Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

DOI Artikel:
Falke, Jakob von: Eine vornehme Hauseinrichtung von ehedem
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0113

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Zeitschrift für „Innen-Dekoration" ist Verbreitet in Deutschland, Vesterr.-Ungarn, überhaupt in fast allen Aulturstaaten. Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
bei der deutschen Reichs-Post unter Nr. Vertreter f. Vesterr.-Ungarn: Spielhagen H Slhilvich, Wien I, Aumpfg. 7, zahlen. Einzelne Hefte kosten Mk. z.25.
3037 der Post - Jeitungsliste eingetragen, in Leipzig: Vd. Schmidt, chuerstraße zz. Erhältlich durch jede Buchhandlung. Telegramm-Adr.: Verlag Roch, Darmstadt.

II. Aahrgang.

Navmstaüt, im ÄuU

Nachdruck unserer Vriginal-Artikel ist nur mit unsrer Lrlaubniß gestattet.

anseinrichkutti; von eyeüem.

Von I. von Falke.

n man in alten Däusern
wohl heute noch den
sogen. „Alkoven" an-
nicht ein Schlafgemach, son-
ein Schlafbehälter, eng und
niedrig, schlecht oder gar nicht zu
lüften, ein Behälter iin Hintergrund
des Schlafgemachs, eben groß genug
für das Bett und zum Umdrehen
der eigenen Persönlichkeit, so ahnt
man nicht, welche bedeutungsvolle
Geschichte dieser Raum gehabt hat.
Ungesund, wie er ist, heute von der
Gesundheitslehre verworfen und
verbannt, war er einst die Stätte
vornehmster rntte. Freilich war er auch anders gestaltet, anders ein-
gerichtet und zum östern in Palästen mit aller Kunst geschmückt. Er
führte auch in seiner früheren Geschichte einen anderen Namen.

Die Bezeichnung „Alkoven" (im Französischen und Italienischen
weiblichen Geschlechts) ist aus dem Arabischen abzuleiten (al Kuba:
das Zelt) und von Spanien nach Frankreich herübergekommen. Das
geschah im Anfang des s 7. Jahrhunderts. Der „Alkoven", wie wir
Deutschen sagen, ist aber nur die Fortsetzung einer Sitte, welche schon
im Uuttelalter unter dem Namen Ruelle (rue: Straße, ruelle: Gäß-
chen) existirte. Im Allgemeinen wurden damit Korridore, Gänge,
Passagen im Palast oder im vornehmen Hause bezeichnet, das Wort
erhielt aber im fünfzehnten Jahrhundert in der Einrichtung des
Schlafgemachs eine ganz bestimmte und beschränkte Bedeutung. Um
Feden Bettgenossen nämlich auf seiner Seite sich frei und ungehindert
ohne Belästigung des Genossen aufstehen und sich niederlegen zu lassen,

ine voruelime

wurde es Sitte, das mit Vorhängen umgebene Ehebett so mit dem
Köpfende an die eine Wand zu stellen, daß zwischen seiner Langseite
und der parallelen Wand noch ein schmaler Raum übrig blieb.
Dieser Raum erhielt im Hintergrund einen Sessel und wurde vorn
zwischen Bett und Wand mit einem Vorhang geschlossen. Dadurch
bildete sich eine Art von Zimmerchen, welches von seiner schmalen
Gestalt eben den Namen Ruelle, Gäßchen, erhielt.

Diese Ruelle bildete nun für die Frau die Zufluchtsstätte der
Zurückgezogenheit, und sie hatte derselben wohl nöthig, denn eben das
Schlafzimmer war es gewesen, wo die vornehme Dame ihren Besuch
empfangen hatte, wo aber auch der Gemahl, der Uutgenosse des Ehe-
bettes, Besuche und Gesuche annahm und erledigte. Als Stellver-
treter unseres Sophas, hatte an: Fußende des Bettes eine Bank ge-
standen, auf welche die Dame ihren Gast zum Sitzen neben sich einlud.
Das änderte sich nun, und der Gast, wenn er befreundet genug war,
wurde in die Intimität der Ruelle eingeladen. Es ist leicht zu sehen,
wie bei dieser Sitte der gute und ehrliche Ruf der Ruelle mit der Zeit
Schaden leiden mußte. Und so geschah es auch. Es giebt viele
Anekdoten und Erzählungen von dieser „geheimen Zufluchtsstätte
der Liebe". — Iin (6. Jahrhundert beginnt die Form der Ruelle sich zu
ändern, theils indem die Gemächer der vornehmen Häuser und Paläste
stattlicher werden und diese Veränderung auch der Ruelle zu gute
kommt, theils indem die Sitte, welche sich an diese besondere Ein-
richtung knüpft, bedeutsamer für das vornehme Leben wird. Bei
der hohen Dame wird es zur Gewohnheit alle ihre Freunde, Freundinnen
und überhaupt die Besuche in der Ruelle zu empfangen. Dafür reichte
die kleine mittelalterliche Form nicht aus. Ls wurde nun im großen
Staatsgemach ein besonderer Raum quer über durch eine Balustrade
oder durch eine offene Architektur mit Säulen abgetheilt, mitunter
recht kunstvoll und prächtig, die Oeffnungen mit kostbaren Stoffen be-
hängt, die Wand mit Atlas, Sammt, Brokat, Tapisserien und Sticke-
reien verziert. So entstand ein kleineres intimeres Gemach in dein
großen Raume, dessen bisherige Leere und Oede zuin Besuche nicht
allzusehr sich empfahl. Um so mehr nun dieser kleinere reichgeschmückte
Raum. Inmitten desselben stand das ebenfalls reich geschmückte offene
 
Annotationen