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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Bucher, Bruno: Stilvolle Wohnungs-Einrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0147

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Erscheint

Halbjährlich 2Nark 7r.—
halbjährlich 'Ick. 6.-!--.

zu schaffen, nach welcher dann das Innere sich richten und strecken mußte.
— Und da soweit für das Haus die freilich theuer bezahlte Lehre
gewonnen ist, wird es wohl auch erlaubt sein, auszusprechen, daß wir
uns mit unserer „stilvollen" Einrichtung vielfach aus demselben Ab-
wege befinden. Wie wäre es auch anders möglich? So nüchtern,
stil- und schmucklos, wie die Häuser aus den Zwanziger-, Dreißiger-,
Vierziger-Jahren, war ja auch die Einrichtung und Ausstattung der
Zimmer, und hier mußte der erste Angriff erfolgen, denn rascher und
mit geringeren Opfern konnten die alten Möbel, Vorhänge und Oefen
durch andere ersetzt, als eine neue Architektur ins Leben gerufen
werden. Doch in der Leichtigkeit, mit welcher die Reform durchzuführen
war, lag sogleich mehr als Eine Gefahr. Man konnte Stile als
Tagesregenten ein- und absetzen, fast so schnell wie französische Ministerien.
Eine Zeit lang war so ziemlich alle Welt darin einig, daß der. Stil
der Renaissance für uns der angemessenste sei, und da die Italiener
des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts so überaus brav, nämlich
so fleißig und erfinderisch gewesen waren, brauchte die Gegenwart,
deren Erfindungsgabe eine ganz andere Richtung eingeschlagen
hat, ja nur in den unermeßlichen Schatz von Formen zu greifen, welche
jene aufgespeichert haben. Aber schon einmal waren Deutsche, Franzosen
und Niederländer bei den fantasievolleren Südländern zu Gaste gegangen,
und unter ihren Händen hatte das Entlehnte einen anderen Aarakter
angenommen; war es nicht natürlicher und — bequemer, sich gleich
unmittelbar an die eigenen Vorfahren zu wenden, welche die Anpassung
des Fremden an andere Bedürfnisse, Gewohnheiten und Vorstellungen
bereits bewerkstelligt haben? So kamen die deutsche, die französische,
die holländische Renaissance an die Reihe, und von den derberen
Formen der deutschen Renaissance war nur ein Schritt zu dem in
Allem und Jedem den starken pathetischen Ausdruck liebenden Barock-
stil. Hatte man sich eine Zeit lang in einer Aunst gefallen, welche
nationale Züge trug, so rühmte man sich nunmehr, wieder eine Welt-
sprache gewonnen zu haben, gleichsam das Französisch in der Aunst,
das wohl von jedem Volke mit anderem Accent gesprochen wird, aber
doch immer als Französisch verständlich bleibt. Indessen mußten wir
die Erfahrung machen, daß, so wenig wie Eorneille und Racine, die

Nachdruck unserer Vriginal-Artikel ist nur mit unsrer Lrlaubniß gestattet.

stilvolle ^Wohnungs-Mlnrichtung.

Von Bruno Bücher.

ast scheint es, als sei so-
eben erst die große Ent-
deckung gemacht worden,
daß ein Gebäude nicht einzig dazu
aufgeführt wird, um von außen
betrachtet zu werden, sondern daß
es auch benutzbar sein soll. Daß
j diese Wahrheit neu entdeckt werden
mußte, daran sind wir Alle unschul-
dig und mitschuldig. In den vergang-
enen Tagen unserer Väter, Tagen
theils nothgedrungener, theils frei-
williger Verzichtleistung auf so
Vieles, was dem Leben Schmuck
verleiht, gab man sich mit dem Nothwendigen und Nützlichen allein
zufrieden, und in dem eifrigen Bemühen, solche Einseitigkeit zu über-
winden, langten wir glücklich an der anderen Grenze an. Die Außen-
seite eines Hauses wurde zur Hauptsache, sie bestimmte das Nrtheil,
sie begründete den Ruf des Architekten. War sie „stilvoll", in guten
Verhältnissen gehalten, so war der Bau gelungen, umgekehrt durfte
ein Gebäude, dessen innere Verhältnisse die besten, zweckmäßigsten,
deren Fassade jedoch anspruchlos war, nicht auf Beachtung rechnen.
Gelegentlich vernahm man einen Schmerzensschrei über die modernen
Zinspaläste, in denen der Hausmeister tief unter der Erde gesucht
werden muß, deren endlose Stiegen am hellsten Tage stockfinster sind,
deren Wohnungen zu Allem eher sich eignen als zum Bewohntwerden,
in deren Zimmern keine Möbel Hllatz finden usw. Allein es mußte
erst an öffentlichen Gebäuden der Mißstand sich recht fühlbar machen,
damit wir des allgemeinen Fehlers gewahr wurden: nicht von Innen
heraus das Gebäude sich entwickeln zu lassen, sondern zuerst die Schale



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bei der deutschen Reichs-Post unter Nr. Vertreter f. Vesterr.-Ungarn: SpirlhSgLN H Schuvich, Wien I, Kumpfg. 7,
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Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlen. Einzelne Hefte kosten Mk. ;.25.
Telegramm-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.

II. Aayrgang.

lsrmstabt, im September Mj.

September-'Heft.
 
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