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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Einiges über das Boudoir
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Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0037

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Seite 26.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Inn en-D eko rat ion".

Februar-Heft.

Kiniges üöev öas doudmv.o

ies der Name eines Raumes, in welchen sich die Frau zurückzieht,
wenn ihre Anwesenheit im Wohnzimmer nicht nothwendig scheint,
um sich auszuruhen, zu lesen, mit sich oder ihren
Freundinnen allein zu sein, koucker heißt „schmollen".

Ls ist das Boudoir also eine Art Schmollwinkel. Ist
es die Absicht, von demselben ausgiebigen Gebrauch
zu machen, welche die Frauen veranlaßt, all' ihren
Geschmack auf dessen Ausstattung zu richten? Lin
Sitzplatz am Fenster, wo möglich ein Lrker mit hüb-
schem Ausblick auf Garten und Straße, wird dem Ge-
nrach Anziehungskraft geben. Die Linrichtung sei
frauenhaft zierlich : Der Blumentisch am Fenster, nicht
weit davon ein leichter Schreibtisch, eine bequeme Ruhe-
bank. mit einigen jener niedrigen Sessel, die den Mann
halb zum Anieen zwingen, wenn er sich zu setzen ge-
denkt, an den Wänden Gestelle für Goldschnitt-Bücherei
und für Nippsachen, etwa ein Tischchen für den Thee
und ein Schrank für die Werthsachen, für Geschmeide.

Diese Dinge werden die Ausstattung eines Raumes
bilden, der dein Ausruhen gewidmet sein soll. Die
Färbung von Wänden und Möbeln richte sich nach
den persönlichen Wünschen der Besitzerin, sei ihrem
Hauttone, ihrem Haar, den bevorzugten Farben ihrer
Aleidung angepaßt. Die Frauen wissen ja, was ihnen
steht, und werden daher selten in Verlegenheit sein be-
treffs der für ihr Boudoir zu wählenden Farben.

Blonde werden ein lichtes Blau, Braune ein entsprech-
endes Roth vorziehen. Beide werden sich hüten, ein
Rosa zu wählen, welches rosiger als ihre Haut ist,
demgegenüber also gelb erscheint. Sie werden starkes
Blau und Grün wegen der lebhaften, das Gesicht fär-.
benden Reflexe fürchten, Gelb und Orange, weil die
Gesichter in denselben leicht zu roth, wie erhitzt, er-
scheinen. Lin reines Weiß ist ein schlimmer Prüfstein
für die Hautfarbe, allerdings eine glänzende Folie für schönes Haar,
warme Fleischtöne. Haben es doch die Maler von Giorgione bis
Herkomer immer wieder auf's Neue versucht, leuchtende Fleischtöne

Abbildung Nr. ^Z7.

Huk-- und Schirmständer

aus Schmiedeeisen.

auf weißem Grunde erscheinen zu lassen. — Mit Vorliebe werden
auch im Damenzimmer lichte, gebrochene Töne gesucht werden. Sind
es ja auch diese, welche in der Aleidung unseren Frauen zumeist be-
hagen. Ls gibt ein eigenes Wort dafür, welche Aleidung den
Frauen am Lrwünschtesten sei. Sie soll „duftig" sein.
Das heißt, es soll der Trägerin etwas von der erd-
geborenen Schwere genommen werden, welche sie ja
doch immerhin hat. Ls ist das Nachspiel des „äther-
ischen" Wesens, welches der sentimentale Roman an
den Frauen liebte, des Aufgehens des Leibes in ein
überfeinertes Geistesleben, der Verneinung alles einfach
Natürlichen, das als derb, roh, unweiblich erschien.
Unsere Mädchen tragen daher am Liebsten auf Bällen
ein Aleid, das sie, wie in eine Wolke gehüllt, formen-
los, fliegend erscheinen läßt. Der Tüll und der Mull
spielen schon seit Jahrzehnten eine Rolle, die ihm nicht
zukommt. Die Spitze leidet unter der Forderung, daß
sie fast als körperlos zu erscheinen hat, statt etwa wie
an den Aleidungen aus der Zeit RubeUs eine feste
Gestalt zu erlangen. Alle Aünste des Schneiders müssen
aufgewendet werden, um durch Rüschen und Volants,
durch Raffungen und Plissees den Mangel eines ge-
sunden Faltenwurfs zu ersetzen. Die starken, schönen
und kleidsamen Farben der älteren Aostüme verschwin-
den vor dem Rosa, dem Rehbraun, dem lichten Gelb
und Moosgrün. Die große Beliebtheit der Aostümfeste
kommt zum Theil daher, weil die Frauen selbst sich
freuen, in leuchtenden Tönen, in einem kräftige Falten
werfenden, daher sie stattlich erscheinen lassenden Rocke
einherzugehen. Sie fühlen sich wohl in dem Gewände
unserer Altforderen, von deren einfacher Heiterkeit, ge-
sunder Lebenslust ein Theil auf sie übergeht.

Aber im Damenzimmer wird diese kräftigere stilist-
ischere Aost nicht willkommen, sondern Theegrün oder
Venetianisch-Blau, mit Gelb gebrochenes Braun oder
braun abgetöntes Roth beliebt sein. Die Möbel werden
in leichten Formen zu halten sein, das Mahagoni, die eingelegten
Arbeiten, die Vergoldung des Holzes, oder die schwarze Beizung
überwiegen. Bronzebeschläge sind beliebt, da sie den Geräthen eine

Wein

Von Albert Hofmann-Reichenberg.

„Adam:

Dies hi^er ist mein! ^ Anstatt der großen Welt

n i i ' ' '

III. Szene.)

s ist kein Zweifel: Das intime, familiär-soziale Leben unserer
Tage hat im Vergleiche zu dem Leben eines deutschen Bürgers
der Tage des Anfangs unseres Jahrhunderts das verlorene
Paradies zurückgewonnen. Die Liebe zum Hause, zur Wohnung, zum
geselligen Familienleben, die uns aus den Zeiten der Reformation
und der deutschen Renaissance so anmuthig entgegenschlägt, sollte im
Laufe schwerer Wirren und unheilvoller Lreignifse in Furcht vor dem
Hause, in Anstätigkeit, Unbeständigkeit Umschlagen. Und das dauerte
lange Zeiträume hindurch. Nicht zum geringsten waren es politische
Umstände und die sich hieran knüpfende Abnahme des Nationalwohl-
standes und mit ihm des Wohlstandes der einzelnen Familie, des Ein-
zelnen, welche das Alltagsleben des deutschen Bürgers der Zeiten der
großen Ariege und der ihnen folgenden Zeiten wirthschaftlicher Ohn-
macht in zerstörender Weise beeinflußten. Der deutsche Bürger zu
Großvaterzeiten wußte nicht, ob sein Leben arm oder reich, ob ihn
Hoffnung beseelen oder Trauer Niederdrücken sollte. Lin Zustand
eines schwer lastenden Indifferentismus lagerte wie ein erstickender
Nebel über der Bevölkerung; jedes Aufflackern eines frischen Lebens-
keimes wurde durch mangelnden Zufluß eines frischen Zuges im

Lntstehen erdrückt. Der Staat war zu Schwäche und Ohnmacht herab-
gesunken, er lebte in kleinlichen Verhältnissen ein kümmerliches Dasein.
Lrhob sich ein Herz in heißer Sehnsucht nach dem Inhalte eines
Lebens, so wurde es durch kleinliche Maßnahmen in die öde Gleich-
förmigkeit eines, unter schwer lastendem Drucke langsam dahinsiechenden,
sozialen Verkümmerns zurückgestoßen.

In diese Verhältnisse brachten die Freiheitskriege eine Wandlung,
die, wenn auch nur allmälig, sich doch vollzog. Ueber der ganzen
Nation liegt eine epische Stille, das Gemüth war durch die Ereignisse
der großen Ariegsjahre niedergedrückt. Aber nun bricht allmälig im
innersten Herzen, nicht mit Geräusch nach außen hervortretend, still
und stetig, mit unwiderstehlicher Gewalt, gleich einer Naturkraft,
etwas hervor, das, im tiefinnersten Herzen durch aufrichtige Gefühle der
Liebe, Hingabe und Verehrung befruchtet, sich nun zur hellsten Be-
geisterung für die Unabhängigkeit der Nation entwickelt. Liner Pflanze
gleich, die in gesundem Erdreich wurzelnd, zum Blatt und dann zur
Anospe ansetzt, unter dem Einflüsse warmen Sonnenscheines, den auch
das Herz des Deutschen nach schweren Tagen wieder erfüllte, die
Anospe entwickelt und endlich zur hellstrahlenden Blume aufbricht,
entfachte sich die Begeisterung des deutschen Volkes für den Staat,
entbrannte die Liebe und Verehrung zum Aönigshause. Wir sehen
eine Begeisterung heraufkommen, oft übersprudelnd und überschäumend,
doch aus dem Herzen heraufsteigend und wahr. In dieser Stimmung
wurden die Schlachten um Leipzig geschlagen und damit Preußen und
Deutschland von den Fesseln der Fremdherrschaft befreit. „Wir können
nun zu jeder Stunde sterben, wir haben auch in Deutschland gesehen,
weßwegen es allein werth ist zu leben, daß Menschen in dem Gefühl
des Ewigen und Unvergänglichen mit der freudigsten Hingebung alle
ihre Zeitlichkeit und ihr Leben darbringen können, als seien sie nichts".
 
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