Opposition und Verlegenheit. Ein -ismus sagt
selten darüber aus, wie etwas aussieht, wie
etwas klingt, wie etwas tut. Ein -ismus ver-
allgemeinert nur einen Begriff zu einer geistigen
Richtung, eine psydiisdie Empfindung zu einer
Weltansdiauungs - Methode. Expressionismus
sagt dem Maler, dem Dichter, dem Musiker
nidit einen Deut zu seinem Werk. Er spridit
zur Seele: Sei Expression! — das Werk, die
Kunst mag aussehen wie sie will. Er spridit:
Ich will alles, nur nidit Impressionismus sein! —
das Werk, die Kunst mag werden, wie es
kommt und fällt. Er spridit: Ich bin ein streit-
bares Programm gegen den Ungeist. Mein
Programm enthält den Geist. Schreit ihn aus,
und werbet für die neue Windriditung. Pufft
die Nasen und sdmuppert nadi Geistesatem.
Sofern ihr aber Künstler heißet, so malt das
innere Gesidit, so diditet das Unsagbare, so
musiziert Gespenstersonaten, Eure Kunst ist
Realisierung der Irrealität1, der Abstraktheit,
der Gedaditheit, der Programmlidikeit — eure
Kunst sei -ismus . . . .!
So sagt das Sdilagwort in seiner erhifften
Ubertriebenheff und ersdirickt nidit, wenn ihm
das Denk-Skelett der Kunst im konsequenten
Kubismus entgegenklapperf, oder als toferstarrte
Kinobewegung im Futurismus das Wunder vom
gleidizeitigen Nadieinander erscheint. Man sagt
dann: der Geist ist das erste, die Kunst ist
ihm untertan. Man muff es mit Gelassenheit
erdulden, wenn die Expression behauptet: Idi
bin eine sdiwarze Negerknabenseele: meine
Erotik ist von zinnoberroter Primitivität; meine
Kinderfinger zeichnen eudi den Vifflipuffli. Der
Vifflipuffli — wer dürfte zweifeln, nachdem ich
ihn aus heiffestem Gemüte ausgefobf! — der
Vifflipuffli ist das All. Denn mein Ich denkt
das All. . . Viffli . . . Gott . . . spiritus sanctus.
So gelangen oft Kubus, Kino und Göffe durdi
die Irrwege der Gehirnwindungen zu einer Ver-
flüchtigung und damit zum -ismus.
Der Weg der Vergeistigung läuft etwa über
Seele, Chaos, Kosmos, All, Gott, Geist. Dabei
wird Seele geistig und der Geist seelisch ge-
nommen, ganz wie es kommt. Im Chaos wird
der Kosmos erkannt und im Kosmos das
Chaos — irgendwo wird der berühmte tanzende
Stern Friedridi Nieffsdies sdion aufraketen. Es
ist ganz einfadi. Die ungeübten Denker braudien
zur Klärung ihrer Kunst nidit „Kolorit“, nidit
„Form“, nidit „Lidit“, nidit „Linie“ — nur
„Rhythmik“ oder „Dynamik“ oder „Musikalität“,
Sie malen oder stammeln das Chaos mit will-
kiirlidiem Pinsel oder stockender Feder, der Geist
wird sidi doch magisdi melden. Denn er verlangt
nidit Darstellung, er verlangt „nur“ das Symbol.
„Moderne“ Kunst sei symbolisdi! — wer nicht
darstollen kann, nennt sein Gckriffel symbolisdi;
wer nicht zu Ende denken kann, nennt seine
sdiwadie Aphoristik Wortsymbolik. Gewiff,
Symbol ist aller Kunst lefftes Ausdrucksziel —
aber nicht als Entsdiuldigung für den Versager
am Werk, der weder zur gestaltenden Vision
nodi zur denkerisdien Logik befähigt ist. Der
sidi aus purer Verlegenheit im alten Christentum
„legendäre“ Inhalte holt und sein seelisches
Anlehnungsbedürfnis am heiligen Kreuze stillt.
Der das ganze Wirrsal seines Kopfes und seiner
impotenten Phantasie mit „Mystik“ interessant
madit, der ahnungslos vor der wahren llnio
mystica — der Vereinigung der Seele mit dem
Allgeist — in dem Geheimakt eines „Mysteriums“
einen Gespensterulk über sein „transzendentales“
Thema spielen läfft.
Denn alles, was diese Programmkunst ge-
staltet, ist ja audi „transzendental“. Es klingt
so musikalisch, so jenseitig von Chaos und
Kosmos. Es tönt wie von Immanuel Kant
und muff daher enorm tief sein. Und doch
müffte das, was diese verbredierischen Termini-
fedmiker als das „Jenseits al ler Erfahrung
Liegende“ bezeichnen wollen, das Transzendente
heiffen. Kant läfft seiner nicht spotten — aber
das transzendental lag wohl dem sinnlichen
Ohre näher als dem verstehenden „Geist“.
Aber es heifft ja auch genial, es heifft irreal
— und sind wir Philologen? Wenn ihris nicht
fühlt, ihr werdet’s nidit erjagen! Unsere Kunst
ist nidit Philosophie und Logik, sondern —
Logos. Auch ein beliebtes Wort! Man weiff
die Vielbedeutung des Wortes aus dem Johannes-
Evangelium. Wort und Tat und Geist und
Form und Kraft — es reimt beinahe mit Chaos
und mit Kosmos und gipfelt endlich fromm im
logos crucifixus. Logos — hier erledigt
selten darüber aus, wie etwas aussieht, wie
etwas klingt, wie etwas tut. Ein -ismus ver-
allgemeinert nur einen Begriff zu einer geistigen
Richtung, eine psydiisdie Empfindung zu einer
Weltansdiauungs - Methode. Expressionismus
sagt dem Maler, dem Dichter, dem Musiker
nidit einen Deut zu seinem Werk. Er spridit
zur Seele: Sei Expression! — das Werk, die
Kunst mag aussehen wie sie will. Er spridit:
Ich will alles, nur nidit Impressionismus sein! —
das Werk, die Kunst mag werden, wie es
kommt und fällt. Er spridit: Ich bin ein streit-
bares Programm gegen den Ungeist. Mein
Programm enthält den Geist. Schreit ihn aus,
und werbet für die neue Windriditung. Pufft
die Nasen und sdmuppert nadi Geistesatem.
Sofern ihr aber Künstler heißet, so malt das
innere Gesidit, so diditet das Unsagbare, so
musiziert Gespenstersonaten, Eure Kunst ist
Realisierung der Irrealität1, der Abstraktheit,
der Gedaditheit, der Programmlidikeit — eure
Kunst sei -ismus . . . .!
So sagt das Sdilagwort in seiner erhifften
Ubertriebenheff und ersdirickt nidit, wenn ihm
das Denk-Skelett der Kunst im konsequenten
Kubismus entgegenklapperf, oder als toferstarrte
Kinobewegung im Futurismus das Wunder vom
gleidizeitigen Nadieinander erscheint. Man sagt
dann: der Geist ist das erste, die Kunst ist
ihm untertan. Man muff es mit Gelassenheit
erdulden, wenn die Expression behauptet: Idi
bin eine sdiwarze Negerknabenseele: meine
Erotik ist von zinnoberroter Primitivität; meine
Kinderfinger zeichnen eudi den Vifflipuffli. Der
Vifflipuffli — wer dürfte zweifeln, nachdem ich
ihn aus heiffestem Gemüte ausgefobf! — der
Vifflipuffli ist das All. Denn mein Ich denkt
das All. . . Viffli . . . Gott . . . spiritus sanctus.
So gelangen oft Kubus, Kino und Göffe durdi
die Irrwege der Gehirnwindungen zu einer Ver-
flüchtigung und damit zum -ismus.
Der Weg der Vergeistigung läuft etwa über
Seele, Chaos, Kosmos, All, Gott, Geist. Dabei
wird Seele geistig und der Geist seelisch ge-
nommen, ganz wie es kommt. Im Chaos wird
der Kosmos erkannt und im Kosmos das
Chaos — irgendwo wird der berühmte tanzende
Stern Friedridi Nieffsdies sdion aufraketen. Es
ist ganz einfadi. Die ungeübten Denker braudien
zur Klärung ihrer Kunst nidit „Kolorit“, nidit
„Form“, nidit „Lidit“, nidit „Linie“ — nur
„Rhythmik“ oder „Dynamik“ oder „Musikalität“,
Sie malen oder stammeln das Chaos mit will-
kiirlidiem Pinsel oder stockender Feder, der Geist
wird sidi doch magisdi melden. Denn er verlangt
nidit Darstellung, er verlangt „nur“ das Symbol.
„Moderne“ Kunst sei symbolisdi! — wer nicht
darstollen kann, nennt sein Gckriffel symbolisdi;
wer nicht zu Ende denken kann, nennt seine
sdiwadie Aphoristik Wortsymbolik. Gewiff,
Symbol ist aller Kunst lefftes Ausdrucksziel —
aber nicht als Entsdiuldigung für den Versager
am Werk, der weder zur gestaltenden Vision
nodi zur denkerisdien Logik befähigt ist. Der
sidi aus purer Verlegenheit im alten Christentum
„legendäre“ Inhalte holt und sein seelisches
Anlehnungsbedürfnis am heiligen Kreuze stillt.
Der das ganze Wirrsal seines Kopfes und seiner
impotenten Phantasie mit „Mystik“ interessant
madit, der ahnungslos vor der wahren llnio
mystica — der Vereinigung der Seele mit dem
Allgeist — in dem Geheimakt eines „Mysteriums“
einen Gespensterulk über sein „transzendentales“
Thema spielen läfft.
Denn alles, was diese Programmkunst ge-
staltet, ist ja audi „transzendental“. Es klingt
so musikalisch, so jenseitig von Chaos und
Kosmos. Es tönt wie von Immanuel Kant
und muff daher enorm tief sein. Und doch
müffte das, was diese verbredierischen Termini-
fedmiker als das „Jenseits al ler Erfahrung
Liegende“ bezeichnen wollen, das Transzendente
heiffen. Kant läfft seiner nicht spotten — aber
das transzendental lag wohl dem sinnlichen
Ohre näher als dem verstehenden „Geist“.
Aber es heifft ja auch genial, es heifft irreal
— und sind wir Philologen? Wenn ihris nicht
fühlt, ihr werdet’s nidit erjagen! Unsere Kunst
ist nidit Philosophie und Logik, sondern —
Logos. Auch ein beliebtes Wort! Man weiff
die Vielbedeutung des Wortes aus dem Johannes-
Evangelium. Wort und Tat und Geist und
Form und Kraft — es reimt beinahe mit Chaos
und mit Kosmos und gipfelt endlich fromm im
logos crucifixus. Logos — hier erledigt