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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Ferenczy, Max: Merkwürdige Fächer, [2]: eine kulturhistorische kunstgewerbliche Plauderei
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Berliner Gobelin
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Luthmer, Ferdinand: Etwas über Wohnungs-Einrichtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0109

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Juni-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Inn en - D eko r a ti o n".

Seite 8A.

Amnuth und Eleganz des Ausschmuckes ohne Vergleich in der vor-
dersten Reihe. — Will uns eine Sammlung im Grunde so nichtiger
Dinge, wie diese Fächer unleugbar sind, in einem ernstem Studium
und Bestrebungen gewidmeten Gebäude auf den ersten Blick 'einiger-
maßen befremdlich erscheinen, so wird sich andererseits doch nicht
verkennen lassen, daß der Fächer seiner gewissen kulturgeschichtlichen
Bedeutung nicht entbehrt, und auch in kunstgewerblicher Beziehung
nicht zu verachten ist, da er dein Kunstindustriellen reiche Gelegenheit
zur Bethätigung von Schönheitssinn und Geschmack darbietet.

Wronfe-Wguv mik Wsmpe für Vluhlichk

SeEnev Woöelin.

ler von der Firma Aiesch
^ 6c Go. vor einigen Jahren
nach einem Entwürfe des Herrn
Professor Ewald in Angriff ge-
nommene Gobelin-Wandteppich
ist nunmehr vollendet. Es ist
der erste Gobelinteppich, welcher
nach hundert Jahren, nach dem
Eingehen der unter dem großen
Kurfürsten gegründeten Mercier
schen, späteren Vigne'schen Mw
nusaktur, die sich mit Unterstütz-
ung Friedliches des Großen bis
zu dessen Tods gehalten hat, in
Berlin wieder hergestellt worden
ist. Es hat große Blühe ge-
kostet, uni das Kunstwerk zu
vollenden. Es galt, geeignete
Arbeiterinnen Heranzuziehen und
diese mit der besonderen Art der
Handweberei bekannt zu machen
Es galt auch, die nothwendigen
farbigen Wollen zu beschaffen,
um die feinen und feinsten Ab-
tönungen der vom Künstler an-
gegebenen Farben wiederzugeben.

Zum Theile sind französische
Wollen benutzt worden, in letzter
Zeit aber auch solche, welche
durch das dankenswerthe Ent-
gegenkommen der königl. Staats-
regierung in dem chemischen La-
boratorium der Weberschule zu
Krefeld in einer so vollkommenen
Weise gefärbt wurden, daß sie
in Bezug aus Reichthum und
Glanz der Töne den französischen
nichts nachgeben. Das Motiv
des Teppichs ist ein Stillleben,
ein farbenfrohes, wohl zusam-
mengestimmtes Blumenstück mit
einer schönen Vase, umgeben von
prächtiger Bordüre. Die schöne
Arbeit ist ein beredtes Zeugniß
deutschen Gewerbfleißes. Wer
die vornehme Wirkung der Go-
belin-Wandteppiche im Foyer der
Großen Oper zu Paris, welche in der französischen Staatsmanusaktur
hergestellt wurden, kennt, oder wer sich dem Eindruck der schönen, nach
Raphael'schen Tartons hergestellten Gobelins in der Rotunde des Alten
Berliner Museums hingegeben hat, wird überzeugt sein, daß ein
solcher Wandschmuck der schönste und vollkommenste ist, den es gibt.
Man mag gegenüber der fortgeschrittenen Leistung der Maschinenweberei
eine pflege der mühsamen Gobelin-Handweberei nicht mehr für nöthig
halten, und doch, nichts geht über die menschliche Hand, deren Gefühl
und Ausdruck eine Maschine, und sei sie noch so vollkommen, niemals
wiederzugeben vermag. Vielleicht bringen wir später eine Abbildung.

lmns ttöer

oymmgs - Minrichtrulgerr.

von Professor fferd. Luthiner.

icht blos bei edlen „Frauen" darfst du fragen, willst du er-
fahren, was sich recht geziemt,—wenigstens soweit letztere
8 Frage deine Einrichtung betrifft, — da gibt es noch eine
höhere Instanz — den Tapezier! Du kennst ihn sonst als höflichen
und bescheidenen Mann: in dem Augenblick aber, wo du mit ihm über
Aenderungen in deiner Wohnung zu verhandeln hast, wie sie ja, dank

unserm Nomadenleben, der Mo-
nat Juni so manchem Glücklichen
bringt — in dem Augenblicke än-
dert er sein Auftreten. Leine For-
derungen nehmen den Karakter
drakonischer Gesetze an — in der
Unfehlbarkeit seiner Anordnung-
en ist er dem Haupt der Thristen-
heit „über", und es bleibt dir
nichts übrig, als dich schweigend
einer Autorität zu beugen, gegen
die es keine Appellation gibt.

Es sei ferne von uns, an
dieser Autorität rütteln zu wol-
len; im Gegentheil wünschen wir
dir, verehrter Leser, daß du die
Sorgen der Wohnungs-Einricht-
ung auf einen Dekoratör abwälzen
könntest, der seiner Ausgabe voll
und mit künstlerischem Anne ge-
wachsen ist. Und was ist diese
Aufgabe? Wir können die Ant-
wort kurz zusammenfassen: Dir
ein Heim zu schaffen, das dir zu
Gesicht steht, wie der Dame ihre
Toilette, das jedem dritten ein
Bild gerade deiner Persönlichkeit
gibt, woraus er dich erkennen
kann, ohne dich zu kennen, das
genau so für keinen Andern passen
würde. Wenn man dieForderung
zu hoch spannt, müßte eigentlich
keine Hauseinrichtung der anderen
gleich sein, und die Dekoratöre
müßten in ganz anderem Sinne
Künstler sein, als sie sind, und
als man billigerweise von ihnen
verlangen kann. Ja, wir sind
eigentlich in unsrer modernen
Hauseinrichtung ziemlich weit von
der Erfüllung jener Forderungen
entfernt. Rücksicht auf die Per-
son des Bewohners finden wir
eigentlich nur in dem Damen-
boudoir, insofern der Dekoratör
einer ausgesprochenen Blondine
sicher stets hellblaue Tapete und
Stoffe und einer Dame von dunk-
lem Teint gelbe oder rothe Zim-
merfarbe vorschlagen wird. Ab-
gesehen von diesem kleinen individuellen Zuge kann man eigentlich
sagen, daß unsere modernen Wohnungs-Einrichtungen, mögen sie sich
im Geleise des Hergebrachten bewegen oder schon in die neue, sog.
Renaissancerichtung eingelenkt sein, sich zum Verwechseln ähnlich sehen.
Das kommt daher, weil in einer ordnungsmäßig eingerichteten Wohn-
ung Alles zu einander passen muß, passen nach einem geheimen unge-
schriebenen aber allmächtigen Gesetz, dessen Hohepriester eben die
vorhin erwähnte Autorität, der Tapezier, ist.

Aber nicht blos in Möbeln und Stoff droht das Wort „passend"
unserm persönlichen Geschmack mit spanischen Stiefeln und Daumen-
 
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