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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Guthmer, Ferdinand: Muster-Salon im Rokokostil
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Einen neuen Zimmer-Springbrunnen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0012

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Illustr. kunstgewe rbl. Zeitschrift für „I nn en-D eko r at io n".

Ianuar-kseft.

im MoKoKolttl.

s war zu erwarten, daß jene entschiedene Schwenkung zu dem
Barack- und Rokoko-Stil, welchen der Geschmack unserer bc-
sitzenden Klassen in der jüngsten Zeit genommen, auf der letzten
großen Kunst-Ausstellung, der im Jahre ^888 zu München
veranstalteten, ihren Ausdruck finden würde, wenn dies nicht
in noch umfassenderer weise geschah, wenn die beachtcnswerthen dekorativen Leist-
ungen des genannten Stiles sich im wesentlichen auf München beschränkten, so
ist dies einmal dadurch zu erklären, daß die Bewegung in Deutschland damals
noch zu jungen Datums war, um eine große Zahl geschulter Kräfte voraussetzen
zu lassen, und daß andrerseits, wie dies des Meftercn mit Bedauern ausgesprochen
worden ist, die Münchener Ausstellung nach der Seite der Betheiligung der großen
Möbel- und Dekorationsgeschäste empfindliche Lücken bemerken ließ.

Ls gibt wohl kaum einen Stil, der so weitgehende Anforderungen an die
Geschicklichkeit der Aussührenden stellte, wie derjenige der sogenannten Spätzeit,
des Barock- und Rokoko. Der leistungsfähige, seiner Kraft sich bewußte Arbeiter

vollste unter den letzteren wird dem Leser in beifolgendem Bilde vorgeführt: es
ist der Salon, welchen — wie man damals erfuhr — auf Bestellung eines sehr
vornehmen Bauherrn der Hofdekoratär Anton Pössenbacher in München ausgeführt
hatte. Der Eindruck dieses Raumes war der einer höchst soliden Pracht — eine
feierliche Tiefe des Gesammttons, der diesem Stil sonst nicht eigenthümlich ist,,
hier aber eine zwar pomphafte, aber doch nicht unharmonische Gesammtwirkung
ergab. Es war motivirt durch die Verwendung eines kostbaren, tieffarbigem
ausländischen Holzes zu den Wandbekleidungen, gegen welchen die reichgeschnitzten
vergoldeten Kehlungen ungemein kräftig kontrastirten. Nit vollendeter Sicherheit:
waren zu diesen: energischen Klang die Wand- und Deckengemälde des Professors
Anton Wagner gestimmt. Ihnen war es hauptsächlich zu verdanken, wenn dies
überreiche Spiel der Formen, das seine Vorbilder in den köstlichen Schöpfungen von
vranools äe LuvUIies' im Nymphenburger parke gewählt hatte, das Auge nicht
beunruhigte, sondern einen überaus wohlthuenden Eindruck machte.

Das Pössenbacher'sche Zimmer neben einigen anderen gleich gelungenen

Abbildung Nr. s22. Sglon im Rokokostil.

Entworfen und ausgeführt von Anton Pössenbacher und Josef Wagner in München.

wird sich immer am liebsten der Aufgabe zuwenden, die ihm Gelegenheit gibt,
zu zeigen, was er kann, die seiner sprudelnden Fantasie keine Schranken, kein
„Das paßt sich nicht I" entgegensetzt. Und wo fände der Künstler größere persön-
liche Freiheit, als in: Rokoko? Ist es doch ein Stil, für den Stilrcgeln, wie sie
ein vignola, ein Scamozzi für die Renaissance aufstellt, einfach nicht cristiren.
Mehr als jeder andere trägt er dagegen seinen Zügel, seinen Schutz vor Ueber-
treibungen in sich selbst, am geschmackvollen Maßhalten, das sich der Künstler auf-
erlegen muß! Dies Maßhalten ist kaum zu lernen, es ist eben das Zeichen
höchster Künstlerschaft. Wer cs besitzt neben künstlerischem vermögen, der wird
Rokoko machen können, wer es nicht besitzt, der soll sich an diesen Stil nicht
wagen. Wir dürfen dabei auch nicht übersehen, daß ein Stil, der an die Hand-
geschicklichkeit des Kunsthandwerkers die höchsten Anforderungen stellt, jede
Schlenderarbeit, jeder handwerklichen Dutzendwaarc in: innersten Herzen Feind ist."
Diese Betrachtungen, mit welchen der Verfasser in einem bei Gelegenheit der
Münchener Ansstcllnng geschriebenen Aufsatz das Auftreten des Rokoko begrüßte,
geben uns auch den Standpunkt für die Beurtheilungeu der zwar nicht zahlreichen,
aber um so gelungeneren Vertretungen dieses Stils. Wohl die künstlerisch Werth-

Leistungen, wir erwähnen nur die von Radspieler, Fritz'sche, das Fürstenzimmer>
u. A. haben bewiesen, daß unsere Zeit den Aufgaben im Stil des Rokoko gewachsen,
ist. Der hohe Aufwand von Kunstfertigkeit, den derselbe erheischt, wird ihn immer
nur einzelnen bevorzugten Bestellern zugänglich machen. Mögen ihm dieselben in
Deutschland auch sernerhiu nicht fehlen! Vv<tf. Wkrd. Wukhmev.

Dinen nenen Zimmer.»Springürnnnen

hat der Ingenieur B. Rheiuisch in Alfeld a. d. Leine erfunden. Dieser Spring-
brunnen besteht aus zwei durch einen Schlauch verbundenen und von einem,
parallel-Hebelsystem getragenen Becken, welche beide mit Fontänonmundstück
versehen und in solcher Weise in der Höhenlage verstellbar sind, daß abwechselnd
das eine hochstehende den Wasserbehälter bildet und dem andern unteren das
zun: Betriebe nöthige Wasser liefert. Diese Verstellung wird durch ein abwech-
selnd an das eine oder andere Becken angehängtes Gewicht bewirkt.

Die Erfindung ermöglicht dem Ligenthümer einer solchen Einrichtung, das
wasser permanent springen zu lassen, dabei aber des lästigen Rachfüllens des.
Wasserbehälters überhoben zu sein.
 
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