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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 24
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0800

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ESSEN
Mehrere Kunstfreunde haben dem Essener
Museum Manets Bildnis „Faure als Ham-
let“ als Leihgabe überwiesen, und es steht zu
hoffen, daß bei der Einweihung des Mu-
seumsneubaus aus dieser Leihgabe eine Stif-
tung wird. Dann nämlich würde dieser Manet
im Gegenüber von Renoirs ,,Lise“ endlich eine
Lücke schließen, die schon der Vorbesitzer
des „Folkwang“ Karl Ernst Osthaus innerhalb
seiner bedeutenden Sammlung von französi-
schen Impressionisten bitter empfunden hatte.
Daß für dieses Manetsche Porträt ein Preis
von ca. 200000 M. gezahlt wurde, enlsprichtder
allgemeinen Bewertung derartiger Bilder, einer-
lei ob deutsch oder französisch, am internatio-
nalen Markt.
Der Essener Museumsdirektor Gosebruch, der
sich um die junge deutsche Kunst, in jahre-
langem Bemühen unzweideutige Verdienste
erworben hat, mußte sich in der Presse maß-
lose Angriffe von Schriftstellern gefallen las-
sen, die offenbar nichts von der Tradition des
Osthausschen Folkwang-Museums wußten. I )ic-
ses vorbildliche Erbe eines der besten Deut-
schen, das Essen seiner Zeit unter glänzenden
Bedingungen von der Stadt Hagen übernahm,
wird in Kürze dem von Prof. Edmund Körner
neu erbauten Essener Museum seinen eigent-
lichen Inhalt geben. In diesem haben dann,
dank der musealen Sammelarbeit Gosebruchs
aus früheren Jahren auch die deutschen Künst-
ler dieser Zeit, die Nolde, Kirchner, Kokosch-
ka, Schmidt-Rottluff eine hervorragende Re-
präsentation. Der französische Impressioni-
stensaal aber wird mit dem neuen Manet sozu-
sagen „geschlossen“ sein. Das Museum als
Ganzes aber wird, was im Wettstreit westlicher
Städte besonders wichtig ist, die Schätze einer
Nachbarstadt wie Köln wesentlich ergänzen, in
dessen Wallraf-Richartz-Museum Leibi und
die klassische deutsche Malerei des 19. Jahr-
hunderts (man denke da auch an die letzte
große IJ. v. Marees-Erwerbung) sozusagen erst-
klassig repräsentiert ist. B
HANNOVER
Das Provinzialmuseum feierte am 10. Okto-
ber 1927 das Jubiläum seines 75 jährigen Be-
stehens. Dieses Fest, das unter reger Beteili-
gung von Fachleuten, u.a. auch des General-
direktors der Berliner Museen, Geheimrat Dr.
Waetzoldt, stattfand, bildete zugleich den Ab-
schluß der Neuordnung der Kunstsammlun-
gen, die in den 45 Sälen des Obergeschosses
vereinigt sind. Diese Neuordnung verdient

höchstes Lob. Wer den früheren Zustand ge-
kannt, der reinen Genuß nicht aufkommen
ließ, wandelt jetzt mit Staunen durch diese
Säle, die in Farbe und Raumgestaltung direkt
zum Versenken in die Kunstschätze einladen.
Als Unikum und sehr interessantes Experi-
ment gibt es in der modernen Abteilung einen
eigenen abstrakten Saal, über den noch zu
sprechen ist. Als nächstes wird im Hauptge-
schoß mit der Einrichtung einer Galerie
Hannoverscher Künstler begonnen,
während im Erdgeschoß die Gipsab-
güsse von den Ägyptern bis zum Mittelalter
in historischer Abfolge aufgestellt werden
sollen.
Im Anschluß an die Jubiläumsfeier tagte der
Deutsche Museumsbund im Vortragssaal des
Museums. n
MÜNCHEN
Wie in allen großen Museumsstädten Euro-
pas, besteht auch in München eine Vereini-
gung von Freunden der staatlichen Sammlun-
gen. Nachdem die Wittelsbacher nicht mehr
regierten, entstand auch für Bayern jener Zu-
stand, in dem das Wohl der Museen wie in
Frankfurt, Hamburg, Bremen auf sich selber
und die Mithilfe wohlhabender Bürgerschaft
gestellt war, wenn die aufgestapelten Schätze
auch in den bestehenden und weiterhin wäh-
renden Jahren der Not noch vermehrt werden
sollten. Selbstverständlich kam auch in Bay-
ern diese Vereinigung durch die Inflation in
Bedrängnis, Um zu zeigen, daß man weiter-
bestehen will, stellt man im Residenzmuseum
die zwischen 1905 und 1:927 getätigten Erwer-
bungen des Vereines aus. Es handelt sich um
4o Werke, die ein dazu erschienener Katalog,
bearbeitet von K. Feuchtmayr, sämtlich abbil-
det. Das Tempo des Kaufens war sehr verschie-
den: Schon 1908 lag die Hälfte der Ankäufe
vor. Babylonische, ägyptische, griechische Ar-
beiten, die herrlichen Elfenbeinreliefs um 970
(zu den Teilen von Berlin, Darmstadt, Liver-
pool, Paris, London gehörend und in der Na-
tionalität noch umstritten), die prachtvolle
burgundische Maria um 1420, die Holzfigur
der hl. Jungfrau von etwa 143o aus dem
Chiemgau, die Katharina aus Ton um i45o
seien genannt. Dazu kommt italienische Re-
naissanceplastik. Von altdeutscher Malerei sei
die Annaselbdritt vom Meister des Bartholo-
mäusaltar und das Schweißtuch um i520 auf-
geführt. Schließlich der historisch nicht un-
wichtige Lastman, Bildnisse von Lawrence
und Busch. Roh

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