Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur (1.1919/1920)

heute gefordert wird, wird von Fall zu Fall für den einzelnen Blaublock, der ja individuelle Ab-
messungen und infolge seiner Lage ganz individuelle Behandlung verlangt, geprüft und bestimmt.
Man denkt hier an Gesamtbebauung, Freiflächen, Geschoßzahl, Traufhöhen, Fenstergrößen im
Rahmen der einheitlichen Gesamfardritektur usw. Bei Neubauten in alten Blödes ist das Problem
sdrwieriger, aber audr da läßt sich von vornherein durdi eine weitsidrtige Bebauungspolitik manches
bessern, wenn auch nur langsam. Vor allem läßt sich audr hier der Eigenbrödelei ein wirksamer
Riegel vorsdricben.
Die Stadt Stuttgart hat bei der kommenden Bebauung am neuen Bahnhof den ersten sdüichternen
Versuch gemacht, durdr Fassadenschemas die einheitliche Bebauung in etwa zu sichern. (Im Juli
1919 hat Stuttgart eine Ortsbausaßung in Kraft geseßt, die für verschiedene Straßen ein
„künstlerisches“, eindrucksvolles Gesamtbild in Baustoff, Form und Farben fordert und zur
Durdrführung dieser Forderung sidr eines sadrverständigen Beirats von fünf Mitgliedern, worunter
drei Ardritekten sein müssen, versichert, der vor der Entsdreidung über ein Baugesuch gutadrtlidr
zu hören ist, aber — kein Vetorecht hat. In Düsseldorf wirkte seit sechs Jahren die „Fassaden-
kommission“ als Beirat, ebenfalls ohne Veforedit und vollkommen ergebnislos, sie konnte die um
sidr greifende Verwüstung nidrt hindern. Somit müssen über den Rahmen der Stuttgarter Saßung
hinaus weitergehende Bestimmungen geschaffen werden, die den gesamten „Baukubus“, also
audr die hintere Fludrtlinie und somit logisdrer Weise den Grundriß erfassen, und nicht nur die
trügerische äußere Haut. Da hilft leßten Endes nur die Erzwingung eines praktischen Bau-
gemeinsinns. Auftakt hierzu ist die Aufstellung von Gesamtblockentwürfen, wie sie der sehr
feinsinnige Baurat Muesnrann, Stuttgart, für das Gebiet der Rotenwaldstraße und des neuen


Abbildung 4 Phot. Söhn, Düsseldorf

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