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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Fischbach, Friedrich: Altorientalische Teppiche: von Alois Riegl
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Vitrit: ein neuer Stoff für das Bau- und Kunstgewerbe
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Erzeugnisse des Orients
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0089

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Teile 72.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „I nn en - D e ko r a tion".

2Nai-^eft.

Mltovientalische Deppjche


voll Alois Riegl

erschiciieii bei T. V. Weigels Nachfolger in Leipzig, Preis Mk. 6.—, ge-
bunden Alk. 7.—.

kunstgewerbliche Publikation, welche Licht in ein dunkles Gebiet
bringen soll, wird heute freudig begrüßt uud findet schnelle Oerbreitung.
Ls entsprach — wie es oft als Phrase heißt — diesmal wirklich
einem tiefgefühlten Bedürfnisse, daß das Kapitel der orientalischen
Tepxichindustrie behandelt wurde. Das große Verdienst, zeitgemäß eine nicht zu
unterschätzende Anregung gebracht zu haben, ist also Herrn Alois Riegl, Kustos
am König!. Kunstindustrie-Museum in Wien, nicht abzusprechen. Anders verhält
es sich mit der Frage, ob wir endlich ein Werk erhalten haben, das einigermaßen
das Texxichgebiet, ja auch nur den einen, aber wichtigsten Zweig desselben, die
altorientalischen Teppiche, genügend erläutert hat? Ls ist auzuerkennen, daß
mit vielem Fleiß und großer Hingebung Herr Riegl das Material zusammenge-
ttagen hat, aber es ist nicht zu leugnen, daß es
weder den Archäologen, noch den Vrnamentisten
und Fabrikanten befriedigt. Die Ursache liegt
in der verfrühten Beurtheilung des Ursprungs
vieler Teppich - Vrnamente, die erst in den
letzten Jahren gesammelt wurden und viel
zu wenig Gemeingut in der Anschauung
sind. Ls fehlt auch das Zusammenwirken
der Künstler und Gelehrten. Fehlt dem Zeichner
eines Teppichs die Kenutniß der orientalischen
Sprachen, Sitten und Gebräuche, die z. B. Pro-
fessor Karabacek als Grnamentist besitzt, so fehlt
andererseits den Buchgelehrten in der Regel das
feinere künstlerische Empfinden von Form und
Farbe. Nur wenige, wie z. B. Gottfried Sem-
per und Jakob von Falke, beherrschen das Ar-
chäologische und Künstlerische in gleich hohem
Maaße. Liu weiterer Mangel ist heute oft be-
merkbar, daß nämlich die Museumsgelehrten dem
Markte gar zu fern stehen. Auf größeren Aus-
stellungen glaubt man sich orientiren zu können,
geht aber zu selten in die Fabriken, um das
Entstehen der Erzeugnisse zu studiren. So kommt
es denn, daß die Publikationen, welche dem
Kunstgewerbe wirklich Förderung bieten, immer
seltener aus Museumskreisen hervorgehen, wür-
den viel mehr farbige Abbildungen und etwas
weniger Text geboten, insofern letzterer noch zu
viele Hypothesen bringt, so wäre der Kunst-In-
dustrie besser gedient.

In der Texxich-Vrnamentik sind traditionell
Spuren der urältesten Forms^mbolik uns er-
halten. Es sind das die geheiligten Zeichen des
Feuers, der Fruchtbarkeit usw., welche die Ur-
völker besaßen, bevor Schrift und Zahl eiugeführt
wurden. Line solche reich ansgebildete Teppich-
Vrnamentik besitzt Altperu. Leider kennt Herr
Riegl diese nicht, da er nur die Tafel mit alt-
peruanischen Grnamenten nennt, die ich in
meinem Werke „Vrnamente der Gewebe" vor
zwölf Jahren publizirte. Das wunderbar reich-
haltige und großartige Werk von Reiß und
Stübel Uber Peru ist ihm leider nicht bekannt.

Auffallend ist ferner, daß nicht größerer Werth
auf die dem wiener Museum so naheliegenden
südslavischen Teppiche gelegt wurde. Ls glückte
mir, uachzuweisen, daß sich in denselben Grna-
mente vorfinden, die auch auf den sogenannten kop-
tischen Geweben Vorkommen, wenn ich als Vrnamentist betonen muß, daß Derjenige,
der über Vrnamentik schreibt, etwas mehr sein muß als Gelehrter, so will ich doch
dankbar anerkennen, daß selbst in den ohne Farbe gebotenen Abbildungen manche
Anregung liegt. Die große Zahl der Illustrationen gibt heutzutage solchen
Büchern den Hauptwerth, denn man will gerne das schauen, worüber man liest.
Um aber viel zu bieten und nicht nur vielerlei, sollte man den Fehler vermeiden,
aus bekannten Werken Bekanntes ohne zwingenden Grund nochmals nachzubilden.
Daß z. B. die von mir zuerst abgebildeten sassanidischen Seiden - Gewebe aus
Maastricht, die absolut keine Teppiche sind, auch in dem Riegl'schen Werke nach
meinen Aufnahmen reproduzirt wurden, ist nicht motivirt. will man Alles
bringen, was den Teppichen verwandt ist oder den Einfluß beweisen, wie z. B. die
Stuckornamente der Moschee des Ibn Tulum, so fehlt die nöthige Beschränkung
uud wjrd wichtigeres weggelassen. Möge Herr Riegl, dessen Eifer gewiß An-
erkennung verdient, dieses Werk nur als Abschlagszahlung betrachten und uns
bald mehr bringen und fügen wir dem Vorstehenden nur noch hinzufügen, daß
das Werk trotz einiger beregter Mängel jedenfalls sehr vielen Interessenten eine
willkommene Fundgrube für ihre Studien sein wird.

Friedrich Fischbach.

Lin neuer ^>toff für das Ban- und Kunstgewerbe.

Bunzlauer Glasfabrik „Larlswerk" hat nach langjährigen versuchen
ein Baumaterial entdeckt, welches berufen scheint, eine ganz hervor-
ragende Rolle in der modernen Baukunst und dem Kunstgewerbe zu
spielen, „Vitrit" nennt die Fabrik das durch D. R.-P. Nr. 5S56Z ge-
schützte Lrzeugniß, welches die verschiedentlich zum Schmuck bedeutenderer Bauten,
verwendeten Glasornamente, die sich bisher in Folge ihrer Sprödigkeit nie durch-
greifend Bahn zu brechen vermochten, vollständig außer Gebrauch stellen dürfte^
da es die zu solchen Zwecken benöthigte Transparenz des Glases mit der Festig-
keit des Vuaders oder Sandsteins vereinigt, dabei aber vor letzterein noch den
gewaltigen Vortheil hat, daß die dem Glase vollständig gleichkommende Härter
und Glätte nicht den geringsten Eindruck irgend welchen Witterungseinflusses an-
nimmt und somit ein unverwüstliches Baumaterial darstellt. Doch nicht nur zu

Baumaterial als solchem dürfte das „vitrit" ver-
! wendet werden, nein, auch für zahllose Geräth-
schäften des Haushaltes usw. wird es Nutz-
anwendung finden, für Tischplatten, Spiegel-
konsolen, Waschtische, Firmenschilder, pavil-
! Ions, Decken von Restaurationsräumen, Zier-
I brunneu usw. Es würde unfern Raum weit
überschreiten, wollten wir alle die Gelegenheiten
anführen, bei welchen dieses neue Baumateriak
von hervorragendem Nutzen sein wird, und ver-
weisen wir deshalb auf eine von obengenannter
Firma herausgegebene Broschüre, welche die
Vorzüge des „vitrit" ausführlich behandelt und
an die Interessenten gewiß gerne kostenfrei ver-
sandt wird.

Erzeugnisse Ses Nrients.

UmWie Mode, Geschmack, Einrichtungen und
Ansichten oft einem raschen Wechsel
unterworfen sind, ebenso rasch vollzieht sich auch
in der dekorativen Ausstattung unserer Salons
^ oft eine allgemeine Veränderung. Bis in die
^ jüngste Zeit hinein wehte in den meisten Salons
! ein mehr oder weniger starker japanischer Hauch,
j Ueberall japanische Kunstgegenstände und japan-
ische Kleinigkeiten, als: Vasen, Bronzen, Teller„
Wandschirme, Wirkereien auf Seide, Sammt und
! Stoff usw. Etwas davon hat fast jeder moderne-
Salon aufzuweisen, uud mancher so viel, daß ev
i einen ausgesprochenen japanischen Karakter trägt»
Die jüngste Zeit bringt zur dekorativen An-
wendung etwas Neues, Eigenartiges, und wenn
immerhin noch unendlich viel Produkte japan-
ischer Kunst und Gewerbefleißes in Deutschland
gekauft werden, so kann man doch bemerken, daß.
das feinste Publikum sich schon mehr und mehr
den orientalischen Produkten zuwendet. Dies
mag zum Theil mit dem Besuch des deutschen
Kaiserpaares in Konstantinoxel Zusammenhängen^
woselbst die Majestäten sich sehr wohlwollend und
lobend über orientalische Kunst- und Industrie-
Erzeugnisse aussprachen und ihr Interesse an
feinen Stickereien, gestickten Vorhängen, Por-
tieren, Tischdecken usw. durch reiche Einkäufe
bewiesen. Wer diese eigenartigen reizenden
Erzeugnisse betrachtet, wird nicht umhin können^
zu fragen, wie es nur möglich ist, diese kunstvollen
Arbeiten zu solch' relativ billigen Verkaufspreisen herzustellen, denn es ist Hand-
arbeit, darüber ist selbst der am wenigsten Eingeweihte nicht im Zweifel. Ls ist
eine derartige billige Erzeugung aber auch nur im Grient möglich, wo Frauen und
Mädchen ihre Geschicklichkeit und ihren Kunstsinn nicht so leicht in baare Münze
umsetzen können, wie hier, und froh sind, wenn sie tagsüber noch einige Para mit
diesen Stickereien verdienen. Da diese Stickerinnen meistens in eigenen Hütten oder
Häuschen wohnen und Bedürfnisse, welche über das tägliche Brod hinausgehen„
fast gar nicht kennen, so genügt auch der nach unseren Begriffen kärgliche Lohn
von 25 bis 40 Pfennig pro Tag, um sich ein bescheidenes, aber immerhin sorgen-
freies Dasein zu sichern. In Bezug auf Billigkeit können die orientalischen Ar-
beiten mit denen aus Japan also mit Erfolg in Konkurrenz treten, und haben
die orientalischen Erzeugnisse den Vorzug, daß die angewandten Motive uns
durchweg verständlicher und die Gesammtwirkung für unser Auge gefälliger ist»
Daß die orientalischen Artikel jetzt mehr und mehr den japanischen vorgezogen
werden, erklärt wohl aus dem vorher gesagten, und es bedarf vielleicht nur noch
einer kurzen Spanne Zeit, so begegnet inan neben Japans eigenartigen Produkten
auch eben so häufig den freundlich anmuthenden Schöpfungen des xoesieum-
sxonnenen Vrients. —

Abbildung Nr. »72.

Kpriseschrsnk mit reicher rOoMchnitzevri.
 
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