Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0071
DOI Heft:
Oktober-Heft
DOI Artikel:Eulenberg, Herbert: Anselm Feuerbach: ein Heldengedicht
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11. DAS BEGRÄBNIS.
(1880.)
(Canzone.)
UN seht die düstre Bahre
Des armen Malers Reste
Still auf den schwarzen Nachen,
Dab er ihn heimwärts fahre
Zum leisten Erdenfeste,
Das wir aus unsern Toten machen.
Venedigs Löwendrachen
Begrüben ihn bei seinem Scheiden
Wie einen Fürsten, der gestorben,
Der an der Gegenwart verdorben
Gleich der Lagunenstadt nach tiefem Leiden.
Die Fahnen flattern leise
Vom Marcusplah zu seiner Geisterreise.
Im Schlaf ist er verschieden
Von dieser finstern Erde,
„Es geht mir schlimm und schlimmer“.
So fand man ihn in Frieden
Mit bitterer Gebärde
In einem kalten Herbergzimmer.
Die Stirn mit bleichem Schimmer
War auf das blaue Meer gerichtet,
Das schon zu Tizians schönem Tagen
An diese tote Stadt geschlagen,
Ob endlich nicht sein eigner Ruhm sich sichtet.
Da brachen seine Augen,
Zu matt, sich weiter Hoffnung einzusaugen.
Was hat er hinterlassen?
Nur Bilder, schlecht bezahlte,
Schulden und Muttertränen.
Sein Volk wollt er umfassen,
Der immer schuf und malte.
Und Anerkennung war sein Sehnen.
Vergebens Wunsch und Wähnen!
Er muhte stets ums Brot sich sorgen,
Verachtend leere äubre Ehre,
Und Frondienst in der Staatsgaleere,
Litt er die Sdimach, sich bettelnd durchzuborgen.
Ans Kreuz schlug ihn das Leben.
Nun mag er zur Unsterbiidikeit sidr heben.
45
6*
(1880.)
(Canzone.)
UN seht die düstre Bahre
Des armen Malers Reste
Still auf den schwarzen Nachen,
Dab er ihn heimwärts fahre
Zum leisten Erdenfeste,
Das wir aus unsern Toten machen.
Venedigs Löwendrachen
Begrüben ihn bei seinem Scheiden
Wie einen Fürsten, der gestorben,
Der an der Gegenwart verdorben
Gleich der Lagunenstadt nach tiefem Leiden.
Die Fahnen flattern leise
Vom Marcusplah zu seiner Geisterreise.
Im Schlaf ist er verschieden
Von dieser finstern Erde,
„Es geht mir schlimm und schlimmer“.
So fand man ihn in Frieden
Mit bitterer Gebärde
In einem kalten Herbergzimmer.
Die Stirn mit bleichem Schimmer
War auf das blaue Meer gerichtet,
Das schon zu Tizians schönem Tagen
An diese tote Stadt geschlagen,
Ob endlich nicht sein eigner Ruhm sich sichtet.
Da brachen seine Augen,
Zu matt, sich weiter Hoffnung einzusaugen.
Was hat er hinterlassen?
Nur Bilder, schlecht bezahlte,
Schulden und Muttertränen.
Sein Volk wollt er umfassen,
Der immer schuf und malte.
Und Anerkennung war sein Sehnen.
Vergebens Wunsch und Wähnen!
Er muhte stets ums Brot sich sorgen,
Verachtend leere äubre Ehre,
Und Frondienst in der Staatsgaleere,
Litt er die Sdimach, sich bettelnd durchzuborgen.
Ans Kreuz schlug ihn das Leben.
Nun mag er zur Unsterbiidikeit sidr heben.
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