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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Böttcher, Friedrich: Die Verzierung der Möbel, Klaviere und Kleingeräte mittels des "Tauschirens"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0204

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Leite s76.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Dezember-Heft.

^Aie 'Dtr^jermtg Klaviere unö-Dlemgevättze mittels öes^^aufchrvens".

Von Friedr

ln einem besonderen Pavillon der letzten land- und forst-
wirtschaftlichen Ausstellung in Wien hatten die okkupirten
Provinzen ihre hausindustriellen Erzeugnisse untergebracht
und erregten vor allen die in Bosnien gefertigten Möbel, deren
Flächen mit feinen Linienverzierungen in Messing, Zinn und Rupfer,
im Geschmack des persischen Flachmusters, bedeckt waren, die Auf-
merksamkeit der Besucher und Dir. I. v. Falk sagt über dieselbe:

„Die Wirkung dieser Arbeiten war eine so vornehme und künst-
lerische, daß es zu bedauern wäre, wenn die Anwendung der an und
für sich nicht schwierigen Technik auf Bosnien beschränkt bliebe. Sie
scheint sehr geeignet, die Ziermittel der Marketerie auch im euro-
päischen Runstgewerbe zu bereichern. Es ist zwar nicht anzunehmen,
daß dieses bald die auf altorientalischer Handwerksttberlieferung fest
gegründete bosnische Industrie an Feinheit erreichen wird, aber die
Technik ist hier einer weiteren, vielseitigeren Entfaltung fähig, wo sie
nicht an die an und für sich ja musterhaften, orientalischen Formen
gebunden ist. In
unserem Runstge-
werbe müßte sich
daher die Metall-
industrie mit der far-
bigen Marketerie in
Holz in Verbindung
fetzen und kann es
der letzteren nur
zum Vortheil ge-
reichen, wenn ihre
Wirkung durch den
Glanz des Metalles
erhöht wird."

Die Technik des
Tauschirens ist ein
Ueberbleibsel der
feit dem frühen
Mittelalter im Ori-
ent nachweisbaren
Tauschirung oder
Damascirung auf
Metall, und als
diese noch früher in
Persien und Indien
blühende Industrie
ausgestorben war,
erhielt sich das
gleiche Zierverfah-
ren noch in leichter
zu behandelnden

ich Böttcher.

Anfänglich wurden nur kleine Gebrauchs- und Ziergegenstände
angefertigt, den Werkstätten aber auch edlere Holzsorten zugeführt,
und zwar nur solche, von deren röthlichem, dunkelbraunem, schwarzem
oder olivengrünem Grunde sich das feine Ornament in Metallfäden
geschmackvoll und deutlich abheben kann. Die Motive der Orna-
mentik sind von Alters her dem orientalischen Runsthandwerk eigen-
thümlich, es sind dieselben, die überall da zur Anwendung kommen,
wo es sich uni Verzierung einer Fläche mit einfachen Linien handelt,
also vornehmlich in der Tauschirung und in der Filigranarbeit. Das
„Tauschiren" ist ein ausgezeichnetes Verfahren um Sessel, Stühle,
Tische, Rästen, Etageren, Spiegel und Bilderrahmen sowie andere
Möbel geschmackvoll und dauernd zu verzieren, dies umso mehr, als
diese Verzierungsweise von jedem geschickten Holzbildhauer und Runst-
tischler ausgeführt werden kann. Doch auch Herren und Damen, die der
Runstindustrie huldigen und dieselbe vielleicht auch selbst ausüben, es sei
nur beispielsweise an das Malen, Ausschneiden, Schnitzen, Brennen

und Punzen er-
innert, können sich
in ihren Muße-
stunden beschäf-
tigen und es kann
auch kaum eine
angenehmere und
dankbarere Be-
schäftigung als das
Tauschiren geben
und kann dieselbe
auch von jedem
Alter und Ge-
schlecht in jedem
Raum und bei
jeder Tageszeit
ausgeübt werden,
auch eignen sich die
mit dieser Technik
verzierten Gegen-
stände, nicht allein
zum eignen Ge-
brauch, als auch in
ganz vorzüglicher
Weise zu Weih-
nachts-, Geburts-
tags- und Hoch-
zeitsgeschenken und
namentlich dann,
wenn sie in passen-
der Weise mit

Abbildung Nr. 26-z. Wohnzimmer mit Möbeln in Nußbaumholz. Altdeutscher Stil.

Entworfen und ausgeführt von Architekt Dtto Lritzsche, München.

Stoffen, wie Horn und Holz. Die österreichische Regierung unternahm
es, diese schöne Hausindustrie auch dem europäischen Gebrauche dienst-
bar zu machen und ihr durch ein größeres Absatzgebiet neues Leben
einzuflößen. Wie nun eine derartige Reform und Ausnutzung nicht
gemacht werden muß, das zeigt das Vorgehen der Engländer in
Indien, denn dort wurden den orientalischen Arbeitsweisen euro-
päische Motive untergeschoben und hierdurch wie auch durch die Ein-
führung der so billigen Anilinfarben das altüberlieferte Formgefühl
und der Formensinn verdorben. In Oesterreich beachtete man das
sehr wohl und hat nur so viel geändert als nöthig war, um den
bosnischen Erzeugnissen weitere Verwerthbarkeit zu verschaffen. Die
alte Ornamentik blieb unberührt, weder die Renaissance noch sonstige
Motive wurden ihr zugeführt, vor allem auch, die Entwerthung durch
weniger sorgfältig ausgeführte Massenarbeit verhütet. Man hat
die besten Arbeiter, die sich noch fanden, angehalten, als Leiter der
Werkstätten von Serajewo, Foca und Livno Schüler auszubilden*
und ihre Runst auf Gegenstände des europäischen Gebrauches und
europäischem Geschmacksinn entsprechend, auszuüben.

* Die Sächsische Regierung errichtete für diesen Zweig des Rnnstgewerbes
in der Gewerbeschule zu Grünhainichen im Sachs. Erzgebirge eine Lehrwerkstatt.

geschmackvollen Schnitzereien in Verbindung gebracht werden.

Das Tauschirverfahren ist folgendes: Zunächst wird die Zeich-
nung auf das Holz übertragen, welches mittels des Ropirverfahrens
geschieht, indem man weißes Pause- oder Ropirpapier zwischen den
zu verzierenden Gegenstand und die Zeichnung legt und mittels eines
Hornstiftes die Ronturen der Zeichnung übergeht. Sollte jedoch irgend
eine Zeichnung mehrmals gebraucht werden, so dürfte es besser sein,
wenn dieselbe von einem Lithographen vervielfältigt wird; die von
einem solchen hergestellten Bogen werden dann aufgeklebt, wodurch
das Pausen in Wegfall gebracht wird, und die stehen gebliebenen
Papierreste werden mit Wasser abgewaschen. Das Metallblech, wel-
ches zum Einlegen in das Holz verwendet werden soll, Zink, Messing,
Rupfer usw. wird mit einer Scheere in ca. 2 mm breite Streifen
zerschnitten und dann durch eine Flachzange gezogen und nach unten
zu, um das Eindringen in das Holz zu erleichtern, etwas abgefeilt.
Nun werden die hierzu passend erhältlichen, relativ billigen Eisen ge-
nommen und mit denselben und einem ebenso passenden Hammer
die Zeichnung eingeschlagen, dann dem zurechtgelegten Metall-
streifen mit einer Zange die erforderliche Biegung gegeben und in
den Schnitt mit der Hand eingesetzt. Grade Linien werden mit einem
 
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