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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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^Vhon-Anschluß Nr. 82.
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Telephon-Anschluß Nr. 82.

DiMlstW, den 8. Dklmber

Thronrede bei Eröffnung des deutschen
Reichstags.
(Schluß.)
. Die Beziehungen Deutschlands zu allen auswärtigen
Mächten sind unverändert freundliche. An meinem Thefle
beizutragen zur Aufrechterhaltung und immer größer«
'nstigung des Weltfriedens, ist das vornehmste Ziel meiner
Mitik. Mit warmer Theilnahme habe ich deshalb die
^herzige Anregung meines theuren Freundes, Sr. Majestät
Kaisers von Rußland, zu dem Zusammeniritt
jtt internationalen Conferenz begrüßt, welche
Frieden und der bestehenden Ordnung der Dinge zu
^nen bestimmt ist. Die auf der Conferenz zutage tretenden
Erschlüge, welche jenen edlen Zweck zu fördern geeignet
scheinen, sind von seilen meiner Regierung sympathischer
dnahme gewiß und werden von ihr sorgfältig geprüft
behandelt werden.
Mik tiefem Schmerz und Abscheu gedenke ich des fluch-
würdigen Verbrechens, das meinem treuen Bundesgenossen,
seiner Majestät dem Kaiser und Könige Franz Joseph,
j erlauchte Gemahlin jäh entrissen hat. Die ruchlose
^hat, die ganz Deutschland, Fürsten und Volk, andauernd
W't innigem Mitgefühl erfüllt, hat der Regierung Seiner
Majestät des Königs von Italien eine Berathung wirksamer
Maßregeln gegen die anarchistische Propaganda
Geboten erscheinen lassen und ihr Veranlassung zur Ein-
rufung einer Conferenz gegeben. Die Bereitwilligkeit,
?it welcher dieser dankenswerthen Einladung allerseits ent-
jochen worden ist, berechtigt zu der Zuversicht, daß ein
Öliges Gleichmaß zwischen Rechten und Pflichten als un-
päßliches Erforderns für die gedeihliche Entwicklung der
jernationalen Beziehungen nicht nur theoretisch von neuem
jrkannt, sondern auch durch praktisch brauchbare Schluß-
jgerungen bethätigt werden wird.
Den aus unserer Neutralität im spanisch-
erikauischen Kri e g e sich ergebenden völkerrechtlichen
Michlen ist Deutschland gewissenhaft und loyal nach beiden
beiten hin gerecht geworden.
. Die deutschen Colonien befinden sich in gedeihlicher
Wpivicklung. Den ruhestörenden Unternehmungen feindlicher
Minme sind Meine Schußtruppen in Ost- und Westafrika
gleich begegnet. Mit der Neu-Guinea-Compagnie ist wegen
Übernahme ihres Schutzgebietes auf das Reich ein Vertrag
^geschlossen worden, welcher Ihnen zur Genehmigung vor-
^egt werden wird.
In Kiautschou sind die ersten Schritte zur wirthschaft-
"chen Entwicklung des Schutzgebietes gethan. Die Grenze
'ü 'M Einvernehmen mit der chinesischen Regierung cnd-
Wg festgesetzt, der Freihafen ist eröffnet worden, die
jfenbauten sind in Angriff genommen und der Beginn
j Eisenbahnbaues nach dem Hinterlande steht für die
jchstc Zukunft bevor. Gestützt auf die bestehenden ältern
Erträge, wie auf die durch den deutsch-chinesischen Vertrag
6. März d. I. neu erworbenen Rechte, wird meine
jgierung, unter gewissenhafter Achtung der wohlerworbenen
^chte dritter Staaten, auch in Zukunft bestrebt sein, die
Jahr zu Jahr gewichtiger werdenden wirthschaftlichen
^Ziehungen Deutschlands mit China weiter zu entwickeln
jd den deutschen Reichsangehörigen den vollen, ihnen ge-
jhrenden Antheil an der wirthschaftlichen Erschließung des
jnen Ostens zu sichern.
. Bei meinem Aufenthalt in Konstantinopel,
^lüstina und Syrien ist es mir eine Freude gewesen,
jch durch den Augenschein davon zu überzeugen, wie deutsche
Süchtigkeit und Sitte den im türkischen Reiche lebenden
jichsangehörigeu zu geachteter Stellung verhalfen haben.

Die Goldreiner Mosel.
p Erzählung von Karl Wolf in Meran.
(Fortsetzung.)
> Sich mit beiden Fäusten auf dem Tische stützend, stand
N. Bauer breitspurig auf, schritt zur Thüre, tupfte in das
Mihbrunnkrüglein mit dem Mittelfinger und langte nach der
4-Mrschnalle.
^Draußen flog eben noch zur rechten Zeit ein junges
'^landl" auf die Seite und versteckte sich hinter dem mächti-
Schrank, ehe der Bauer hinaustrat.
Es war die Rosel, des Goldreiner einzige Tochter, welche
horcht batte, was die Eltern drinnen in der Stube ver-
Mdelten. So halb und halb hatte ihr die Mutter schon
Mtheilung gemacht von dem Gaste, den sie erwartete, und
iss freute sich unbändig, daß der strenge Vater nachgegeben
Mir. Nie hatte sie sich einer Arbeit williger unterzogen,
fs» wie jetzt, wo man daran ging, die zwei Giebclkammern
S,,Hause herzurichten. Immer fand sie noch etwas, um die
Munde zu schmücken.
, lieber der Thüre prangten drei Bogen mit gemalten Sol-
Zehn Kaiserjäger, zehn Infanteristen, zehn Ulanen.
Megel waren zwei aufaehängt. Ein kleiner mit rvthem Pa-
Mrahmen mitten im Fenster, zum Rasiren, wie Rosel er-
,u>rte, und einer über der Kommode. Die Kommode und
,Kleiderschrank waren schön bemalt mit den Namen Jesu
Maria, umgeben von faustgroßen Rosen. Das Bett zu
Meigen schien eine Leiter nöthig und an den kleinen Fenstern
>Aen knallrothe Vorhänge. Dann war noch ein Farbendruck
Papstes da, das Bildniß lächelte, als liefe ihm eine Fliege
die Nase, und Napoleon III. mit schönen, rochen Hosen
gleichrochen Wangen. In einem alten Weinkrug stak
d-N mächtiger Strauß aus Feldblumen, als schönster Schmuck
E» Ganzen. Die Zusammenstellung dieses Feldstraußes zeigte
natürlichen Geschmack, eine Anlage für Schönheitssinn,
man ihn im Köpfchen eines einfachen Bauerndiandls nicht
mchen würde.

Mit bewegtem Herzen habe ich mit der Kaiserin und Königin,
meiner Gemahlin, an den Stätten geweilt, die durch das
Leiden des Erlösers der gesammten Christenheit thcuer sind.
Dem evangelischen Bekenntnisse dort ein Gotteshaus zu er-
richten, war schon das sehnliche Verlangen meiner drei Vor-
gänger an der Krone Preußens. Daß es mir vergönnt
war, jenes Verlangen zu erfüllen und die Erlöserkirche
zu Jerusalem dem Dienste des Herrn zu übergeben, ist
mir ein neuer Antrieb, die mir von Gottes Gnaden ver-
liehene Gewalt auch weiter einzusetzen für die ewigen Grund-
wahrheiten des Christenthums. Von solchen Gefühlen ge-
leitet, hat es meinem Herzen besondere Genugthuung gewährt,
einen langgehegten Wunsch der deutschen Katholiken
durch Erwerbung eines ihnen durch weihevolle Erinnerungen
geheiligten Besitztums auf dem Berge Zion in Erfüllung
zu bringen. So gebe ich mich der Hoffnung hin, daß mein
Aufenthalt im türkischen Reiche, die ebenso gastfreundliche
wie glänzende Aufnahme, die ich bei Sr. Majestät dem
Sultan entsprechend den freundschaftlichen Beziehungen
der beiden Reiche gefunden, und der begeisterte Empfang,
der mir und der Kaiserin allenthalben von der osmanischen
Bevölkerung bereitet wurde, dem deutschen Namen und den
deutschen nationalen Interessen zu bleibendem Vortheil und
Segen gereichen mögen.
Geehrte Herren! Indem ich Sie hiermit zu Ihren
verantwortungsvollen Beratungen entlasse, will ich dem
Wunsche Ausdruck geben, daß die bevorstehende Legislatur-
periode durch gemeinsame Arbeit der Regierungen und der
Volksvertretung einen bedeutsamen Abschnitt in der geistigen
und wirthschaftlichen Entwicklung unserer Volksgemeinschaft
bilde.
Wochenchronik.
(Vom 27. November bis zum 3. December.)
Nov. 27.: Der aus dem Zolaprozeß bekannte sranzös. Major a. D.
Esterhazy hat sich nach Amerika geflüchtet.
„ 28.: Spaiiien nimmt die amerikanischen Frje-
den s b e d i n g u n g e n an.
„ 28.: Zu Gunsten Picquarts, der vor ein Kriegsgericht
gestellt werden soll, wird in der französischen Kammer
interpellirt. Es zeigt sich im französischen Volk,
namentlich in Paris, eine starke Bewegung für Picquart.
„ 29.: B i s m a r ck s „G e d a n k e n u. E r i n n e r u n g e n"
werden ausgegeben. Sie machen einen liefen Eindruck
und bedeuten zugleich einen bisher in Deutschland
unerhörten buchhändlerischen Erfolg.
„ 30.: In D eutsch-Südwestafrtka sollen Diamanten
gefunden worden sein.
Dec. 1.: Das Kaiserpaar hält seinen feierlichen Einzug in
Berlin.
„ 2.: Kaiser Franz Joseph von Oesterreich begeht in
der Zurückgezogenheit sein 50-jähriges Negierungs-
jubiläum.
„ 3.: Ju Spanien machen sich starke karlistische
Umtriebe bemerkbar.

Deutsches Reich.
— Ter Gesetzentwurf betr. die Friedenspräsenz-
stärke des deutschen Heeres bestimmt Folgendes:
Vom 1. October 1899 ab wird die Friedenspräsenzstärke des
deutschen Heeres als Jahresdurchschnittsstärke allmählich derart
erhöht, daß sie im Laufe des Rechnungsjahres 1902 die Zahl
von 502 506 Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten erreicht und
in dieser Höhe bis zum 31. März 1904 bestehen bleibt. Die
Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Friedenspräscnzstärks
nicht in Anrechnung. Durch diese Erhöhung der Friedens-
präsenzstärke ist die Zahl der vorhandenen Formationen so zu
vermehren, daß am Schlüsse des Rechnungsjahres 1902 bestehen:
bei der Infanterie 625 Bataillone, bei der Kavallerie
482 Schwadronen, bei der Feldartillerie 574 Batterien, der Fuß-
artillerie 38 Bataillone, den Pionieren 26 Bataillone, den Ver-
kehrstruppen 11 Bataillone, dem Train 23 Bataillone. Die ge-
jammte Heeresmacht des deutschen Reiches besteht im Frieden
aus 23 Armeekorps. Drei Armeekorps werden von Bayern,

Je näher der Tag heranrückte, an welchem der Maler
einziehen sollte in das Haus zum Goldreiner, desto brummi-
ger wurde der Bauer, desto emsiger die Bäuerin, desto neu-
gieriger die Rosel. Diese hatte sich einen ganz eigenen Plan
ausgesonnen, wie sie den ankommenden Gast unerkannt be-
obachten werde.
Ein Viertelstündchen außerhalb des Dorfes gehörte eine
sogenannte Tbalweide zum Goldreiner Hofe.
Der Weg schmiegte sich dorr enge an den schäumenden
Bach und ein bemooster Felsen lag unmittelbar neben der
Brücke. Auf diesen Felsen war sie oft geklettert und hatte
hinausgeschaut nach Süden, wo eine Kette von Schneebergen
scheinbar das Thal abschloß. .
Dort gingen all' die Wanderer vorbei, welche thalaus
oder thalein zogen, und im Sommer besonders hatte es ihr
als Kind viel Spaß gemacht, die Touristen zu beobachten,
welche oft in ganz sonderbarer Tracht daher kamen.
Es war ein sonniger Samstag Abend, als sich Rosel auf-
machte, ihren Posten auf dem Felsblock an der Brücke zu be-
ziehen. Sie hatte sich einfach und werktäglich gekleidet, denn
gesetzt der Fall, der Maler würde sie ansprechen, und das
batten die Touristen früher schon oft,gethan, so wollte sie sich
als eine Jungmagd ausgeben. Hurtig schritt sie des Weges
und als sie bei der kleinen Kapelle um die Ecke bog, wo
knapp davon der Felsblock lag, blieb sie mit einem Schrei der
Ueberraschung stehen. Auf ihrem Observatorium saß ein
junger, schlanker Mann in einfacher Touristentracht, den Hut
hatte er neben sich gelegt und so fiel das volle, Helle Abend-
licht auf sein blasses, träumerisches Gesicht und sein blondes
Haar.
Regungslos saß er oben und blickte hinaus zum Thale,
wo es auf den fernen Bergen funkelte und schimmerte,
als dränge die innere Gluth der Berge durch die Firne und
Gletscher.
„Es giebt keine Sprache, die Wort genug hatte
Den Schmerz zu beschreiben,
Daß Du ach so ferne und ich so allein
Mit meiner Sehnsucht muß bleiben,"

zwei von Sachsen und eines von Württemberg aufgestellt, während
Preußen gemeinschaftlich mit den übrigen Staaten 17 Armee-
korps formirt.
In der Begründung des Gesetzentwurfs wird be-
tont, daß die Verhältnisse, die vor fünf Jahren eine Ver-
stärkung der Armee nöthig machten, sich nicht geändert
haben. Nach wie vor fei Deutschland infolge seiner
geographischen Lage bedroht. Die Rüstungen der Nachbar-
staaten seien auch in der Zwischenzeit planmäßig und mit
dem Aufwande großer Mittel fortgesetzt worden. Zwar
biete die Friedenskundgebung des Kaisers von Rußland
die Gewähr, daß zur Zeit ein Angriffskrieg von dieser
Seite nicht beabsichtigt sei, aber eine Abrüstung sei
nirgends erfolgt und auch unter den gegenwärtigen Ver-
hältnissen kaum zu erwarten. Die Nachbarstaaten Frank-
reich und das europäische Rußland arbeiteten rastlos an
der Vervollkommnung ihres Heerwesens und steigerten die
jährlichen Rekrutenaushebungen auf 250 000 bezw.
300 000 Mann, während in Deutschland die etatmäßige
Zahl der Rekruten 227 000 Mann betrage. Wenn wir
uns der Nothwendigkeit nicht verschließen würden, daß zur
Erhaltung der Schlagfertigkeit unseres Heeres organisa-
torische Maßregeln ergriffen werden müssen, so biete doch
die gegenwärtige politische und militärische Lage die
Möglichkeit, von dem System plötzlicher erheblicher Heeres-
verstärkungen abzugehen und statt dessen einen planmäßigen
und ruhigen Ausbau ins Auge zu fassen. Der Gesetz-
entwurf behalte die Festsetzung der Friedenspräsenzstärke
auf einen fünfjährigen Zeitraum bei, vertheile diese auf
mehrere Jahre und unterstelle sie der Bewilligung durch
den Etat. Hinsichtlich der Dauer der aktiven Dienstzeit
werden die Bestimmungen des Gesetzes vom 3. August 1893
aufrecht erhalten. Es sei gelungen, trotz der kurzen Dienst-
zeit die Anforderungen des Dienstes im Frieden vorläufig
zu erfüllen. Dies sei auch in Zukunft zu erhoffen, wenn
die beabsichtigten Verbesserungen gemacht würden. Ueber
die Wirkung der gekürzten Dienstzeit auf die militärische
Leistungsfähigkeit des Beurlaubtenstandes lägen zur Zeit
keine ausreichenden Erfahrungen vor.
— Aus der Begründung der Militärvorlage ist
noch zu erwähnen: Das 1. (Ostpreußen) und 14. Armee-
korps (Baden und Elsaß-Lothringen) sind durch die
wiederholte, im Interesse der Landesvertheidigung gebotene
Vermehrung ihrer Truppenthcile allmählich weit über die
gewöhnliche Stärke angewachsen. Die Befehlsführung wird
dadurch gerade in den schwierigsten Verhältnissen nahe der
Grenze außerordentlich beeinträchtigt, sodaß eine Ver-
kleinerung der Verbände durch Einschaltung einer neuen
Kommanvobehörde als unabweisbares Bedürfniß sich heraus-
gestellt hat. Bei beiden Armeekorps soll deshalb der
Stab für eine 3 Division aufgestellt werden. Die Auf-
bringung des entsprechenden Mehrbedarfs an Rekruten in
der Höchstzahl von etwa 11 009 Manu stößt auf keinerlei
Schwierigkeiten. Nach den Erfahrungen bei der Heeres-
ergänzung ergibt sich, daß alljährlich etwa 30000 Militär-
pflichtige überschießen, welche diensttauglich sind, aber nicht
ausgehoben zu werden brauchen, weil ohne sie der Rekruten-
bedarf gedeckt ist. Es kann daher weder ein Herabgehen
in den Ansprüchen an die Körperbeschaffenheit, noch eine
verschärfte Beurtheilung der Gesuche um Befreiung vom
aktiven Dienst auf Grund bürgerlicher Verhältnisse in
Frage kommen.
— Die Londoner Morni ng Post sagt bei einer kurzen
Besprechung der neuen Heeresvorlage Deutsch-
lands: Das ist die Antwort Deutschlands auf den Ab-
rüstungsvorschlag des Zaren! Wenn sie den philanthropi-
schen Leuten, die so große Hoffnungen auf die erleuchteten
Vorschläge des Zaren setzten, eine kleine Enttäuschung ist.

sang er leise mit bebender Stimme und eine Thräne rollte
über seine Wange.
Tiefes Mitleid zog ein in das Herz des Thaldiandls und
eine innere Stimme sagte ihr, daß der fremde, traurige
Mann der erwartete Gast sein müsse. Lange betrachtete sie
denselben und verhielt sich mäuschenstille, um ihn nicht zu
erschrecken.
Endlich entschloß sie sich doch zu einer Anrede.
„Gelt, schön ist's, wenn man thalaus schaut auf'n
Abend und die Sonn' geht schlafen und die Berg' fangen an
zu leuchten."
Da wendete sich der junge Mann erstaunt ob der An-
sprache um.
„Findest auch G'fallen, wenn die Sonne so schön Abschied
nimmt S"
„Freili, o freili," entgegnete das Mädchen. „Schau' die
Leut lachen mi schier gar aus, wenn i daher red, wie mir
um's Herz ist. Da hat der Pfarrer a mal predigt, leicht a
Stund hat er braucht, wie's Glück sei, dös Gott den recht-
schaffnen Leuten schenkt, und wie's sei, wenn's fortaeht. Und
die Sach ist ja so leicht zu beschreiben! s' Glück ist a Heller
sonniger Tag. und wenn's fort geht, ist der Sonnenunter-
gang. Wenn's zwielichtek^und dämmert, so stell i mir's Un-
glück vor und wenn die Sternlein aufgehn, selb kummr mir
vor, wie der Trost."
„Wenn die Sonne untergeht, so geht das Glück mit ihr."
sagte seufzend der junge Mann. „Und mir ist die Sonne
untergegangen auf immer!"
(Fortsetzung folgt.)
Concert Ballio.
Fx Heidelberg, 8. December.
Das jugendliche Damen-Trio Ballio hat bei seinem gestrigen
Austreten einen sehr angenehmen, erfreulichen Eindruck gemacht.
Man begegnete sympathischen concertreifen Künstlerinnen. Am
meisten interessirt die Cellistin Fr!. Anna Ballio, die über
einen sehr weichen, runden und singenden Ton verfügt und zarte,
 
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