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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0452

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Oppenheimers ist ein Geschenk des Herrn Seligmann,
der »Mann mit Krug« von Hagemann, ein Bild in
Leiblsdrer Malart, kostete 600 Mark, die »Malloqui-
nisdre Landschaft« von Georg Kars 500 Mark, Batos
»Hafen« sogar nur 300 Mark. Lächerlich, nicht wahr?
Aber es kommt noch besser. Einen Der ain, die »Häuser
im 1 al«, hat Hagelstange nodr für 1500 Mark erstanden,
Vlamincks wundervolle »Brücke in Chäton« für 500
Mark, den »Waldweg« für 400 Mark. Und man
wird zugeben, daß 500 Mark für ein »Stilleben« von
Pech st ein ein wirklidrer Spottpreis sind und daß die
Summe von 390 Mark für das »Pferd« von Franz
Marc geradezu unglaublich klingt. Zum Schluß noch:
eine der eigenartigsten und froß einer gewissen Un-
fertigkeit (im Künstlerischen) dennodr köstlichsten Bilder
von Oskar Kokoschka, die frühe Sdiweizer Land-
schaft vom Jahre 1908 »Dent du midi«, ein Stück,
das heute schon als wahre Seltenheit gelten kann und
bereits vor der heutigen Geldentwertung den zehnfachen
Wert darstellfe, erwarb er für sage und schreibe
1800 Mark!
Die Internierung dieser Tafeln hinter dem Stachel-
draht des Amtszimmers bedarf keines weiteren Kom-
mentars. Der Fall spridrt eindeutig genug. Aber wann
endlich befreit man die Werke aus dem öden Verlies?
Audi das ist ehre Museumfrage. Und nicht die un-
wichtigste. Dr. Carl Pueßfeld.
Cölnische Volkskunst. In den Monaten Dezem-
ber und Januar fand im Lidrfhof des Städtischen
Kunstgewerbemuseums eine Ausstellung für
das werktätige Volk statt. Die Anregung dazu
ging von der „Gruppe für geistige Arbeit innerhalb der
sozial-denrokratisdren Partei“ aus. Der Ausschuß, der
sich aus Mitgliedern des Arbeiterbildungsausschusses und
der Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler, Cöln, zu-
sammenseßfe, vermochte troß der kurzen Vorbereitungs-
zeit eine große Anzahl Kunstwerke von einem redit
guten Gesamtniveau zusammenzubringen, die die ver-
schiedensten Richtungen innerhalb der Cölner Künstler-
sdraft, vom bravsten Vorimpressionismus bis zum
Dadaismus, vor Augen führte. Besonderer Wert war
darauf gelegt, viele und gute graphische Arbeiten zu
bringen. Durch besondere Preise für Minderbemittelte
suchte man den Arbeitern den Erwerb der Kunst-
werke zu erleidrtern. Man begegnete auch vielfadi
dem ernsten Willen zum Verständnis in diesen Kreisen;
dodi waren sie schließlich an den Verkäufen so gut
wie garnichf beteiligt. Daran waren vielleicht nidit
ganz unschuldig die Besprechungen der Ausstellung
und der mit ihr verbundenen Vorträge in der Lokal-
presse, die mehr als notwendig Parteifragen mit
künstlerischen vermischte und breittrat, und die ihre

feindliche Stellung zur neuen Kunst vom Expressio-
nismus an in diesem Fall nodr besonders durch die
Forderung begründete, man dürfe Arbeitern nicht eine
Kunst vorführen, die nodr im Werden sei. Warum
sollen aber nidrf Mensdren von heute, die politisch
vor allem auf dem Standpunkt der Jeßtzeif an-
gefangen haben, auch mit der Kunst von heute
anfangen, die doch dem Geist unserer Zeit am
nächsten Steht? — Dr. L. Straiik-Ernst.
Die Kunst in Berlin. Im Blute Pedrsteins,
der bei Gurlift die Bilderernfe seines Schaffensjahres
1919 zeigte, wirkt immer noch sein großes Palau-
Insel-Erlebnis fort, wenn auch abgeblaßf: der große
Saal, dessen Wände eine einheitliche Folge füllt, enthält
Ostsee-Impressionen, ganz ins Südseehaffe travestiert.
Man wird die Daseinsfreude nidrf verkennen, die in
sonnenwarmen Farbenwellcn von diesen Bildern strömt,
die dem Maler aus dem Gefühl der Sinnenhaftigkeif
seiner eigenen physischen Existenz, des nafurgeborenen
Körpers der Frau und des Kindes zuteil geworden ist.
Immer nodr bewundert man an diesem Pechsfein seine
kraftvolle Erraffung der gegenständlichen Welf, das
ungestüme, breite Draufgängertum seiner malerischen
Bewältigung, oft nodr das Glühen seiner vollen Farben,
die robuste Gesundheit seiner Künstlersinne (das alles
muß, ganz unabhängig von den eigenen Kunstbedürf-
nissen, anerkannt werden!), — aber dodr glaubte ich
in diesen Beispielen einer neuen „Periode“ schon gewisse
Auflösungssynrpfome bemerken zu müssen: die feste,
zielbewußfe Kontur seiner Figuren beginnt auszufließen,
und in die Palette Pechsfeins haben sidr Nuancen ein-
geschlichen, die nichts Glückliches vorauszusagen scheinen:
scharfes Gelb steht neben langweiligem Ocker, brutales
Zinnober neben Karminrot, es sind Fleischfarben, die
man auf die Dauer nidrf erfragen kann (nur der frühere
Schmidt-Rottluff konnte es wagen, nackte Körper in
so starkem Rot zu machen). Man möge diese Bilder
neben soldre stellen aus der Zeit, da der Nanre Pechsfein
nodr eine erste Potenz der jungen Malerei bedeutete,
heute aber muß die Kraftvernrinderung jedem offen -
sidrflich werden. Die Nafurbegabung raffender Gestal-
tung, wie sie den neuen Künstler dodr kennzeichnet,
scheint hier ersdröpft oder der Erschöpfung nahe,
europäischer Boden enthält die Säfte nidrf, die Pedr-
sfeiir braucht zu weiterem Wachsen. Indessen werde
man nidrf ungerecht: sehr bisheriges Malerwerk hat
einen solchen Umfang, daß es selbst vertragen würde,
wenn der Künstler heute Feierabend machte! Er würde
als starker Typus des materialistischen Künstlers einer
neuen Zeit (im Unterschied zu dem „geistigen“) historisch
forfbesfehen und sidr zu behaupten wissen. —
Für den Bildhauer Rud. Belling ist es nidrf gerade
ein Glück, sich in so naher Nachbarschaft mit einem

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