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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Die Blitzgefährlichkeit des Telefons
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Die Bedeutung der Posamenten für Zimmer-Dekorationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0158

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September-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Seite s33.

deöeutmtg der dofainenten Ajmmcx eKoraljonen.

schon vorauszusetzen ist, daß allen Fachgenossen der
Möbelposamenterie die Bedeutung ihrer Erzeugnisse für
Zimmerdekoration bewußt ist, so dürfte doch Manchem
-eine offene Aussprache über dieses Thema interessant und nützlich sein.
-— Beim Betreten einer herrschaftlichen Wohnung wird der pofamentirer
'seine Augen gewiß zunächst auf die an den Möbeln und Gardinen an-
gebrachten Posamenten haben,

-er wird sogar oft den Kunst-
-finn des Wohnungsinhabers
mach den angebrachten posa-
mienten bemessen, und zwar nicht
nnit Unrecht, denn wenn sich ein
kunstsinniger Mensch eine Wohn-
ung einrichten läßt, so weiß er
-auch, daß die Posamenten einen
Hauptsaktor einer vornehmen
.Zimmerdekoration bilden, der-
selbe wird, wenn er den Posa-
rnentirer nicht selbst aussucht,

-sich wenigstens vom Tapezirer,
welchen er mit der Ausführung
-der Ausstattung betraut hat,

Posamentenmuster zu den Mö-
beln und Gardinen vorlegen,

Dez. nach den gewählten Stoffen
-solche anfertigen lassen. So un-
bequem uns nun die Anfertigung
-solcher Muster bezw. Farben-
urrangementproben sind, da die-
selben an Zeitverbrauch von
unserer Kundschaft unterschätzt werden, so müssen wir doch im Inter-
esse unsres Berufs solche Opfer gern bringen, denn gerade diese Käufer
ffnd es, welche unfern Beruf fördern und die kunstgewerbliche Bedeut-
ung desselben zu schätzen wissen.

Leider fehlt einem großen Theil des kaufkräftigen Publikums das
wahre Verständniß für Möbelposamenten, und ist in dieser Beziehung das
Verständniß für geschmackvolle Konfektionspofamenterie wesentlich besser

ausgebildet, es ist eben bei uns wie überall! Die Damen legen vorwiegend
mehr ihren Geschmack auf das, was sie an sich tragen, und kommt es
solchen bei Dekorirung eines Kleides auch oft auf hohen Preis nicht an;
wohl sollten dieselben den Geschmack, welchen sie an ihren Roben
zeigen, auch mit dem ihrer Zimmerdekoration in Einklang bringen.
Welche Geschmackverirrung findet man häufig beim Betreten eines

Boudoirs, welches der Dame als
bester Wohnraum dient. Es
zeigen sich da oft Kontraste zwi-
schen der Ausstattung des Zim-
mers und der angelegten Robe,
welche die Dame selbst in dem
schönsten Kostüm uninteressant
erscheinen lassen; solche Empfind-
ungen hat nun aber nicht nur
der Kunstkenner, sondern auch
Derjenige, welcher nur einiger-
maßen Schönheitssinn besitzt. Die
Geschmackslosigkeit eines solchen
Zimmers liegt nun aber nicht
immer in dem dafür angelegten
Preis, sondern meist nur an un-
schönen (wenigstens nicht für ein
Damenzimmer passenden) For-
men und Farben der Möbel und
Tapeten. Das Damenzimmer
soll sich in seiner Ausstattung
durch zarte graziöse Formen und
freundliches Kolorit der Sitz-
möbel und Tapeten allen anderen
Wohnräumen gegenüber kenntlich zeigen, und ist für dasselbe der
Rokokokarakter am geeignetsten, welcher einen in Stuck oder geeignet
gemalten Plafond zur Bedingung macht. Wenn wir nun heute für
kleine Wohnräume, wie Damenzimmer, unsrer Kundschaft eine steife
Gimpe als Shawlbesatz, wie solche aus der Zeit Ludwig des XIV., nicht
mehr bieten dürfen, sondern an deren Stelle eine leichthängende, blumen-
artige Klöppelfranse, so ist dies nur als ein Zeichen der Geschmacks-

Abbildung Nr. 227. Vildergallevie rinrv Wem-Karkrv Nunstlirbhaürrs.

^Mie öes ^Delefons.

sind in letzter Zeit wiederholt Fälle, die angebliche Blitz-
gefährlichkeit des Telefons betreffend, berichtet worden. So
ist es vor Kurzem dem Angestellten einer in der Reichen,
bergerstraße in Berlin gelegenen Fabrik bei Handhabung des Telefons
zwecks Anrufens während eines Gewitters begegnet, daß eine große
Feuergarbe plötzlich im Zimmer sich ausbreitete, während er das
Telefon in der Hand hatte. Eine andere, in demselben Zimmer
anwesende Person will gesehen haben, daß aus dem Apparat ein
starker elektrischer Funke herausfuhr und feinen Weg durch das offen-
-stehende Fenster nahm. Diejenige Person, welche bei dem plötzlich
im Zimmer erschienenen Funken das Telefon in der Hand hielt, will
«angeblich vom Blitz getroffen sein.

Zunächst wird bemerkt, so schreibt der „Elektrot. Anz." aus
Anlaß dieses Vorfalles, daß der Blitz aus dem telefonischen Apparat
überhaupt nicht gekommen ist; es ist dies auch wohl nicht gut mög-
lich. Vielmehr hat sich der Vorgang in der Weise zugetragen, daß
bis in die Telefonleitung des betreffenden Theilnehmers gefahrene
-atmosphärische Elektrizität auf ihrem Wege in die Erde einen zu
großen Widerstand gefunden, dabei den Spindelblitzableiter abge-
Hchmolzen und an der Abschmelzstelle eine Feuergarbe entwickelt hat,
welche sich durch die im Telefongehäuse vorhandenen Oeffnungen in
bas Zimmer ausbreitete. Es ist nun nicht unwahrscheinlich, daß
Durch diese Feuergarbe eine große Bestürzung hervorgerufen worden
ist; es kann aber auch die mit dem Telefon beschäftigte Person beim
Handhaben der Taste bezw. des Telefons metallische Theile berührt
and dadurch eine elektrische Empfindung erhalten haben.

Wie dem auch sei, derartige Feuergarben sind allen Fachleuten,
namentlich den Telegrafenbeamten, vollständig bekannt. Sie erscheinen
nicht allein im Telefonzimmer, sondern in allen Räumen, wo Tele-
grafen- bezw. elektrische Apparate aufgestellt sind. Es darf daher
keineswegs gefolgert werden, daß lediglich das Telefon blitzgefährlich
ist; derartige Ansichten sollten nicht geäußert werden, sie rufen nur
ganz unnütze Furcht hervor. Im Uebrigen wird noch bemerkt, daß
die Feuergarbe, welche sich ab und zu einmal in ein Zimmer mit
elektrischen Apparaten verläuft, nach mehrfachen Beobachtungen nicht
mehr Gefahr hat, als ein Wetterleuchten.

Bei dieser Gelegenheit dürfte es wohl gestattet sein, einige Ver-
haltungsmaßregeln anzugeben, welche während des Gewitters elekt-
rischen Anlagen gegenüber zu beachten sind:

Elektrische Leitungen sollen von Laien überhaupt nicht, am
allerwenigsten aber während eines Gewitters angefaßt werden; auch
darf man nicht den elektrischen Luftleitungen sich zu sehr nähern bezw.
sogar unter dieselben stellen. Während des Gewitters sind die blanken
Metalltheile der Apparate, also des Telefons, des Morse- oder eines
anderen Telegrafen - Apparats, unbedingt nicht zu berühren, wie es
denn an schwülen und heißen bezw. an Sommertagen überhaupt zu
empfehlen ist, die blanken Theile der Apparate unberührt zu lassen.

Beim Anrufen ist die Wecktaste derartig zu handhaben, daß der
Daumen oder Mittelfinger mit einer blanken metallischen Stelle des
Hebels nicht in Berührung kommt. Die Taste wird nur mittelst des
Lbonitknopfes gedrückt. Das Telefon wird mit der Hand so gehalten,
daß letztere nur den isolirten Lederüberzug umfaßt.

Soviel uns bekannt ist, herrscht bereits in einigen Städten bei
den Telefonämtern der Gebrauch, während eines Gewitters die Appa-
rate nicht zu bedienen, was bei kleinem Verkehr auch durchführbar ist.
 
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