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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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Abg. Hug (Cir.) gibt als Präsident der Budgetkommission I
die Erklärung ab, dag die Petition der Eisenbahn-
beamten mit Rücksicht auf das umfangreiche Material nicht
mehr zu Ende beratheu werden konnte. Die Angelegenheit werde
aber im Herbst wilder ausgenommen. Er theile dies zur Be-
ruhigung der Interessenten mit.
Abg. N e u w i r t h (nat.-lib.) berichtet über die Petition
des bad. B a u ern vei ei n s und verschiedener Gemeinden um
Abgabe von Laubstreu aus den Staats- und Gemeindewaldunqen
und beantragt empfehlende Ueberweisung au die Regierung zur
Kenntnißnahme.
Domänendirektor L ew al d erklärt, daß die Forstverwaltung
stets auch in Bezug auf die Laubstreu vom Z 71 des Forstgesetzes
reichlich Gebrauch gemacht habe. Da der Berichterstatter selbst die
empfehlende Ueberweisung nur verstanden wisse wolle in dem
Sinne, daß nur das entbehrliche und nutzlose an den Hohlwegen
liegende Laub abgegeben werden solle, so könne sich die Regierung
mit dem Antrag einverstanden erklären. In Bezug auf das Quan-
tum des abgegebenen Laubstren's sei man an der Grenze der
Leistungsfähigkeit angekommen. Dazu komme noch, daß die auf
das Laub angewiesenen und vielfach ausgestockten Waldungen der
Rheinebene dem Ansturm der Landwirthe mehr ausgesetzt seien als
die gut bestockten Urgebirgswaldungen des Schwarzwaldes. Er
müsse an die Landlente die Mahnung richten, nicht zu anspruchsvoll
zu werden, da ein wesentliches Interesse an der Erhaltung eines
frohwüchsigen Waldes vorliege; ein verkümmerter Wald gebe auch
keine Lanbstreu mehr.
Abg. Breitner (Ctr.) dankt der Petitionskommission dafür,
daß sie zum ersten Male auf empfehlende Ueberweisung gekommen
sei. Nur hätte die Begründung weniger forstmännisch gehalten
sein können und hätte erwärmt sein sollen von der Fürsorge für
die Landwirthschaft. Gerade in jener Gegend, aus der die Petition
komme, sei das Bedürfnis; nach Laubstreu am größten. Der Kampf
um die Laubstreu sei so alt wie das Großherzogthnm. Er schildert
die einzelnen Stadien dieses Kampfes: Es habe eine ungemeine
Erbitterung im Brurheine hervorgerufen, daß man mit der Abgabe
von Lanbstreu so gezögert habe. Diese Erbitterung mache manche
Vorgänge begreiflich. (Laubsozzcnpolitik? D. Red.) Er bitte die
Regierung, aus der empfehlenden Ueberweisung auch die Schluß-
folgerungen zu ziehen.
Abg. Schüler (Ctr.) bittet die Domänenwaldungen zur
Lieferung von Laubstreu für solche Gemeinden mehr nutzbar zu
machen, wo keine Gemeindewaldungen sind, und die Lanbstreu
aus den Gemeiudewalduugen nicht zu hoch anzurechuen. Da
weniger Getreide gebaut werde und die Viehzucht intensiver be-
trieben weide, so werde die Laubstreufrage immer dringlicher.
Abg. Greiff betont, daß er sich noch der Zeit erinnere, in
welcher die Zahl derjenigen, die für vermehrte Waldstreuabgabe
in der Kammer eingetreten ist, eine sehr kleine gewesen sei. Die
Verhältnisse hätten sich geändert und das Bestreben, dem be-
drängten Landwirthe zu helfen, trete allseits hervor. Man scheine
sich überzeugt zu haben, daß der Körnerbau nicht überall betrieben
werden kann, daß es auch Landestheile gibt, in welchen die
Bodenbeschaffenheit die Landwirthe zum Bau von Handelsge-
wächsen geradezu zwingt. Hier könne unmöglich auf die Wald-
streu verzichtet werden. Torfstren biete einen Ersatz nicht, der
daraus gewonnene Dung sei namentlich für die Sandböden der
Rheinebene ungeeignet. Redner spricht seine Befriedigung über
den von der Kommission gestellten Antrag auf empfehlende Ueber-
weisung der Petitionen aus, bedauert aber die Einschränkungen,
welche der Bericht in dieser Beziehung enthält. Im Interesse
der bedrängten Landwirthschaft müsse dem Wald zugsmuthet
werden, was nur irgend möglich sei.
Abg. Heimburger (Dem.) ist für den Kommissionsantrag.
Abg. Flüge (wildlib.) führt aus, daß die Frage, über die
heute beralhen wird, eine ernste Prüfung verdiene. Infolge der
sinkenden Getreidepreise sei der Körnerbau bedeutend zurück-
gegangen und dadurch der Strohertrag vermindert.
An der weiteren Debatte betheiligen sich die Abgg. Mampel
(Antis.), Frhr. v. Stockhorner tkons.), Eder (Dem.), Arm-
bruster (Ctr.), Hauß (ntl.), Pfisterer (Antis.), G e ck (Soz.),
der davor warnt, daß hier etwa einmal ein Fuchsmühl veran-
staltet werde, wozu er die Möglichkeit als vorliegend annimmt,
Blanken Horn (ntl.), der insbesondere dem gerechten Aus-
gleich zwischen dem forstwirthschaftlicheu und dem landwirth-
schaftlichen Interesse, wie er im Bericht zum Ausdruck kommt,
seine Anerkennung zollt, auch oie Abgabe des Grases an die
Landwirthe empfiehlt und nachsichtige Behandlung der Beeren-
sucher wünscht, Wacker (Ctr.), Frank (ntl.), der empfiehlt,
das Laub in entfernten Waldungen zu sammeln und zu versenden
(Beifall auf beiden Seiten des Hauses), Binz (ntl.), Greiff
(ntl.) und Wacker (Ctr.).
Nach einem Schlußwort des Berichterstatters wird der Kom-
missioiisauirag angenommen. Die Bitte um Aenderung des
Forstgesetzes wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Die Sitzung wird um 1 Uhr abgebrochen.
Nächste Sitzung: Donnerstag, Vorm. 9 Uhr. Petitionen.

Ausland
Frankreich. Paris, 13. Juli. Die Verhaftung
Esterhazy's soll auf Grund einer Prüfung verschiedener
Schriftstücke beschlossen worden sein, die, wie man an-
nimmt, Esterhazy diktirt und Madame Pays, seine Ge-
liebte, auf seine Veranlassung geschrieben haben soll. Nach
einer anderen Meldung soll die Verhaftung Esterhazy's
wegen Wechselfälschnng erfolgt sein, doch wird nicht an-

fassenden Interessen absorbirt war, Enerige und Muße fand, auch
schöpferisch das zu leisten, was er leistete.
Darum hüt auch wahrscheinlich die Zeit von Beethoven bis
Wagner alle Kraft erschöpft. Brahms, allein, als Unerschöpf-
licher, hat nach ihrLebensathem besessen, von da ab ist der Athem
ausgegangen. Vielleicht muß die Kunst, wie das Ackerfeld, nach
vollen Ernten ihre Ruhezeit haben.
Auf kirchlichem Gebiet wird Liszts Eigenart sich doppelt,
künstlerisch wie persönlich, heimisch fühlen.
Seine „bliosn olroraUs" berührt deßhalb besonders sympathisch,
da aus ihr in jeder Beziehung Ueberzeugung herausklingt. Ohne
genial, ohne grandios zu fein, trägt sie doch den Stempel einer
selbständigen Eigenartigkeit, ist fesselnd und interessant, reich an
Schönheiten und eiugegebcu von dem Drang, einen aus dem
Innern quellenden Ausdruck für das heilige Wort zu finden.
Dieser musikalische Ausdruck sucht sich seinen Weg zwischen der
polyphonen alten Tradition und dem modernen, scharf-deklamatori-
schen Zug.
Das „LFris", licht und hell, fast ganz a vaxoll» aufgebaut,
ist von freudiger Lebendigkeit beseelt, nur viel zu breit für diesen
frommen Jubelruf ausgesponnen. Sehr hübsch ist der kononische
Schluß, die syncopirte Schlußphrase und das Weiche Ausklingen.
Das Cloria ist kraftvoll und klar. Sein fast streithaftes
Hauptthema scheint von der Schwertspitze des heiligen Georg ge-
zeichnet zu sein.
Das gewaltige 6roäo klingt fast ganz deklamatorisch. Der
musikalische Ausdruck schmiegt sich eng den Phasen des Bekennt-
nisses an. Tonmalereien, wie der chromatische Aufstieg in dem
„asesirärt", legen gleichzeitig das Glaubensbekenntniß des mo-
dernen „Tondichters" ab.
Das Credo, wenn ich so sagen darf, der formalistische Theil
der Messe, ist für den Musiker eine gefährliche Klippe. Liszt
scheitert nicht daran. Seiner Sensibilität entsprechend, wird es
viel mehr zum Empfindlings- als zum Glaubensbekenntniß.
Höchst charakteristisch ist der Schluß in dieser Beziehung:
Auf einer fast wiegenden Begleitungsfigur bewegt sich das
melodiöse Parlando des Chores. Es klingt wie: „Im Schooß
dieser Kreise läßt sich sanft ruhen."

geführt, woraus sich diese Vermuthung stützt. — Zwischen
dem Fall Picquarts und dem Esterhazy's soll kein Zu-
sammenhang bestehen, behauptet das Organ des General-
stabs, das Echo de Paris, indem es darauf verweist, daß
zwei verschiedene Untersuchungsrichter mit dieser Angelegen-
heit betraut seien. Das Blatt laßt Esterhazy jetzt fallen
und erklärt, er werde von Niemand beschützt.
53. Jahresversammlung des badischen Hauptvereins der
evangel. Gustav-Adolf-Stiftung.
tz Heidelberg, 14. Juli.
Der pestriae Bericht schloß mit der Bescvreibnnq des
Festzuges nach der Heiliggeistkirche. Wir fahren nunmehr
in dem Bericht fort:
Von den Kirchendienern an der Pforte, von Studenten
im Innern der Kirche empfancen, hatten die Tbeilnehmer des
Zuges rasch die ihnen zugewiesenen Plätze eingenommen. Die
Kirche war vom Altar an bis zum hintersten Platze ange-
füllt. Nach einem Gemeindegesang hielt Stadtpfarrer Schuck
die von einem Gesang des Kirchenchors unterbrochene Liturgie.
Die Gemeinde stimmte sodann das Lutheclied an „Ein' feste
Burg ist unser Gort", worauf Prälat Schmidt die Fest-
predigt hielt. In wohlthuend schlichter uud warmer Weise
redete er eindringlich, wie Gott den Gustav-Adols-Verein ge-
segnet habe, und wie dieser anderen zum Segen wurde. Der
Jahresbericht wurde von Oberkirchenrach Zäringer vor-
getragen. Er gab ein anschauliches Bild von der Arbeit des
Vereinsim vergangenen Jahre, das dann durch Pastorations-
geistlichen Gilg von Kenzingen durch Vorführung eines
Einzelbildes aus der Diaspora, der Zustände der evangelischen
Genossenschaften Kenzingen und Herbolzheim, deutlicher illu-
strirt wurde. Nachdem der Präsident des Vereins die
Beschlüsse der Generalversammlung mitgetheilt hatte, schloß
bald nach 12 Uhr die Feier.
Bald nach 1 Uhr begann im großen Harmoniesaal das Fest-
essen, an dem sich etwa 120 Personen betheiligten. Eine Reihe
von Trinksprüchen belebte das Mahl. Dieselben wurden mit
einem von Herrn Oberkirchenrath Zäringer auf Großherzog
Friedrich ausgebrachten Hoch eröffnet, worauf sogleich Herr
Oberbürgermeister Dr. Wilckens mit einem Trinkspruch auf
Kaiser Wilhelm folgte. Herr Oberkirchenrath Zäringer schlug
alsdann unter allgemeiner Zustimmung die Absendung. eines
Huldigungstelegrammes an den Großherzog vor, in
dem auch der Großherzogin der Dank der Versammlung für die
reiche Gabe Ihrer Königlichen Hoheit ausgesprochen wird. Herr
Dekan Ruckhaber aus Mannheim toastet: auf den Oberkirchen-
rath. Herr Stadtpfarrer Hönig auf Herrn Oberkirchenraih
Zäringer, den „Vater" des badischen Hauptvereins der Gustav-
Adolf-Stiftung. Herr Prälat Schmidt brachte ein Hoch auf
Alt-Heidelberg aus, Herr Stadtpfarrer Schmitthenner feierte
die Ehrengäste. Hr. Stadtpfarrec Brückner aus Karlsruhe
gedachte der theol. Fakultät Heidelberg, Hr. Prälat Habicht
aus Darmstadt widmete seinen Trinkspruch den Frauen und
Jungfrauen, die für den Gustav-Adolf-Verein thätig sind, ins-
besondere den Frauen-Gustav-Adolfsvereinen Mannheim und Hei-
delberg. Nochmals ergriff Herr Oberkirchenraih Zäringer das
Wort zu einer dankenden Erwiderung, die in ein Hoch auf den
hiesigen Festausschuß, insbesondere Herrn Stadtpfarrer Schmitt-
henner, ausklang. Schließlich toastete noch Herr Prof. Basser-
mann auf die Jugend des Gustav-Adolfsvereins. Etwa um
4 Uhr ging das Mahl zu Ende.
Trotz des inzwischen leider eingetretenen Regenwetters
folgten doch viele Festtheilnehmer der Einladung zu einem
Besuche des Schlosses. In dec Halle der Sckloßrestau-
ration blieb man noch mehrere Stunden in angenehmer, ge-
selliger Uinerhaltung vereinigt. Abends besuchte eine Anzahl
der Gäste das Konzert des Bachvereins in der Peters-
kirche, über das an anderer stelle berichtet wird.
Auf das an den Großherzog gerichtete Huldigungstelegramm
ist folgende Antwort Sr. Kgl. Hoheit eingetroffen:
An Herrn Oberkirchenrath Zäringer!
Die Großherzogin und ich danken den versammelten Mit-
gliedern des Gustav-Adolf-Vereius für die freundliche Be-
grüßung und den Ausdruck ihrer werthen Gesinnung. Möge
auch fortan die Wirksamkeit des Gustav-Adolf-Dererus eine
erfolgreiche und gesegnete bleiben.
Friedrich, Großherzog.

Aus Stadt und Lund.
Heidelberg, 14. Juli.
A Handlungsgehilfen-Verband. Die badischen Ortsgruppen
des Deutschnationalen Handlungsgehilfen - Ver-
bandes hatten sich zur Gründung eines Gauverbandes am Sonn-
tag hier in Heidelberg zusammengefunden. Den obligaten Früh-
schoppen und ein gemeinsames Mittagessen nahm man im „Badischen
Hof" ein. Nachmittags 3 Uhr begannen unter reger Betheiligung
im „Hotel Adler" die Verhandlungen. Außer Vertretern der
Frankfurter und Stuttgarter Ortsgruppen nahmen auch die Herren
Landtagsabgeordneten Mampel und Pfisterer daran theil. Der
Gau erhielt den Namen: „Badisch-Pfälzischer Gau des D. H. V-".
Zu seinem Vorsteher und dessen Stellvertreter wurden die Vor-
sitzenden der Mannheimer und Heidelberger Ortsgruppen ge-
wählt und es wurde beschlossen, den nächsten Gautag in Karls-
ruhe stattfindcn zu lasten. Nach der Besprechung machten die
Theilnehmer einen Spaziergang nach dem Schlosse und den Ab-

Nebenbei gesagt, stehe ich bei meinen absolut unzureichenden
theologischen Kenntnissen diesem „Credo" rathlos gegenüber. Ist
es das nicäische, das liturgische, das athanasianische? Ich
nehme jede Belehrung dankend entgegen. —
Das Sanctus bewegt sich anfangs in kurzen, scharfen Aus-
rufen, um dann in einer zarten Melodik auszuströmcn und
schließlich in ätherischen Höhen zu zerfließen. Leider war das
Register (Flöte?) ein wenig verstimmt und störte leicht die reine
Harmonie.
Ein kurzes, sanftes, einfach gehaltenes Benedictus folgt.
Bedauerlicher Weise ist gerade der Schluß, das L.Znus vor,
der schwächste Theil. Das Unisono-Motiv klingt kraftlos. Erst
über den Orgelpunkt weg kommt der Satz in Fluß, um ange-
nehm auszuklingen.
Dies ist der flüchtige Eindruck, den man von dem gehalt-
reichen Werk ohne Kenntniß der Partitur beim Vorüberrauschen
gewinnt.
Nachdem zu Anfang die Reinheit etwas getrübt erschien, ent-
wickelte sich die Leistung des Chores in gewohnter Vortrefflich-
keit. Man hörte aus jedem Ton Prof. Wolfrum's liebe-
volles Studium heraus. Von ein paar zaghaften Einsätzen ab-
gesehen, klang Alles schön und künstlerisch ausgefeilt.
Unter den Solistenstimmen herrschte Frl. A. Küttner's
Sopran in Hellem, sieghaftem Vollklang. Allen aber, neben und
mit ihr, gebührt herzlicher Dank für das erfolgreiche Einsetzen
ihrer Kraft.
Ein von Prof. Wolfrum bearbeitetes Concert in 8-molI
(Nr. 12) von Händel brachte eine richtige Erfrischung. Händel,
der Instrumentalist, bietet, wenn ich, etwas kühn, es so nennen
darf, die edelste „Unterhaltungsmusik".
Der bedeutendste Satz ist der erste. Das Largo in seinem
tragischen Pathos und das kraftvolle Allegro gewährten eine
wahre musikalische Erbauung. Das Larghetto — schon
Mozartisch angehaucht — in seinem V. Takt „gelassen schreitend",
hat etwas wunderbar Beruhigendes. Man möchte es festhalten.
Eine klassische Fuge bildet den Abschluß.
' Auch hier war die Ausführung (Solisten: Konzertmeister

schluß des TageS bildete ein Tanzkrünzchen, das auch im „Adler"
st ttfand und bis in die späte Nacht dauerte. An den Großherzog
wurde Nachmittags ein Huldigungstelegramm abgesandt. Von den
eingelaufenen Depeschen ist ein Drahtgruß der sächsischen Mit-
glieder zu erwähnen, die sich zn gleichem Zwecke in Chemnitz ver-
sammelt hatten.
* Sonntagsruhe. Wir machen auf die in heutiger Nummer
der Heidelb. Zeitung enthaltene Bekanntmachung des Großh.
Bezirksamts an dieser Stelle noch besonders aufmerksam. Nach
derselben wird die Verkaufszeit in den Metzger- und Wurstler-
läden vom 1. k. M. an an Sonntagen (ausgenommen 1. Weih-
nachts-, 1. Oster- und 1. Pfingstfeiertag) auf Morgens 6 bis
Mittags 2 Uhr gelegt, dagegen kommt die Verkaufszeit
von 6 bis 8 Uhr Abends in Wegfall. Die Neuordnung
erfolgte auf Antrag der Fleischerinnung. Ob sie allgemeine
Billigung finden wird, wollen wir dahin gestellt sein lassen.
— Unfall. An einem Neubau in Neuenheim fiel gestern beim
Abladen von Hausteinen einem dabei Beschäftigten ein Stein auf
den Fuß; er erlitt eine Hautabschürfung und eine Quetschung
und wurde ins Krankenhaus verbracht.
— Polizeibericht. Ein angeblicher Matrose aus Remmingeu,
der im Verdacht steht, in Karlsruhe einen Diebstahl ausgeführt
zu haben, wurde gestern dahier verhaftet; zwei junge Leute kamen
wegen Ruhestörung zur Anzeige.
mbr Schöna» b. H., 13. Juli. Heute Nachmittag gegen
4 Uhr brach in der Behausung des Nagelschmieds H ölzer
auf dem Hasselbacverhof Feuer aus, das innerhalb kurzer
Zeit das ganze Anwesen zerstörte. Das Vieb, sowie ein
aroßer Theil des Mobiliars konnten noch gerettet werden.
Der Beschädigte soll versichert sein
*** Waldmichelbach, 13. Juli. Ein schwerer Einbruchsdieb-
stahl wurde heute Nacht hier verübt. Die Diebe drangen im
Gasthaus zum Hirsch (Joseph Knapp) aus dem Hofe durchs
Fenster in die unteren Wohnräume, erbrachen eine Kommode und
nahmen 900 mit, den Betrag für einige verkaufte Stück Vieh.
Von dem Vorfall hat die im oberen Stock schlafende Familie
nichts gehört. Man nimmt allgemein an, daß der Diebstahl von
Personen verübt ist, die zur Zeit hier an dem Eisenbahnbau be-
schäftigt find.
Sinsheim, 9. Juli. Am 28. v. M. fand auf dem Rathhaus
dahier die erste Versammlung der El s e n z fi s cherei g eno ss e n-
schaft statt; sie war von den betheiligten Gemeinden der
Amtsbezirke Heidelberg, Sinsheim und Eppingen zahl-
reich beschickt, auch wohnten derselben die Flschereisach-
verständigen, Herren Oberförster Mangler aus Buchen und
Riedel aus Waibstadt an. Der von dem Vorsitzenden,
Herrn Oberamtmann Keim, ausgearbeiletc Entwurf der
Satzungen fand mit einigen Abänderungen die Zustimmung der
Versammlung. In den Verwaltungsrath wurden dem Landboten
zufolge gewählt: die Herren Bürgermeister Vielhauer-Eppingen,
Steiner-SteinSfurth, Speiser-Sinsheim, Schenzel-Bammenthal
und Baton v. Göler-Mauer; als Vorsitzender wurde Bürger-,
meister Speiser bestimmt. Die Genossenschaft wird auf 1. Jan.
1899 ihre Tkiätigkeit aufnehmen.
iD Weinheim, 13. Juli. Von der Rekrutirung heimkehrende
Viernheimer Burschen zogen gestern zwischen Laudenbach und
Hemsbach das Nothstgnal, woraus der Zug sofort zum Stehen ge-
bracht wurde. Da sie nicht sofort geständig waren, brachten die
auch im Zuge befindlichen Gendarmen alle Insassen des frag-
lichen Coupees auf die hiesige Verwaltung, wo sie gleichfalls
leugneten. Als man aber hierauf Anstalten zu ihrer Fesselung
machte, nannten sie den Schuldigen, der nun für den verhängniß-
vollen Spaß 30 zu zahlen haben wird.
Mannheim, 11- Juli. Zwischen der Großh. bad. Staats-
regierung uud der Pure-Oil-Company in Hamburg
und New-Jork, der einzigen von Rockefeller unabhängigen ameri-
kanischen Produktionsgesellschaft, die Petroleum in größerem
Maßstab nach Deutschland importirt, schweben bekanntlich z. Zt.
Verhandlungen, die darauf abzielen, genannter Gesellschaft das
zur Errichtung einer Tanksanlage am hiesigen Nheinhafen
erforderliche Terrain aus Staatsbesitz abzutreten. Wie dringend
Wünschenswerth es im Interesse der Petroleumkonsumenten in
Südwest-Deutschland erscheint, daß diese Verhandlungen mög-
lichst bald zu einem günstigen Abschluß gelangen und dadurch
das Lagermonopol gebrochen werde, das die Deutsch-Amerikanische
Petroleum-Gesellschaft und die Mannheim-Bremer Petroleum-
Aktiengesellschaft — beide Töchterinstitute der Großen Standard-
Oil-Company — gegenwärtig besitzen, dafür liefert, wie man
der Franks. Ztg. schreibt, der kürzlich veröffentlichte Jahres-
abschluß der Mannheim-Bremer Gesellschaft einen äußerst
drastischen Beweis: Danach hat diese Gesellschaft bei einem
Aktienkapital von nur 3 Millionen Mark im Jahre 1897 einen
Reingewinn von ca. 1 400 000 — ca. 47 pCt. erzielt, woraus
eine Dividende von 44"/, pCt. vertheilt wurde, ein Resultat, an-
gesichts dessen der Abschluß der bekannten im Reichstag zur
Sprache gekommenen Verträge doppelt verwerflich erscheinen
muß. Diese außerordentlich hohe Rentabilität läßt es anderer-
seits allerdings auch begreiflich erscheinen, daß man bestrebt war,
nach Außen den Eindruck aufrecht zu erhalten, als ob die Mann-
heim-Bremer und die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesell-
schaft Koukurrenzunternehmungen wären, was sie niemals ge-
wesen sind. Denn auch die aus der früheren, lange Zeit von
Rockefeller unabhängigen Firma Phil. Poth hervorgegangene
Mannheim-Bremer Petroleum-Gesellschaft war von Ansang an
nichts als eine neue Filiale der Standard-Oil-Company, was
schon dadurch bewiesen ist, daß von den drei Millionen Mark
Aktien seiner Zeit 2 Millionen von den von der Standard-Oil-
Company abhängigen Herren Goepel und Trübe in New-Iork

Grau, Frl. Schmuck, Hr. Brumm — an der Orgel Prof.
Wolfrum) eine tadellose.
Von dem unergründlichen, unerschöpflichen Bach hat Professor
i Wolfrum eine weitere, von ihm bearbeitete Cantate „Ich will
den Kreuzstab gerne tragen" für Heidelberg zum Leben erweckt.
Vor Bach, wie er auch erscheint, kann man immer nur wie
vor etwas Unbegreiflichem stehen. In dieser Deklamation, ob-
gleich noch in steifen Formen steckend, liegt nicht nur etwas
Modernes, vielmehr etwas für alle Zeiten Geltendes, da eben
die Deklamation der musikalische Ausdruck an sich ist.
In der ersten Arie und den Recitativen ist, im Grunde ge-
nommen, das geistliche Musikdrama schon fertig und vollendet.
Und wenn, fast volksliedartig, „Da leg ich den Kummer" ein-
setzt, ist auch schon Schubert lebendig.
Die zweite Arie „Endlich" freilich ist ein Tribut an Bachs
Zeit und Zeitgeschmack. Ihre verschnörkelten, zopfigen Imitationen
stechen seltsam von der Plastik der Umgebung ab. Nach meiner
Empfindung würde sie besser gestrichen. Es gibt auch eine Pietät
der Unterlassung!
Ein schlichter Choral bildet den Schlußakkord.
Anton Sistermans hatte fast ausschließlich die ungeheuren
Kosten des stimmlichen Aufwandes zu tragen. Und wie ein
Krösus trug er sie! Mächtig erklang sein Organ, besonders nach
der Höhe zu. Den, für viele Sänger ewig verschlossenen Styl,
diese Schwindel erregende Athemgymnastik hat er sich zu eigen
gemacht, wie Wenige. Er singt heute Bach wuchtig, lapidar,
gewaltig. Er bleibt Sieger in dem schweren Kampf mit dem
menschlichen Vermögen, den dieser Gesang bedeutet, er ist groß
in dieser Aufgabe.
Prof. Wolfrum hat etwas von jenen Schiffscapitänen,
denen man sich ruhig und sorglos anvertraut. Ob Bach, Wagner,
Liszt, Strauß oder Berlioz die musikalischen Wogen aufwühlt,
! man kann sich sicher der Fahrt überlassen; glücklich und mit
j Genuß gelangt man ans Ziel. vr. 8.

— „Dein neues Haus ist allerdings sehr schön ausge-
fallen, nur etwas flach oben; kommt nichts mehr darauf?" —
„O ja!" — „Was denn?" — „Hypotheken!"
 
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