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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Das Schöne im Kunstgewerbe
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Alte Gobelins
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Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0046

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Seite 5st.

März-Heft.

Islustr. kunstgewe rbl. Zeitschrift für „I nn en -D ek o r at ion".

oder Aschenbehälter, und schön ist ein solches Objekt schon gar nicht.
Man vergesse hierbei nicht, daß wir diese Betrachtungen nrit der
kritischen Sonde der Aesthetik anstellen, daß hier von Kunstgewerbe
die Rede ist und daß das relative, verglichene Schöne hier nicht in
Betracht kommen kann. Allerdings einen großen Tyrannen haben
all' die Verirrungen des Kunstsinnes, der in lauter und zu-
meist ausschlaggebender Weise für ihr Bürgerrecht plaidirt
und es zuwege bringt, daß Kunst und Gewerbe sich
seinem Szepter beugen, das ist das konsumirende Pub-
likum selbst und mit und aus ihm die Mode. Zn
solchen Fällen wird das Aunstgewerbe zum Voll-
strecker der fantastischen Laune Einzelner und
des Augenblicks, und Aufgabe desselben ist
es eben, bei möglichstem Entgegenkom-
men für diese Laune unverrückbar
festzuhalten an den: Gesetze des
Schönen und soviel für dasselbe
herüberzuretten, als es die Forde-
rung der Mode nur gestattet.

Indem wir mit diesen anspruchs-
losen Zeilen jene Grundlagen ge-
kennzeichnet zu haben glauben, auf
denen die Schöpfungen moderner
Kunstindustrie aufgebaut sein wollen,
beabsichtigen wir, dies Gebiet theo-
retischer Betrachtungen zu verlassen
— denn erschöpft ist es noch lange
nicht — und ein anderes Mal die
praktischen Folgen dieser Grund-
sätze an thatsächlich vorhandenen
Beispielen zu ziehen. — —--

Druksche Mächer-Nusstrll-
ittly in Karlsruhe Mich Line

Abtheilung derselben bildet die Ausstellung der Fächerladen. Diese
können in Leder, Pergament, Seide, Stoff, Pappe, Holz, Strohmosaik rc.
in den vielseitigsten und originellsten Techniken hergestellt werden.
Das Ausstellungs-Präsidium ladet zur Betheiligung an dieser Abtheilung
alle Interessenten ein, und sind von diesem auch Programme zu haben.

Abbildung Nr. ;-z2. MüMillvorfgtz in Schmiedeeisen.

zoöelms.

chs große Gobelins, welche aus der ehemals Vigne'schen Manu-
faktur zu Berlin stammen und sich nun in der Kurfürstengallerie
des Hohenzollernmuseums befinden, stellen Thaten des Großen Kur-
fürsten, die Schlacht von Fehrbellin, die Belagerung von
Stralsund, den Uebergang über das Kurische Haff usw.
in schwungvollen Kompositionen dar. Als erste Erzeug-
nisse einer Berliner Gobelin-Manufaktur, die nun
schon feit Ende des vergangenen Jahrhunderts
eingegangen ist, beanspruchen sie doppelten Werth.
Das Gewebe ist kostbar, denn für alle aufge-
setzten Lichter und zur schärferen Kennzeich-
nung der metallischen Theile, welche an
den Waffen und panzern der Offi-
ziere Vorkommen, haben Gold- und
Silberfäden Verwendung gefunden.
Leider sind wohl in Folge einen
früheren mangelhaften Aufbewahr-
ung die Farben sehr abgeblaßt und
zeigen stark zerstörte Stellen. Um
diese alten hochinteressanten Stücke
dauernd zu erhalten, dürfte es sich
denn doch empfehlen, dieselben von
geübten Händen einer durchgehenden
und gründlichen Aufbesserung zw
unterziehen. Eine solche Ausbesser-
ung muß wieder ganz in der Tech-
nik der Gobelins erfolgen, und
dieses ist um leichter, als in Berlin
Ziesch §c To. in erfreulicher Weise
die Herstellung von Gobelins mit
kräftiger Unterstützung des Kunstge-
werbe-Mufeums, insbesondere des
Professors Ewald, wieder ausgenommen haben. Auch dürfte es sich
empfehlen, die schönen Gobelins mit den Don Quixote-Darstellungen
welche sich in den beiden ersten Räumen der ehemals von der Königin
Luise bewohnten Zimmerflucht im Lharlottenburger Schlosse befinden,
einer Auffrischung zu unterziehen.

otznu n g s

eal.

Von Albert Hofmann-Reichenberg.

(Fortsetzung.)

die nackten Wände mit Bildern bedeckt, so sind es in
spärlicher Anzahl einfache, schwarze Silhouetten freundschaft-
licher Erinnerung und verwandtschaftlicher Pietät, welche in
ihrer absoluten Anspruchslosigkeit wenig geeignet sind, die Wohnlich-
keit des Raumes zu erhöhen.

Und das Leben in diesen Räumen! Aus dem Ende des vorigen
Jahrhunderts ist uns ein Einblick in das deutsche Familienleben er-
halten, der in anziehender Weise die rührendsten Züge eines Familien-
lebens schildert, wie es nach den Zeiten des siebenjährigen Krieges,
aufgebaut auf natürlicher Frömmigkeit, Rechtschaffenheit und Gott-
vertrauen, sich wieder entwickelt hat. Es sind dies die Schilderungen
von Ernst Friedrich Haupt, der seine Iugendjahre im elterlichen Hause,
im Hause einer Handelsfirma in Zittau schildert. Welch' anziehendes
Bild innigen Familienlebens und ungekünstelter aufrichtiger und ein-
facher Empfindungen enthüllen sie uns. „Unbeschreibliches Vergnügen
genossen wir, wenn wir Abends bei Mondschein den Zug der Wolken
betrachteten. Ein Fenster hatte die Aussicht auf den Berg und Gehölz.
In jeder Wolkenform erblickten wir Menschen- oder Thiergestalten.
Das Halbschauerliche erhöhte den Reiz, und als ich im fechszehnten
Jahre zum ersten Male Ossian las und seine düstere Welt mit ihren
Geistern, Nebeln und Gebilden an mir vorüberging, da war ich

wieder im Geiste an jenem Fenster.-Im fünften Jahre

fingen wir auch an, das Lateinisch zu lernen. Iettchen übersetzte
schon flink den Tornelius und phädrus, auch aus dem französischen

neuen Testamente. Deutlich erinnere ich mich, daß es nur wie Schuppen
von den Augen fiel, als ich, bald sechs Jahre alt, erfuhr, es sei die
Sprache der alten Römer, die wir erlernten. Auch das Herz blieb
nicht unbedacht. Feddcrsen's Leben Jesu war eine unserer Lieblings-
lektionen. Unser Gefühl für das Anmuthige und Schöne ward noch
auf andre Weise erweckt und erzogen. Damals machten die Weiß'schen
Operetten mit Hiller's Komposition großes Aufsehen. Kretzschmar
spielte fertig das Klavier und noch fertiger Violine. Meine Schwester
Iettchen spielte ganz leidlich vom Blatte. So wurden nach und nach
fast alle Weiß'schen Opern durchgespielt und durchgesungen, in die
leichteren Arien stimmten wir Jüngeren nach dem Gehör ein. Mein
Vater hörte, bisweilen einstimmend, mit Vergnügen zu.

So verging mancher Herbst- und Winter-Abend. Traute Szenen
der Häuslichkeit, wo seid ihr geblieben in den meisten Familien?
Iammerlektüre, Ressource und Spiel tauschte man gegen euch ein b
Mein Vater war ein streng rechtlicher Ehrenmann. Aus bitterer
Armuth hatte er sich durch eigene Anstrengung zum Wohlstand er-
hoben. Rastlos thätig, dachte er nur darauf, feine Handlung zu
behaupten, zu erweitern, vielen hundert Fabrikanten Erwerb zu ver-
schaffen und uns, seinen Kindern, ein unabhängiges Leben zu sichern.
Er arbeitete täglich zehn, oft elf Stunden, nur seine Bauten zogen
ihn bisweilen auf einzelne Stunden ab, sonst nichts in der Welt.
Einfach, wie die Grundsätze seines Lebens, war sein Aeußeres. Die
Mobilien blieben fast unverändert: das ererbte Silberzeug behielt seine
Form, nur auf feines Tuch hielt er und auf guten Rheinwein.
Frugal war sein Tisch: die hohen Festtage abgerechnet, stets nur ein
Gericht. Sonntägliche Spaziergänge ins Feld, dann und wann eine
Spazierfahrt unterbrachen die sich immer gleiche Lebensweise. Ueb-
rigens war er gastfrei; sehr oft kamen auswärtige Handelsfreunde,
 
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