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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0109

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mit Familienblättern
. monatlich 50 Pf.
tret in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

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15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- ".nd
Privatanzeigcn bedeutend
ermäßigt.
, Gratis-Anschlag
M» der Inserate auf den Plakat-
v tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

x>. 174.

Flkitiis, de« 29. Juli

1898.

Bestellungen
Mf die Heidelberger Zeitung für die Monate August und
September »erden bei allen Postanstalten, den Briefträgern,
Ken Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate August
Und September, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg.,
Kit Zustellgebühr Mk. 1.14.

Politische Umschau.
Heidelberg, 29. Juli.
Durch die gestern erwähnte amtliche Berichtigung
des Prinzen Heinrich ist jetzt erst dem deutschen
Publikum klar geworden, was eigentlich die Amerikaner
Zu der von ihnen so hartnäckig vertretenen falschen Ansicht
gebracht hat, die deutsche Flotte bei Manila habe
die Neutralität verletzt. Danach hat ein deutsches Schiff
Unter peinlicher Beobachtung der Regeln der Neutralität
einen Akt der Menschlichkeit ausgeübt, indem es in Noth
gerathene spanische Frauen und Kinder rettete. Wenn man
ui Amerika von dieser amtlichen deutschen Berichtigung
Kenntniß erhalten wird, dann wird man hoffentlich endlich
das alberne Gerede von einem unkorrekten Verhalten Deutsch-
lands einstellen. Gleichzeitig erfährt man nun auch, wer
eigentlich die Schuld daran trägt, daß sich in Amerika
Eine falsche Meinung von dem Verhalten Deutschlands fest-
gEsetzt hat. Das ist Niemand anders als der amerikanische
Admiral Dewey und der amerikanische Konsul in Hong-
EE>ng. Dewey sandte folgende Depesche über Hongkong
Unch Washington:
. Aguinaldo (das ist der Jnsurgentenführer. Red.) hat mich
"Enachrichtigt, daß seine Truppen die ganze Subic-Bucht ein-
Mommen haben mit Ausnahme der Isla Grande, an deren Be-
N»ng er durch das deutsche Kriegsschiff gehindert wurde.
Aui 7. Juli schickte ich die „Raleigh" und die „Concord" hin,
°>e das Eiland mit etwa 1300 Mann, Waffen und Schießvorrath
"Amen. Kein Widerstand. Bei ihrer Ankunft zog sich die
»streue" zurück.
Dagegen sagt die Erklärung des Prinzen Heinrich:
Die „Irene" holte eine Anzahl auf Isla Grande in der
?ublc-Bucht in Noth gerathene spanische Frauen und Kinder ab
"A traf dort zufällig mit einem Dampfer der Aufständischen
Mammen, der sich ohne Weiteres entfernte. Auf dem Rückwege
Jgegnete die „Irene" vor der Bucht von Manila zwei Kreuzern
er Vereinigten Staaten, ohne angesprochcn zu werden. Die
Vernähme der Frauen und Kinder geschah im Dienste der
Menschlichkeit unter strenger Beobachtung der Regeln der Neu-
Hieraus geht hervor, daß Aguinaldo gelogen hat, als
sagte, die „Irene" habe ihn gehindert. Und weiter geht
heraus hervor, daß Dewey sich nicht korrekt ausdrückt,
Ann xr sagt, hei der Ankunft zweier amerikanischer Kriegs-
Aisfe habe sich die „Irene" zurückgezogen, so daß der
schein erweckt wird, als wäre sie den amerikanischen ent-
nahm oder ausgewichen. Die „Irene" befand sich viel-
Ahr schon auf dem Rückweg. Verschlimmert wurde der
i'ia Eindruck des Dewey'schen Berichtes mit seiner dreisten
Instruktion eines ursächlichen Zusammenhangs, der gar
^cht vorlag, noch durch die weiteren Einzelheiten, die der
Mexikanische Konsul Wildmann in Hongkong hinzufügte
"a durch die telegraphische Darstellung, die sich der New-
-Ark Herald am 14. Juli aus Manila kabeln ließ, wo
hieß, die Deutschen hätten wahrscheinlich (!) Vor-
Pihe in Manila gelandet und ließen es auch sonst an den
"ter dxn Marinen üblichen Höflichkeiten fehlen. Nun
''Ed hoffentlich der Spuk, den der Jnsurgentenführer
Eissaldo in seiner übergroßen Sorge gesehen hat und

der seitdem in den Köpfen der Amerikaner sein Wesen
treibt, verschwinden.
In der Lippe'sch en Angelegenheit fließen noch
immer Ströme von Tinte, ein Zeichen, daß der Sache
doch eine erhebliche Bedeutung beigemessen wird. Einer
der Hauptvertheidiger der Prärogative des Graf-Regenten
und seines Hauses, der Verleger der Lippe'schen Landes-
zeitung, richtet eine längere Zuschrift in dieser Angelegen-
heit an das Berliner Tageblatt und theilt da u. A. mit,
daß das Schiedsgericht, das das Heftrscherrecht des Grafen
Ernst anerkannte, indirekt auch die Ebenbürtigkeit von dessen
Kindern anerkannt hat. Der Einsender schreibt:
Das Schiedsgericht entschied für den Grafen Ernst, indem es
ausführte, daß die im Jahre 1803 mit Modeste v. Unruh von
dem Großvater des jetzigen Grafen Ernst eingegangene Ehe eine
im Hause Lippe völlig ebenbürtige sei. In der Begründung heißt
es, zur Ebenbürtigkeit im Hause Lippe genüge die Abstammung
aus altadligem Hause, ohne daß es auf die Ahnen
mütterlicherseits ankomme. Eine bürgerliche Dame,
die einen altadligen Herrn heirathe, nehme den Stand des
Mannes an. Das Schiedsgericht betont ferner, daß an diesem
Grundsatz auch durch dis Bundesakte vom Jahre 1815 nichts ge-
ändert sei. Nach dieser Begründung des Schiedsgerichts, welches
seinen Spruch einstimmig gefällt hat, ist im Hause Lippe auch
jede nach 1803 mit einer Dame aus alt adligem Hause ge-
schlossene Ehe ebenbürtig, also auch die im Jahre 1868 von
Sr. Erlaucht dem Grasen Ernst mit Karoline Reichsgräfin
v. Wartensleben geschlossene. Die bürgerliche Abstammung der
Mutter dieser Letzteren ist nach der Begründung des Schieds-
gerichts ohne Einfluß. Bei Modeste v. Unruh waren auch keine
adeligen Ahnen nachzuweisen. Zum Ucberfluß hat die im Jahre
1868 geschlossene Ehe des Regenten den durch Hausgesetz vom
Jahre 1853 vorgeschriebeneu fürstlichen Konsens erhalten. Fürst
Leopold III- hat in einem Privatschrciben, und sein damaliger
Minister in einem amtlichen Schriftstück die Ehe „konsentirt".
Das alles sind bekannte Thatsachen, und somit fehlt dem bücke-
burgischen Protest gegen die gräflichen Söhne jegliche Unterlage.
Man sieht auch keinen praktischen Grund, da weder die Brüder
des Regenten noch die Weißenfelder Grafen — mit Ausnahme
des kinderlosen Grafen Erich — gegen die Söhne Einspruch
erhoben haben und diese den Bückeburgern vorausgehen. Von
einer nochmaligen Entscheidung durch Schiedsgericht, wie sie Ihr
Gewährsmann voraussieht, beim Tode des jetzigen Regenten kann
gar nicht die Rede sein, obwohl die Söhne des Regenten eine
richterliche Entscheidung durchaus nicht zu fürchten brauchen.
Das sind insofern beachtenswerthe Angaben, als sie
den festen und guten Glauben des Grasen-Regensen an
das Recht seiner Kinder erklären würden. Die politische
Bedeutung der Angelegenheit liegt aber, wie wir bereits
mehrmals betont haben, nicht in der Frage, wer einmal
in Lippe herrsche« wird, sondern sie liegt in der un-
gewöhnlichen Schärfe des kaiserlichen Telegramms. Um
dies richtig beurtheilen zu können, müßte man den voraus-
gegangenen Brief des Regenten an den Kaiser kennen.
Man weiß heute noch nicht, wie das Schreiben des Grafen
von Lippe ausgesehen und ob es nicht Anlaß zu berech-
tigtem Aerger gegeben hat. Die Vertheidiger Lippes
stellen das in Abrede und führen anscheinend nach dem in
ihrem Besitze befindlichen Original eine Anzahl allerdings
höchst höflicher Curialien an, die indessen gar nichts be-
weisen. Man kann einen unterthänigen, in Ehrerbietung
ersterbenden Brief schreiben, der trotzdem ein Muster der
Impertinenz sein kann. Es soll nicht gesagt sein, daß
dies auf den Brief des Grafen zutrifft, aber die
Möglichkeit ist vorhanden. Die Köln. Ztg. spricht sich sehr
scharf über das Vorgehen des Grafen aus. Sie schreibt:
Der Graf-Regent von Lippe hat an die Militär-
behörden ein Ansuchen gestellt, zu dem er nicht das aller-
mindeste Recht hat, und als die Militärbehörden dieser
Forderung im Einvernehmen mit dem Kaiser nicht nach-
kamen, da hat der Graf von Lippe wiederum ganz und
gar zu unrecht sich beim Kaiser beschwert. Bis dahin
war der Graf so sehr im Unrecht, wie mau nur sein

kann, und um das nicht zu erkennen, mußten der Graf
und seine Berather sich entweder um die Rechtslage leicht-
fertigerweise gar nicht bekümmert oder sich darüber hinweg-
gesetzt haben in der Ansicht, daß man einem Regenten
von Lippe nichts abschlagen dürfe. Angefangen har also
der Gras von Lippe, und zwar am ganz falschen Ende.
Es zeigt eine vollständige Verkennung der Rechtslage im
deutschen Reiche, wenn der Regeilt mehr verlangt, als
dem Regenten gebührt, und ein solcher Regent muß sich
dann auch eine Zurechtweisung gefallen lassen. Bemerkens-
werth ist, daß auch die Lippesche Tageszeitung (nicht zu
verwechseln mit der Landesztg.) das Vorgehen des Regenten
für ein unglückliches hält.
Schlechte Rathgeber, so schreibt dieses Detmolder Organ,
haben den Graf-Regenten von Lippe in eine äußerst peinliche
Lage versetzt und haben unser Land zum Gespött im ganzen
deutschen Reich gemacht. Nicht eine Spur von weitern „ver-
brieften Rechten" stand unserm Regenten zu. Alle Rechte, die
er verlangen durfte und konnte, waren ihm vom deutschen Kaiser
zugestanden. Nicht der geringste Thcil wurde ihm vorenthalteu.
Das war uns auch von vornherein ganz klar. Der deutsche
Kaiser, obwohl er die Macht dazu hätte, tritt keinem seiner ge-
ringsten Unterthanen zu nahe, noch viel weniger aber wird er
einen Bundesfürsten oder dessen Vertreter verletzen. „Dem
Regenten, was dem Regenten gehört," das ist auch dem Graf-
Regenten geworden. Sein Recht wurde ihm ohne Murren zu-
theil, mehr konnte und durfte er nicht verlangen. Aber schlechte
Rathgeber trieben ihn so weit, daß er sich gegen den Kaiser
wandle. Ein gefährliches Spiel!
Deutsches Reich.
Berlin, 28. Juli.
— Der Reichsanzeiger meldet die Verleihung des
Schwarzen Adlerordens mit Brillanten an den
Kaiser von China.
— Einen Chinesen als Avantageur wird die
preußische Armee zum October erhalten. Der Kaiser so-
wohl als die chinesische Regierung haben bereits Herrn
Jang hierzu die Erlaubniß ertheilt. Herr Jang ist dec
Sohn des chinesischen Generals Jang in Kanton. Er hat
vor Kurzem mit 10 seiner Landsleute das deutsche Examen
bet der Berliner chinesischen Gesandtschaft als Zweitbester
bestanden. Herr Jang junior ist als „kaiserlicher Eleve"
nach Deutschland geschickt worden, wie auch die anderen
jungen Chinesen bezeichnet werden, welche zu ihrer Aus-
bildung nach Europa kommen. Der junge Mann soll an
Größe den „langen Kerls" der preußischen Armee nicht
nachstehen. Er spricht englisch, deutsch und französisch. Zu
seiner Vervollkommnung in der deutschen Sprache hat sich
Herr Jang junior zu einem Lehrer in Weißensee in Pen-
sion begeben.
— Professor Sch weninger versicherte einem Redak-
tionsmitglied des Berliner Lokal-Anz., daß, so sehr viel
auch der Gesundheitszustand des Fürsten Bismarck
zu wünschen übrig läßt, keine unmittelbare Gefahr für
das Leben des greisen Patienten augenblicklich besteht.
Die Unterredung fand im Garten des Gasthofes zum
Landhaus statt. Professor Schweninger theilte dem
Redakteur mit, der Fürst fühle sich verhältnißmäßig wohl,
und eine Gefahr sei gegenwärtig nicht vorhanden. Das
Körpergewicht des Fürsten ist zur Zeit in der Abnahme
begriffen, es beträgt augenblicklich 187 Pfund. Der
Humor ist leidlich. Während der Unterredung hatte sich
ein dichter Knäuel Zuschauer, besonders vom Hamburger
Turnfeste, angesammelt, die mit gutgemeinten Erkundigungen
Geheimrath Schweninger derart bedrängten, daß die beiden
Herren, vor der Menge retirirend, in einem Schuppen Halt
machten. Professor Schweninger schloß seine freundlichen Mit-
theilungen mit einer beredten Klage über die Arbeitslast,
welche den Angehörigen des Hauses durch Zeichen der

Sklaverei der Schönheit.
Novelle von M. Zmmisch.
(Fortsetzung.)
tzr°k7^"n er es nicht mehr sah, das Mädchen, das sein ganzes
fichM w so unerhörter Weise beeinflußte, dann würde es
eine M werden. Schon jetzt empfand er es wie
Taae PAH"!, weml er sie manchmal einen oder auch zwei
schon- < iah; aber sowie er ihre Stimme hörte oder ihre
chalt, lockenden Augen sah, ergriff es ihn mit Zauberge-
ße nni . lebe Fiber in ihm bebte in dem rasenden Verlangen,
Mchen E" ^erz reißen und zu seinem Eigenthum zu
bciuw?"" horte er seine Sklavenketten klirren und vergebens
Pur i sich auf gegen den Druck, der ihn zu Tode quälte.
^wrt, fort, wenn er sich nicht ganz verlieren wollte.
den w?* dämmerig geworden. Er legte den Pinsel
vertauschte den Arbeitskittel mit dem Prome-
Aurock.
zu, astim von Unruhe getrieben, ging er der kleinen Pforte
.^rau von Senken zu seiner Bequemlichkeit in die
Atmung des Parks hatte machen lassen.
der^ch^«" war es noch hell und sonnig. Das Lärmen in
des vermengte sich mit dem Schäumen und Brausen
über Ers, das einen Theil der Maschinen trieb und zischend
Lllnnsinl" hohes Wehr stürzte. An der Böschung lagerte
üernno lz und auf einem der riesigen Stämme saß Käthe und
b s^ damit, kleinere Stücke Holz in das schäumende
Der werfen, um es von Diana apportiren zu lassen,
üüderwmb war des Spiels offenbar überdrüssig und nur
sorder., kam er den sich immer wieder erneuernden Auf-
jungen nach.
rnit E erblickte Käthe den Professor und in der Absicht,
Slöck ä Dressur zr renommiren, ergriff sie ein größeres
das und schleuderte es kurz oberhalb des Wehrs in
der dT^ss^-, Mit lebhaftem Zuruf spornte sie den Hund an,
vcm Befehl auch Folge leistete. Aber, sei es nun, daß

er bereils ermüdet war, oder, daß die Gewalt des hier ja
abfallenden Wassers seine Kräfte überstieg, es riß ihn über
das Wehr und sich überschlagend, verschwand er in dem
sprühenden Gischt.
Käthe schrie laut auf vor Entsetzen und rannte am
Ufer entlang nach der Stelle, wo der Hund verschwunden.
Sein dunkler Kopf tauchte aus dem Wasser empor und
gewaltsam rang er gegen die Gewalt der tosenden Fluch.
Er kam ganz nahe an das Ufer heran, aber immer wieder
riß es ihn zurück. Käthe kletterte die Böschung hinunter
und eine der zahlreich umherliegenden Stangen ergreifend,
hielt sie dieselbe dem Hund, angstvoll rufend und lockend,
entgegen.
Diana war ein kluges Thier und begriff schnell, was es
sollte. Mit seinen festen Zähnen ergriff es die Stange und
Käthe zog und zerrte aus Leibeskräften, um ihn an das Ufer
zu bringen.
Dies alles war so schnell vor sich gegangen, daß Fritz
Delling gar nicht die Zeit zum Eingreifen fand. Ein kaltes
Entsetzen überfiel ihn beim Erblicken der Gefahr, in die das
unbesonnene Mädchen stch stürzte, und ihr laut zurufend und
Einhalt gebietend, kletterte er ihr nach. Aber es war schon
zu spät. Die Gewalt des Wassers und die zerrende Last
des Hundes standen in gar keinem Verhältniß zu ihren
Kräften, und mit einem jähen Ruck stürzte sie in das Wasser,
das sie gierig davontrug.
Ohne einen Laut von sich zu geben, sprang Fritz Delling
ihr nach. In seinen Jünglingsjahren war er ein guter
Schwimmer gewesen, aber seit langer, langer Zeit hatte er
diese Kunst nicht mehr versucht. Weit unten tauchte Käthes
goldschimmerndes Köpfchen aus dem Wasser empor, ihre
Hände klammerten sich fest um die Stange, an deren anderem
Ende Diana sich fest verbissen hatte. Mit hastigen Stößen
trieb Fritz Delling darauf zu; er erreichte sie, er
packte die Stange, Käthe zurufend, festzuhalten. Aufregung
und Anstrengung trieben ihm das Blut beängstigend zum
Herzen, aber mit Aufbietung aller Kräfte drängte er dem
Ufer zu.

Im Hof der Fabrik hatte man sie bemerkt. Arbeiter
kamen herzu gesprungen mit Stangen und Haken, aber der
Trieb des Wassers war schneller als sie. Ein paar riesige
Steinblöcke tauchten darin empor, umzischt von weißschäumen-
dem Strudel. Fritz Delling wurde mit dem Kopf an den
Stein geschleudert. Ihm wurde kalt und finster vor den
Augen, aber mit der letzten Kraft der Verzweiflung zog
er das Mädchen zu sich herüber und klammerte sich an
der Kuppe des Steines fest. Er fühlte noch, wie etwas
warmes über seine Schläfen tropfte, dann wurde es Nacht
um ihn.
Als er wieder erwachte, sah er sich erstaunt und verwun-
dert in dem ihm ganz fremden, eleganten Raume um. Er
konnte sich auf das Vorgefallene nicht besinnen, er wollte sich
erheben, aber er vermochte es nicht; ein dumpfer Schmerz
im Kopfe und eine bleischwere Mattigkeit in den Gliedern
binderten ihn daran. Ihm mar, als läge ein Flor über seinen
Augen; Eiseskälte durchrann ihn und eine nie gekannte
Müdigkeit lähmte nicht nur seinen Körper, sondern auch seine
Gedanken. Plötzlich tauchte wie durch einen Schleier das
Antlitz Frau von Sentens vor ihm auf, blaß und verweint.
Sie hob seinen Kopf ein wenig empor und flößte ihm behut-
sam einen Löffel voll Wein ein.
(Schluß folgt.)
Kleine Zeitung.
CI Straßburg, 28. Juli. Die Polizei hat mit der Verhaf-
tung des I. Gier, des Mörders der Leoni Lankacher aus
Kronenburg, gleich den richtigen bekommen. Er leugnet zwar
immer noch; allein seine Mitschuldigen, Arz aus Kronenburg
und die Dirne Nothacker, haben ein umfassendes Geständniß
abgelegt, sodaß der verruchte Mörder der verdienten Strafe nicht
entgehen wird. Hoffentlich werden die beobachtenden Aerzte in
der Lage sein, seinen simulirten Wahnsinn als das zu bezeich-
nen, was er ist, ein schlechtes Mittel zur Entschuldigung seiner
That. Er soll noch einen Mord in Mülhausen und mehrere in
Zürich auf dem Gewissen haben.
 
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