Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0070
DOI issue:
Oktober-Heft
DOI article:Eulenberg, Herbert: Anselm Feuerbach: ein Heldengedicht
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10. DAS KONZERT.
(Sein leijfes Werk.)
(Sesfine.)
IE tiefste aller Künste, die Musik
Ergreift als Luft und Geist sich schwer im Bild
Und widerstrebt dem Dasein auf der Erde,
Sie stirbt, wenn sie erklingt den schönsten Tod,
In Wohllaut löst sich ihre zarte Form
Und hinterläht den Schmerz nur um ihr Ende,
Denn nie empfindet man sein wehes Ende
So süb und bitter wie in der Musik,
Sie klärt uns dieses Dasein wie den Tod,
Und sie befreit uns von der kurzen Form,
Die wir erscheinen müssen wie ein Bild,
Das flüchtig wird und schwindet wie die Erde.
Im Kreise dreht sich unser Stern, die Erde
Wie alle Elimmeiskörper, bis zum Tod,
Der ändert nicht das Wesen, nur die Form,
Denn Leben hat nicht Anfang und nicht Ende,
Das ganze Weltall heiljt es, tönt Musik.
O wer begreift dies wundervolle Bild!
Betrachtet euch der Frauen edles Bild,
Wenn es befreit vom rohen Staub der Erde
Zum lichten Himmel aufwallt wie Musik!
Dann seht ihr eine Liebe ohne Ende
Und fürchtet nicht den Weg durch euren Tod,
Er bildet euch zu einer andern Form.
Vor der Geburt besteht schon eure Form,
Sie wächst nun für die Zeit nach eurem Ende
Wie unter eines Malers Hand ein Bild,
Und füllt sich eure Seele mit Musik,
So kehrt ihr schön verwandelt heim zur Erde,
Wie neu geboren grübt euch dann der Tod.
Des Lebens höchstes Rätsel ist der Tod,
Er schlicht den schwarzen Rahmen um das Bild
Und löst in gleicher Weise jede Form,
Wie sie ihr Dasein hatte auf der Erde.
Doch fragst du: „Ist dies wirklich denn das Ende'" ?
So gibt dir niemand Antwort, nur Musik.
Was ist Musik? Der Überschwang der Erde.
Form bindet sie. Ihr Leben ist ihr Tod.
So gibt sie stets ein Bild von unserm Ende.
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(Sein leijfes Werk.)
(Sesfine.)
IE tiefste aller Künste, die Musik
Ergreift als Luft und Geist sich schwer im Bild
Und widerstrebt dem Dasein auf der Erde,
Sie stirbt, wenn sie erklingt den schönsten Tod,
In Wohllaut löst sich ihre zarte Form
Und hinterläht den Schmerz nur um ihr Ende,
Denn nie empfindet man sein wehes Ende
So süb und bitter wie in der Musik,
Sie klärt uns dieses Dasein wie den Tod,
Und sie befreit uns von der kurzen Form,
Die wir erscheinen müssen wie ein Bild,
Das flüchtig wird und schwindet wie die Erde.
Im Kreise dreht sich unser Stern, die Erde
Wie alle Elimmeiskörper, bis zum Tod,
Der ändert nicht das Wesen, nur die Form,
Denn Leben hat nicht Anfang und nicht Ende,
Das ganze Weltall heiljt es, tönt Musik.
O wer begreift dies wundervolle Bild!
Betrachtet euch der Frauen edles Bild,
Wenn es befreit vom rohen Staub der Erde
Zum lichten Himmel aufwallt wie Musik!
Dann seht ihr eine Liebe ohne Ende
Und fürchtet nicht den Weg durch euren Tod,
Er bildet euch zu einer andern Form.
Vor der Geburt besteht schon eure Form,
Sie wächst nun für die Zeit nach eurem Ende
Wie unter eines Malers Hand ein Bild,
Und füllt sich eure Seele mit Musik,
So kehrt ihr schön verwandelt heim zur Erde,
Wie neu geboren grübt euch dann der Tod.
Des Lebens höchstes Rätsel ist der Tod,
Er schlicht den schwarzen Rahmen um das Bild
Und löst in gleicher Weise jede Form,
Wie sie ihr Dasein hatte auf der Erde.
Doch fragst du: „Ist dies wirklich denn das Ende'" ?
So gibt dir niemand Antwort, nur Musik.
Was ist Musik? Der Überschwang der Erde.
Form bindet sie. Ihr Leben ist ihr Tod.
So gibt sie stets ein Bild von unserm Ende.
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