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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

DOI issue:
Nr. 49
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Drais, Karl: Über Edelmetall-Legierungen unter besonderer Berücksichtigung der Schmelzpunkte
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0371

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1908 o.- ■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■ -333

Über Edelmetall-Legierungen 5iXn»e^^^Äte.
Von Karl Drais, Pforzheim — mit dem 3. Preis gekrönte Arbeit.
Motto: Nicht Kunst und Wissenschaft allein,
auch Gold muss bei den Proben sein.
(mit Koaksfeuerung) verdrängt; neuerdings werden vielfach
Gasöfen mit Luftgebläse eingeführt. Für den Schmelzer soll
das Schmelzen im elektrischen Ofen das angenehmste sein.

Mit dem 6. Preisausschreiben bezweckt das „Journal
der Goldschmiedekunst“, eine für den Goldschmied wichtige
Frage zu lösen. Das Schmelzen von Edelmetalllegierungen
hat schon Manchem grossen Verdruss bereitet, und wer die
Anfragen in den Fachzeitschriften verfolgt, dem wird es
nicht entgangen sein, dass auf diesem Gebiet nicht nur
viel Unkenntnis und Unklarheit, sondern auch grosse
Meinungsverschiedenheit herrscht. Diese Meinungsver-
schiedenheiten werden auch in den verschiedenen Preis-
bewerbungen zu Tage treten, und zwar nicht zuletzt bei
Beantwortung der Frage: „Hat die Ermittelung der Skala
der Schmelzpunkte beim Schmelzen selbst praktische Be-
deutung?“
Ehe ich zur Beantwortung der Preisaufgabe schreite,
halte ich es für angebracht, meine Ansicht darüber klar-
zulegen, was der Goldschmied über Legierungen und
Schmelzen wissen muss. Der Vollständigkeit wegen muss
ich natürlich auch allgemein Bekanntes wiederholen.
Während man im Altertum, wie die verschiedenen
Funde beweisen, offenbar möglichst reines Metall zur Her-
stellung der Schmucksachen verwendete, ist man nach und
nach dazu übergegangen, die Edelmetalle mit unedlen
Metallen zusammenzuschmelzen — zu legieren. Der Grund
dafür war wohl anfangs weniger im Kostenpunkt zu suchen
als in dem Bestreben, ein möglicht solides Material zu
erhalten, ein Material, welches Eigenschaften besitzt, die
die Mängel des puren Metalls aufheben, wie dies die
mannigfaltigen Legierungen tun. Die Zusammensetzung
wurde offenbar vielfach geheimgehalten, wie auch die Art
und Weise der verschiedenen Schmelzver/ö/zre/? und Schmelz-
mittel. Ja, man kann sagen, dass noch heute viele Prak-
tiker ihre Methode geheimhalten und mit ins Grab nehmen.
Ob das, was sie geheimhalten, für andere immer wertvoll
gewesen wäre, oder ob es lediglich die durch lange Uebung
erworbene Fertigkeit und Erfahrung war, will ich dahin-
gestellt sein lassen.
Gegenüber dem ehrwürdigen Kollegen vergangener
Zeiten ist der heutige Goldschmied viel, viel besser dran,
denn vor allem ist es ihm ein Leichtes, sich diejenigen
Metalle zu verschaffen, die in jeder Beziehung die für seine
Zwecke erforderlichen Eigenschaften besitzen, und dies ist
an erster Stelle die Reinheit des Metalls. Wenn auch die
Behandlung beim Schmelzen für die Qualität der Legierung
eine grosse Rolle spielt, so darf man doch nicht äusser
Acht lassen, dass die Qualität des Rohmaterials dieselbe
nicht weniger günstig oder ungünstig beeinflusst.
Ich erinnere nur daran, dass das Silber gewisser Hütten
ungern verarbeitet wird; dasselbe gilt für gewisse Münz-
sorten, und wem wäre heute nicht bekannt, dass das elek-
trolytische Kupfer für unsere Zwecke das Beste ist? Ferner
sei darauf hingewiesen, dass es nicht immer vorteilhaft ist,
„Güldisch“, d.h. aus Abfällen und Feilung wiedergewonnenes
Gold, zu verarbeiten.
g- Die Schmelzmethoden selbst haben im Laufe der Zeit
mannigfaltige Veränderungen erfahren, insbesondere ist dies
in den grossen Fabrikzentren der Fall. Die Esse, das früher
unentbehrlichste Inventarstück, hat ihre Schuldigkeit getan.
Vom Schmelzen mit Holzkohlen kommt man hier mehr und
mehr ab, da die Kosten zu hohe sind, obwohl nach über-
einstimmender Ansicht vieler Techniker das Schmelzen in
Holzkohlenfeuer die vorzüglichsten Resultate ergeben soll.
Zuerst wurde die Esse durch die Grötzschen Schmelzöfen

Von den verschiedenen Tiegelsorten werden wohl am
meisten Graphittiegel,— vereinzelt, da noch sehr wenig be-
kannt — unglasierte Chamottetiegel verwendet. Die letzteren
haben den Vorzug, dass beim Schmelzen Fluss- bezw.
Reinigungsmittel (z. B. Salpeter) zugesetzt werden können,
was bei Graphittiegeln nicht angängig ist, weil diese da-
durch sehr rasch unbrauchbar werden (Pariser Methode).
Eigentliche Flussmittel werden beim Schmelzen von
Legierungen noch verhältnismässig wenig gebraucht. Bei
der schon angedeuteten Pariser Methode -dienen als solche
neben Borax noch Salpeter und roher Weinstein. In der
Regel begnügen sich die Schmelzer damit, das Schmelzgut
mit Kohlenstaub und Zucker zu bedecken, um den Zutritt
der Luft zu verhüten. Als Reinigungsmittel werfen auch
Manche vor dem Ausgiessen eine Kleinigkeit Ammoniak,
wasserfreies Kupferchlorid oder Sublimat in den Tiegel,
Das Schmelzverfahren, das ich für zweckmässig be-
funden habe, ist kurz folgendes:
Gasofen mit Gebläse, Chamottetiegel und Anwendung
von Schmelzmitteln. Wenn es sich um Schmelzung
von grösseren Quantitäten handelt, kommt zunächst das
Kupfer mit dem Flussmittel, bestehend aus Borax und einer
Kleinigkeit Salpeter, in den Tiegel. Wenn das Kupfer zu
schmelzen beginnt, was bei 1085 Grad Celsius der Fall
ist, setzt man Silber und Gold zu, das nun verhältnis-
mässig rasch flüssig wird. Das Goldgemisch wird jetzt
tüchtig mit einem Tonscherben oder Tonstab gerührt.
Sobald nun das Gold ein Aussehen wie die Sonne, den
sogenannten Blick, zeigt, was bei einem Gasofen leicht
zu beobachten ist, ist der richtige Moment zum Ausgiessen
gekommen (dasselbe gilt auch für Silberlegierungen).
Diese Temperatur des Metallgemisches ist der Schmelz-
punkt der Legierung.*) Nach dem Ausgiessen wird der
Barren zerschnitten und nochmals umgeschmolzen. — Bei
Legierungen mit Zusatz von Kadmium (für Lot), Messing
und Zink ist es ratsam, diese Metalle erst beim zweiten
Schmelzgang kurz vor dem Ausgiessen beizugeben.
Wir bekommen also für eine derartige Legierung zwei
zu beachtende Schmelzpunkte, den der ersten und den
der zweiten Schmelzung.
Durch den jedenfalls grossen Wettbewerb wird die
Redaktion in den Besitz einer sehr mannigfaltigen und
reichen Skala kommen, denn so mannigfaltig die Zu-
sammensetzung einer Legierung desselben Feingehalts
ist, ebenso verschieden werden die Schmelzpunkte der-
selben sein. Durch verhältnismässig geringe Verschiebung
des Zusatzes kann z. B. ein Goldlot hart- oder weichflüssig
gemacht werden; da diese Differenz ca. 50 Grad Celsius
ausmacht, so ergibt sich, dass jede einzelne Legierung
eigentlich einen spezifischen Schmelzpunkt besitzt.
Ich habe auf beigegebener Tabelle nun unter anderem
auch die Schmelzpunkte der Metalle vermerkt, und es wird
mancher Kollege erstaunt sein, zu hören, dass es ein
Irrtum wäre, anzunehmen, der Schmelzpunkt der Legierung
sei durch Rechnung zu ermitteln. Es ist bis heute noch
keine Formel gefunden worden, auf Grund welcher sich
*) Diese Temperatur, zum Ausgiessen geeignet, liegt etwas
höher als der eigentliche Schmelzpunkt. Die Red.
 
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