten vielleicht
in den Häusern Corbusiers. Es ist klar, daß Leuten, die eine gewissenhafte Aus-
führung gewohnt sind, die Schludereien der Häuser mit Wohlgefallen dem
neuen Bauen zur Last stellten.
Resultat der »Ausstellung« scheint uns zu sein: das neue Bauen wurde zur
legitimen Bewegung, die nicht mehr abzutun ist. Man wird nun dafür sorgen
müssen, daß sie nicht in die Hände von Geschmäcklern abgleitet.
Forderung der Ausstellung aber ist: Jede Stadt muß ihr Versuchsfeld, ihre
Versuchsbauten, ihre Versuchslaboratorien haben. Dies erst führt zum neuen
Bauen. Alle Wege sind offen, denn es ist noch alles zu tun!
F. Millet Der Landmann. Zeichnung
Stiftung- Moreau-N61aton J Photo R. Paul, Paris
770