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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Deutsche Möbel
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Seite sö§.

Zllustr. kunstaewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Oktober-6eft.

Rutsche ^Wöüel.

Hie Wohnung und ihre Einrichtung sind etwas, so schreibt I. Stockhammer
im „Bazar", was mit den innersten Sitten und Anschauungen eines Volkes,
mit dessen ganzer geistiger Struktur auf's Engste zusammenhängt.
Untergegangene Völker und Städte werden nach dem bildlich und
restlich erhaltenen Mobiliar derselben auf die Ligenartigkxit ihrer Kultur gemessen;
die Kultur fremder Völker wird zuerst nach ihren Wohnungs-Einrichtungen be-
urtheilt.

wenn wir Umschau in unserem Mobiliar halten, so begegnen wir einer
Anzahl von Möbeln, die schon dem Namen nach fremden Ursprung verrathen:
wir haben Büffette, Kommoden, Chiffonnieren, Etageren, Fauteuils, Chaise-
longues und weiß Gott noch was aus Frankreich entlehnt, als wären wir ein
Barbarenvolk gewesen, das erst durch Anleihen bei fremden Völkern eine menschen-
würdige Einrichtung sich verschafft hat. Man wende nicht ein, daß diese franzö-
sischen Bezeichnungen blos aus Vorliebe für die französische Sprache für deutsches
Mobiliar gewählt und bevorzugt wurden; die Mehrzahl der genannten Möbel ist
rein französischen Ursprungs und hat mit der deutschen Wohnung nichts zu thun.
Früher war das anders; der Deutsche hatte sein nationales eigenthümliches Mobiliar
und dieses wurde auch im Auslande geschätzt.

Schon im XVI. Jahrhundert waren deutsche Möbel in Frankreich eine be-
liebte originelle Spezialität und die Inventars der königlichen Schlösser geben uns
auch Auskunft, daß diese deutschen Möbel mit Einlagen versehen waren — von
der Konstruktion aber schweigen sie, obgleich diese gewiß die Hauptsache ist. Wie
mag wohl die Beschaffenheit gewesen sein?

Es ist eine bekannte und unbestrittene Thatsache, daß der Grundzug der
altdeutschen Zimmereinrichtung, entsprechend dem Grundzug des germanischen
Wesens, die Gemüthlichkeit war. Die Gemüthlichkeit, dieses allen romanischen
Völkern unübersetzbare Wort, ist in der Wohnungseinrichtung das Ergebniß einer
Reihe von ineinander greifenden Faktoren, ist das Ergebniß einer Identität des
Subjektiven und Objektiven, des Realen und Idealen (mit Schelling zu sprechen),
ist bedungen durch Form und Farbe der Möbel mit Hinsicht auf ihren Gebrauch
und unser persönliches, wirklich vorhandenes und empfundenes, nicht eingebildetes
Wohlgefallen an demselben.

Die Möbel müssen ihren Zweck klar und deutlich zum Ausdruck bringen,
und zwar in einer uns homogenen, sympathischen Form, Möbel, die blos zum
Ansehen und zum Staatmachen da sind, reine Faconmöbel ohne Karakter, Möbel,
bei deren Benützung man sich möglichst in Acht nehmen und alle Vorsicht gebrauchen
muß, sind uns nicht sympathisch. Noch haben wir zahlreiche Möbel aus alt-
deutscher Zeit, die uns zeigen, wie man damals für jeden Zweck auch die besondere
karakteristische Form fand. Der Eßtisch ruhte aus vier schräg gestellten, fest ver-
bundenen Füßen und trug eine einfach eingelegte Platte; als der ideelle Mittel-
punkt der Wohnung trat er fest gefügt in geschlossener Einfachheit auf, gewisser-
maßen als Repräsentant der Ehrlichkeit, Geradheit und Aufrichtigkeit der Bewohner.
Breite SitzbLnke zogen sich an den Wänden hin, gastlich zur Ruhe einladend, mehr
oder weniger reich geschmückte Truhen unterbrachen dieselben, und am behäbigen
Kachelofen waren besondere Bänke zur Aufnahme der plaudernden Wintergesell-
fchaft in den langen Winterabenden, der ein Lichterweibchen von der Decke das
nothwendige Licht spendete, waren die wände vertäfelt, wie das meistens der
Fall war, so war das Gesims dieser Vertäfelung mit Zinn-, Glas- und Silber-
gefäßen, mit Fayenze- und Steinzeugwaaren bestellt, bunte Teppiche, auch Porträts
füllten den Raum zwischen diesem Gesims und der Decke, und noch einige Holzstühle
vor den Tisch gestellt, die breite Kastenuhr und eine Waschvorrichtung mit Hand-
tuch an der wand, und die Einrichtung war fertig. Das Ganze war von echt
solidem Karakter, Alles trug seinen Zweck offen zur Schau und erfüllte denselben
zwanglos und selbstverständlich, nirgends und durch nichts war man beengt, man
fühlte sich sofort in einem solchen Raume heimisch, er war gemüthlich.

was konnte die französische Einrichtung der deutschen gegenüber bieten?
Das Buffet, jenen Schaukasten für bessere und kostbarere Geschirre, die häufig ge-
nug unter Verschluß gestellt werden, und die ihm verwandte Etagere. — Der
Deutsche stellte sein besseres Geschirr auf das Wandvertäfelungsgesims und schmückte
dadurch in Wirklichkeit seine Wohnung! Die Chiffonniere, in welche die franzö-
sische Hausfrau ihren Putz barg und später das Weißzeug, und zu gleichem Zwecke
die Kommode. — Der Deutsche hatte hierfür seine Truhen, die eine reiche Geschichte
hatten und von Generationen erzählen konnten, von der Mutter und Großmutter,
als sie neuvermählt ins Haus zogen, und ihren verwandten und der weitverzweigten
Freundschaft.

Alles im Hause hatte seine Geschichte, jedes einzelne Stück konnte etwas
erzählen, und trotz der langen Gebrauchszeit war noch nichts hinfällig geworden,
denn es war solid gearbeitet, und wurde Neues an die Stelle des Alten gesetzt,
so trug es dessen Kleid und Karakter.

Noch hat sich das deutsche Mobiliar, wenn auch in etwas derberen Formen,
ziemlich unverfälscht erhalten in jenen Gegenden, wo noch die alte Tracht und
Sitte der allgemeinen Nivellirungstendenz Stand gehalten: in den Bauernstuben
der Gebirge und der nördlichen Gegenden. Ls wäre seltsam gewesen, wenn der
so ausgeprägt gemüthliche Karakter derselben bei den zahlreichen Fremden und
namentlich den Künstlern übersehen worden wäre. In der That traten auf den
Ausstellungen der letzten Jahre diese Bauernstuben immer mehr in den Vorder-
grund, theils unter diesem Namen selbst, theils unter nationalem Namen, theils
mit einer etwas vornehmer klingenden Bezeichnung, wie Iagdzimmer u. dgl.

Hier in diesen Bauernstuben ist ein großes nationales Element vorhanden,
das blos seiner weiteren Ausbildung durch weitersehende Künstler harrt, um
Karakter und Solidität in unsere Wohnung zu bringen, das deutsche Zimmer im

Gegensatz zu dem romanischen volksthümlich zu machen und allgemein einzuführen.

wenn man die verschiedenen Fachblätter Deutschlands für Möbelindustrie
durchblättert, so wird man selten ein Blatt finden, das einen ausgesprochenen
deutschen Karakter hat. Die meisten dieser Publikationen könnten ebensogut
in Frankreich, Italien, Rußland erscheinen, wir treffen überall nur Variationen
eines und desselben Themas, der französischen Form.

Line Wandlung hierin herbeizuführen, ist eine der würdigsten und edelsten
Aufgaben. So groß auch die entgegenstehenden und für Miethsbewohner kaum
besiegbaren Schwierigkeiten sein mögen, der versuch ist ja bereits gemacht, und es
handelt sich nur darum, in die Sache System zu bringen, daß das deutsche Möbel
auch in Form und Karakteristik wieder werde, was es einst war: eine vom Aus-
land geschätzte und begehrte nationale Spezialität.

Was an den genannten Bauernmöbeln besonders hervorzuheben ist, das ist
die durchgängige Bemalung derselben. Noch bis in unser Jahrhundert herein
sehen wir hierin eine traditionelle Fertigkeit und einen Farbensinn walten, die
uns den Beifall abzwingen. Man wird kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, daß
die Farbenwahl wenigstens anfänglich von dem ausschließlich dunkelgrün glasirten
Vsen bedingt war. Diese dunkelgrün angestrichenen Kästen und Schränke, Betten,
Tische und Stühle mit rothen Linien gesäumt und mit höchst einfachen Blumen
verziert, sind bisher immer noch mit wenig Glück einzuführen versucht worden,
und doch wären sie einer größeren Würdigung werth.

Hat der jüngst verstorbene Castellani durch seinen bei der ländlichen Bevölker-
ung Italiens gesammelten Schmuck der italienischen Goldschmiedekunst den mächtigsten
Anstoß gegeben, haben die originellen Stickereien der südslavischen Bäuerinnen
unsere moderne Stickerei ganz wesentlich beeinflußt, haben unsere alten Tisch- und
Handtücher mit den eingestickten einfachen Borden den weg in alle Wohnungen
und Kreise gefunden, hat die altfriesische Bauernstube auf der Münchener Aus-
stellung ;888 (vergl. auch die Beilagen nebst Text in Nr. <2 u. ;; des vor. Jahr, uns-
rer Zeitschrift) mehr Interesse erweckt, als alle die goldschimincrnden Rokokosalons,
so darf man wohl auch mit einigem Recht der Hoffnung sich hingeben, daß der
Deutsche imstande sei, nach dem noch vorhandenen Material sich wieder eine Ein-
richtung zu schaffen, die den Stempel seiner innersten Eigenart, der Gemüthlichkeit,
trage und dadurch von denen aller anderen Nationen, namentlich der romanischen,
sich unterscheide.

viefkasten.

lVIöbelscbreinsr l). 8. in 6r. Eine Helle Lackirung auf Möbeln aus Nadelholz,
welche in ihrem äußeren Aussehen die Struktur des Holzes noch durchscheinen
lassen soll, stellt man folgendermaßen her: Die Möbel werden mit Bimsstein in
trockenem Zustande abgeschliffen und dann mit einem Hellen, farblosen, dünnflüssigen
Kopallack zweimal, zum Schluffe mit etwas dickerem Kopallack fertig gestrichen.
Jede neue Lackirung darf nicht früher vorgenommen werden, als bis die vorher-
gegangene gehörig trocken war. Das Aussehen der Möbel gewinnt sehr, wenn
nach der ersten Lackirung (der erste Lack zieht sich zumeist schnell in das Holz hinein)
und Trocknung, nochmaliges Abschleifen mit Bimsstein vorgenommen wird. Sollen
die Möbel einen Farbenton zeigen, so wird für den nach vorhergegangenem Ab-
schleifen vorgenommenen ersten Anstrich Leinöl verwendet, dem von der betreffenden
Farbe etwas zugesetzt ist. Als Farben werden lediglich Lasurfarben: gebrannte
und ungebrannte terra ckl Sieua, Casseler Erde usw. genommen, denen man, da
diese Farben schlecht trocknen, viel Sikkativ zuzusetzen hat. Nach dem Trocknen
wird ein nochmaliges Abschleifen sehr zu empfehlen sein und danach die Auftragung
des farblosen Koxallackes in oben beschriebener weise vorgenommen.

Kunstgissssr ll. in L. Sie werden in dem im September-Heft besprochenen
Werk von E. Scholz, „Renaissance-Motive der Metalle" sicher paffende
Vorlagen finden.

ttoltapsrlrer Vl. in 8t. Der Platz für den Briefkasten ist zu beschränkt, als
daß wir Ihnen Ihre Frage umfassend beantworten könnten. Schaffen Sie sich
das „werkbuch des Tapezirers", von Prof. Ferd. Luthmer, erschienen bei w.
Spemann, Stuttgart, an, dort werden Sie die gewünschte ausführliche Anleitung
finden. —

lunge vilettsntm in kkristians. Ihre Anfrage ist zwar etwas unverständlich,
doch soviel wir daraus entnehmen zu können glauben, meinen Sie die sogenannte
Rußmalerei. Dieselbe bietet für eine einigermaßen geschickte Hand wenig Schwierig-
keiten und kann man die Arbeit auf Karten, Holz und auf Porzellan ausführen
und mannigfache Dinge mit ihr verzieren. Man braucht ein Licht, einen Porzellan-
teller, etwas Provenzeröl, ein Löffelchen, Watte und gepreßte stark gerippte Blätter
und Blüten. Ueber der brennenden Kerze berußt man den Porzellanteller stark
und verührt den Ruß mit dem Löffel mit einigen Tropfen Del. Dann betupft
man die Blätter mittelst der Watte auf der Unterseite tüchtig mit der Rußmasse,
ordnet sie einzeln auf dem zu verzierenden Gegenstände zu Zweigen, Ranken und
Sträußchen und drückt sie fest. Dann hebt man Blättchen und Blüten sorgsam
ab, was schnell aber behutsam geschehen muß, damit sich kein Blättchen verschiebt
und alles klar abgedrückt ist. Alles, was undeutlich ist, muß mit dem Pinsel aus-
gebessert werden. Mit der Rußmaffe werden auch die Adern, Ranken und dergleichen
eingezeichnet. Nachdem die Zeichnung trocken geworden, werden die Holzgegenstände
noch polirt und mit französischem Lack überzogen, die Kartonsachen dagegen bleiben
so wie sie sind.

Unserm heutigen Hefte liegt ein Prospekt der Firma Joseph Dvlkv in
Vavmstsdt bei, auf welchen wir unsere geehrten Leser ganz besonders aufmerk-
sam machen. —
 
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